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Des Oheims Erbe.
Roman
von
P. E. t>. Arcg.
<F°rlütznng.) (Nachdruck verboten.)
o lange ich hier die Gewalt in meiner
Hand halte," erwiederte der eine Brigant,
„wird sich keiner znm Verrathe hergeben.
Sie wissen Alle zn gut, daß auf Verrath
der Tod steht, und daß sie dieser erreicht,
selbst wenn sie sich unter die Schürze der
Kohlmeisen Polizei verstecken; die Liebe zum süßen
^'ben ist aber bei Leuten ihres Schlages groß genug,
sM sie zu verhindern, es ohne Noth in
Schanze zu schlagen."
„Wie sehr wünsche ich, daß Sie
^kcht haben und Recht behalten!" be-
merkte sein Gefährte. „Aber ich weiß
^stimmt, daß die Regierung eine sehr
oeträchtliche Belohnung ausbieten wird
sisir den, der den Zugang zu unseren
.Schlupfwinkeln verrath; noch nie aber
habe ich einen Esel mit einem Sack Gold
?uf dem Rücken laufen sehen, ohne daß
sich Einer gefunden hätte, der bereit ge-
wesen wäre, ihm seine Last abzunehmen."
„Und wenn wider mein Erwarten
sind wider alle meine Voraussetzungen,"
sisihr der Sitzende fort, indem er seine
klimme bis zum Flüstern sinken ließ,
"lvcnn jeder Wahrscheinlichkeit zum Trotz
wirklich geschehen könnte, daß die Re-
Aerung sichere und zuverlässige Nach-
achten erhielte, was macht das für
Ms, was kann uns Beide das kümmernd
Mr verschwinden eben spurlos vom
Schauplätze unserer Thätigkeit und lassen
M Verrathcnen mit dem Verräther ihrem
Schicksal anheimfallen."
„Gut gesagt, das muß ich einräumen!
Enn sich der Plan nur ebenso leicht
siusfichren läßt, wie Sie ihn ersonnen
haben."
„Was sollte sein Gelingen stören?
E'hst Du nicht, wie hold uns das Glück
ssi! Was ist das für ein prächtiger
Uang, den wir heute gemacht haben!
^sie Ausbeute, die wir haben werden, ist
sicher eine feine."
. „Wir werden die Gefangenen gegen
sias übliche Lösegeld alsbald in Frei-
heit setzend"
„Sie werden ohne ein sehr anständiges
Eegeld nicht ans meinen Händen ge-
nügen. Wir haben es hier mit Leuten
Ul thun, denen das Leben nur seine
freundliche Seite zeigt; das beweist am

„Sie verwechseln den Standpunkt, Signore," ent-
gegnete der Andere kalt, „ich bin cs, der hier zu ver-
langen hat, Ihnen steht cs nur frci, zu bitten."
„Sic Pochcn auf Ihre Uebcrmacht, aber Sie sind
nicht im Stande, ein einziges Wort meinen Lippen
weiter zu entreißen, bevor unsere Banden gelöst sind."
„Wir befinden uns zwar im Besitze verschiedener
Mittel, um einem jungen Starrkopfe die Zunge zu
lösen; ich will aber für heute darauf verzichten, sie zu
erproben. — Hierher, Ihr Beiden dort! Nehmt ihnen
die Fesseln ab!"
Zwei von den Banditen erhoben sich und lösten die
Banden der Gefangenen.
„Und Sie, Signore, dem nunmehr der Wille ge-
schehen ist, antworten Sie auf das, was ich fragen
werde, der Wahrheit gemäß. Ich muß die Wahrheit
wissen, versuchen Sie nicht, mich mit einer Lüge zu
täuschen, wenn Sie Ihre Lage nicht
verschlimmern wollen. Machen Sie auch
keinen Versuch zur Flucht, sofern Ihr
Leben Ihnen lieb ist; denn Sie werden
in einem solchen Falle weit früher, als
Sie bis drei zählen können, eine Kugel
im Leibe haben."
„Fragen Sie, ich werde antworten."
„Sie heißen, Signore?"
„Baron Franz v. Stauffen."
Die Bewegung eines plötzlichen Er-
schreckens fuhr bei dieser Antwort über
den Körper des Fragenden. Er wich
einen halben Schritt zurück; eine kurze
Panse trat ein, bevor er sich zusammen-
raffend weiter fragte:
„Woher kommen Sie?"
„Aus meiner süddeutschen Heimath."
„Sie sind dort angesessen?"
„Unsere Familiengüter liegen dort."
„Was führt Sie hierher?"
„Der Wunsch, dies Land und seine
Bewohner kennen zu lernen, die uns so
liebenswürdig empfingen."
„Wer ist Ihr Begleiter?"
„Mein Diener, Friedrich Kernmanu."
„Stehen Ihnen Mittel zu Gebot,
sich ans der Gefangenschaft hier loszu-
kaufen?"
„Was ich an Geld und Geldeswerth
bei nur trug, ist mir bei dem Ucber-
falle entrissen worden. Ich werde aber
Kredit bei jedem größeren Bankhause
in Parma finden."
„Sie werden erfahren, was über
Sie beschlossen werden wird."
Der Anführer verließ den jungen
Mann und trat zu dem Manne zurück,
mit dem er sich vorher unterhalten
hatte, und der noch unbeweglich an
der Felswand lehnte.
„Hast Du gehört?" fragte er ihn.
„Ich hörte es; bevor ich's aber hörte,
wußte ich es. Ich sah seine Gestalt sich

besten die reiche Bente, die bei ihnen gefunden wurde,
sobald sie überwältigt waren."
„Lassen Sie uns eilen, diese Angelegenheit zn be-
endigen, ich habe nun einmal die dunkle Vorahnung,
daß uns aus ihr nichts als Widerwärtigkeiten er-
wachsen werden."
„Du sollst Deinen Willen haben, wenn gleich ich
Deine Befürchtungen nicht theile."
Der Mann mit der schwarzen Maske trat zu den
Gefangenen.
„Erheben Sie sich, Signore, ich habe mit Ihnen
zn reden," sagte er zn dem Jüngeren.
Dieser richtete sich in die Höhe nnd sprang ans.
„Bevor ich mich in Verhandlungen einlasse," cr-
wiederte er in festem Tone, den ihn Anredenden mit
einem finsteren Blick messend, „verlange ich die Ab-
nahme der Banden, die man nns angelegt hat."

vr. Denier Sinnens.
Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. lS. 53.'>)
 
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