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M7

Autorrechte Vorbehalten.

Mechtildis. Nach einem Gemälde von A. Ebert. (S. 31)

Stunde mag's dauern und länger. Sollte ich bei
Tagesanbruch nicht zurück sein, so laßt's Opoth-lei-
hoho wissen."
Dann wendete er sich wieder zu dem Gefreiten:
„Ihr seht, mein Freund, auch ich weiß die Formen
der Sicherheit zu beobachten; wir leben ja in einem
Kriege, in welchen! Hinterlist und Verrätst an der
Tagesordnung sind."
„Ich erfüllte nur den mir ertheilten Befehl," ver-
setzte der Gefreite, sich unwillkürlich der Autorität des
feindlichen Offiziers unterordnend.
„Ich weiß, ich weiß," beruhigte Stocton, „Die-
jenigen aber, welche Euch den Befehl ertheilten, müssen
mich wenig kennen," nnd den weiten
Militärmantel, welchen ein Wind-
stoß ihm von den Schultern zu reißen
drohte, nm sich zusammenschlagend,
schritt er davon.
Bevor er das Fährhaus erreichte,
hatte eine Wolke das Mondlicht wie-
der verdrängt; ein neuer schwerer
Regenguß einte sein Rauschen niit
dem Brausen des sturindnrchtobten
Waldes. Stoeton schien nicht un-
empfindlich gegen das Wetter zu sein;
denn soweit gelangt, daß die er-
stellte offene Thüre des Blockhauses,
in seinem Gesichtskreise lag, blieb er
plötzlich stesten, als ob Unentschlossen-
heit und Zweifel sich seiner be-
mächtigt hätten. Der heftig ge-
peitschte Regen traf ihn in's Gesicht,
doch er rührte sich nicht. Kleiner
wurde feine Gestalt, indem er, wie
vor Ermattung, Haupt nnd Schul-
tern beugte, unsicherer, schlaff seine
Haltung. Erst nach einer längeren
Panse ermannte er sich wieder nnd
festen Schrittes ging er ans das
Fährhaus zu. Mit derselben er-
zwungenen, beinah an Trotz gren-
zenden Ruhe trat er durch die Thüre
nnd bis in die Mitte des Gemaches
vor, wo er stehen blieb.
Durch einen flüchtigen Blick über-
zeugte er sich, daß außer der jungen
Fran Niemand anwesend war, dann
kehrte er ihr seine ungetheilte Auf-
merksamkeit zu.
Mrs. Stoeton hatte sich erhoben
und betrachtete ihn ohne das leiseste
Zeichen innerer Erregung.
Der Mantel war ihm von den
Schultern zur Erde geglitten; so
stand er da in der einfachen, aber
kleidsamen Uniform eines Infanterie-
Offiziers, den Säbel an der Seite,
in dem von einem Ledergnrt nieder-
hängenden Futteral den Revolver.
Sein Haupt bedeckte der schwarze
Filzhut. Vom Regen durchweicht,

Wenn seine Begleitung von der des Colonels getrennt
bleibt."
„Seht zu Euern Worten," rief Stocton ungeduldig
nach oben, nnd vom Bord des Prahms sprang er in
den Weg hinein, „vergeßt nicht, daß Ihr zu Jemand
sprecht, der gewohnt ist, Andere zu ermuthigcn. Wo
liegt das Fährhaus?"
„Wenn der Kapitain der Straße nachfolgt, bringen
drei Minuten schnellen Einherschreitens ihn vor die
Thüre," antwortete der Gefreite, offenbar eingeschüchtert
durch die rauhe Erwiederung.
Stocton kehrte sich nach seinen Begleitern nm.
„Verliert nicht die Geduld," rief er ihnen zu, „eine

Die Familie Melville.
Roman ans der Zeit des nordamcrikanischcn Bürgerkriegs.
, Von
Baldnin Möllhanseu.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
leich darauf fiel ein Tau, «n Fluge
tiq zusammengclegten Ringen ) -
dend zwischen den Männern nieder. Hastig
ergriffen sie dasselbe, und nm dein darauffol-
genden heftigen Stotz
. überhaupt begegnen zu
kmuien, schlangen sie es einige Male
um den nächsten Stamm, uudem
es sich aber anfpannte, erschütterte
me Strömung den Prahm in einer
Weise, daß er umzuschlagen drohte
und das seitlängs von ihm sich
stanende Wasser in einer breiten
Welle über Bord schlug. Doch kun-
dige Arme handhabten Ruder uud
Stangen; in einigen Sekunden war
das Gleichgewicht wieder hergestellt,
der Prahm schwang vor dem straffen
-bau herum, und dieselbe Strömung,
Melche eben noch dem unbeholfenen
nmhrzeng verderblich zn werden
m'vhte, preßte es nunmehr an's Ufer,
um cs dort festznhalten.
»Ist Kapitain Stocton an Bord?
fragte der mit der Führung der
Wache beauftragte Gefreite, sobald
das Fahrzeug zum Stillstand gelangt
war.
„An Bord!" tönte eine tiefe, be-
sehlshaberifche Stimme zurück, und
aus einer Gruppe von acht Männern,
anscheinend bewaffnete Indianer civi-
lisirterer Stämme, trat eine hohe,
breitschulterige Gestalt bis dicht an
das Ufer vor.
„So wird Kapitain Stocton ge-
beten, sich nach dem Fährhause zu
begeben," erklärte der Gefreite, „seine
Begleitung wird dagegen auf dem
Prahm zurückbleiben. Ich soll ver-
melden, in Kriegszeiten müßte auf
die Formen der Sicherheit gehalten
werden."
„Ich verstehe," antwortete Stocton
bitter, „hegte ich selber ähnliches
Mißtrauen, wie Diejenigen, die mich
erwarten, so würde die Zusam-
menkunft schwerlich stattgefunden
haben."
„Der Kapitain möge unbesorgt _
sein," hieß es weiter, „Niemand wird
ihn behelligen; aber cs ist rathfamer,
 
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