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1867.

^"iorrechte vorbebalten.


VSSSLÄM»

Zfft

Prinz Luitpold, Regent von Bayern.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (2

Lenden Blick.um sich zu werfen. Wie oec)mc die
Zukunft sich trostlos vor ihm aus! Welchen Reiz
konnte das Leben jetzt noch für ihn haben, nachdem
ihm Alles genommen, woran sein Herz sich bisher er-
wärmte, nachdem zwischen ihm und den Seiuigcn eine
Kluft eröffnet worden, die durch nichts mehr über-
brückt werden konnte? Was wurde aus seinen Kindern,
die man gewaltsam getrennt von ihm hielt? Was
war für sie von dein Einfluß der Menschen zu erwar-
ten, die keinen Anstand nahmen, das ihn mit seiner
Familie einigende Band durch Mörderhand zerschnei-
den zu laßen?
Wie bei solchen Betrachtungen seine Wunde brannte,
daS Bild der Gattin bis zur Unkenntlichkeit entstellt
vor seine Seele trat!

Die Familie Melville.
".mm, nils der Zeit des nordaiucrikanischcil Bürgerkriegs.
Von
Balduin Möllhausc».
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
ureh ein Leben des Ucberflusses, sogar des
Reichthums verwöhnt, schien Marianne
jetzt empfindungslos gegen Beschwerden
und Entbehrungen geworden zu sein. Lauge
lag sie schlaflos auf ihrem harten Lager
in der einsamen Kammer der Form. Weit
fort schweiften ihre Gedanken, hin zu
. ihren Kindern, die fortan
ü'iil ? u Mutter allein angewiesen
R, '"'"su. Thronen entrannen ihren
sicün .' ^dml sie die theuren Kleinen
'"^Ieilwärtigte. Dann aber durch-
big> üo wieder gehässige Befrie-
iu schwelgte gewissermaßen
lvi,,F schmerz Zn entschwundenes
n^F^s Glück. Je tiefer sie den
atm, v"b'u Verlust empfand, um so
ü,,Flder wurde ihr Haß gegen Die-
driF'F^w.u welchen sie einen Unter-
b F sMaufbeschworen wähnte.
fl>r gedachte, der bisher
der F „ lllwesen, ob auch nur eine
ibr cr W'PWN, welche hin und wieder
(,u.,Z"hskissen netzten, ihm galt — wer
uas zu errnthen vermocht!
Vernas wie sie, sehnte auch Stocton
lL,'^^'ch den Schlaf und damit einige
»den des Vergessens herbei. Weit
Witi- !Mver zugänglicher Stätte in-
m Waldigen Sumpfniederung
lei /7 "" i'ielt seines Freundes Lpoth-
r.zHHw, Sattel als Unterlage
Hw Kopf. Tie Wunde, welche der
lmic. >uit kundiger Hand verbunden
beo/' H'rnrsachte ihm kaum noch Un-
sj.. sH^schkcit; aber fortgesetzt mahnte
lu-ni den Verrath, der gegen ihn
jHFfl gewesen und dessen Folgen er
"ui genauer Noth entrann.
l sll her herrschte tiefe Stille.
i„, leere braune Geführten hatten sich
m., Preise nm die Feuerstelle hinge-
Regungslos lagen sie unter ihren
„i?'g"i Decken. Die Holzreste waren
g .F'gfbrnnnt. Verstohlen glimmte es
"nki bald dort, je nachdem ein
F Wtk un dem lose schließenden Thür-
bang narbei seinen Weg herein fand,
lelisanze Spiel der glühenden Kohlen
i . werte ihn an brechende Augen, die
ein schwindender Lebenskraft sich noch
Wal öffnen, uni einen letzten erster-

Fünftes Kapitel.
Oin Krankenlager.
Wiederum suche ich zwischen den alten Skizzen, zer-
fetzten Briefen und Zeitungsausschnitten nach einem
Anhaltepunkt. Was einst als alltägliche Begebenheit
erschien: durch nachträglich Zugelaufene Kunde hat es
an Werth gewonnen. Vor dem geistigen Auge gleichen
sich aus Zeiträume und Entfernungen, cs belebt sich
die Erinnerung. Was ich suche, ich weiß cs - - ja —
hier ist das Blatt, ein neues Glied in der Kette der
Schilderungen romantischer Ereignisse.
Kanin noch sind auf dem vergilbten Papier mii
den von einem an Entbehrungen reichen Lagerleben
zeugenden Merkmalen die Linien einer flüchtigen Zeich-
nung zu erkennen. Und dennoch, wie vertraulich Le-;
rühren sie das Auge. Wehmüthig veH
folge ich sie mit den Blicken, und es
verkörpern sich Gestalten, die seitdem
längst der Verwesung anheim gefallen
sind. Ich höre ihre scherzenden Stim-j
men, ihr sorgloses Lachen vor dem!
dürftig schmälenden Feuer, zu welchen!
die Büffel das von der Sonne gedörrte,
torfühnlichc Material lieferten. Ich
höre das Kläffen und Jauchzen der
räuberischen Prairiewölfe, die hungrig
das kleine Feldlager umkreisen. Ich
höre das dumpfe Brüllen sich gegen-'
seitig zum Kampfe herausfordernder
mächtiger Stiere, den schrillen Ruf des!
Regenpfeifers, der in Wolkenhöhe einsam
seinen unbegrenzten Weg verfolgt. Nach,
oben richten sich die Blicke: am Wolken-!
losen Spätsommerhimmel sehe ich die
funkelnden Sterne, über welche die me-
lancholisch dareinschauendc Mondsichel,
gewissermaßen die Herrschaft führt. Ich.
beobachte den bleichen Schein, der lang-
sam von Norden nach Osten herum-
schleicht und den Stand der Sonne an-
dcntet.
Das Dunkel weicht. Die scharf be-
grenzten Formen auf dem Papier beleben
sich, kleiden sich in die Farben der Wirk-
lichkeit. Ringsum endlose Ebene mit
kurzem, bereits herbstlich fahlem Raseu.
Hart neben mir das breite seichte Bett
des Nordarmes des Nebraska mit seinen
Sandflüchen und Wasserrinnen. Im
Westen bauen sich die barocken Fels-
massen des Conrthauses, des Schorn-
steins und hinter diesen die Plateaur
der Scott-Blnffs auf. Duftig, träume-
risch, der Fata Morgana ähnlich, erheben
sich diese seltsamen, im Lanfe der Jahr-
tausende durch atmosphärische Einflüsse
gemodelten Natnrbantverkc. Sonst Alles
ringsum Ebene, unabsehbare Ebene,
charakteristisch belebt durch die Heer-
stinten südlich wandernder Bisons, die
 
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