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Des Oheims Erbe.
Bei solchen Meditationen wurde er durch den Ein-
tritt seines Dieners unterbrochen, der den Schreiber,
Philippo Saccoiii zu ihm führte, in gedrängter Kürze
von seinem Zusammentreffen mit Philippo am Abend
erzählte, von der Unterredung, die er mit diesem ge-
habt, und ohne eine weitere Andeutung seinem Herrn
das Eouvert überreichte, das er Jenem vor Kurzem
abgenommen hatte.
Kaum hatte der Baron das Siegel des Eouverts
erblickt, als er fast einen Schrei aussticß; seine Augen
wurden feucht, ein Gefühl der Wehmuth Prägte sieh
auf seinen Gesichtszügen aus, er hob das Siegel zu
seinem Munde und drückte seine Lippen darauf.
„Das ist das Wappen des Geschlechtes Staupen,"
sagte er mit Stolz, und setzte mit weicher Stimme
hinzu: „Äteines Vaters Hand allcit, kann es an diesem
Platze abgedrückt haben."
„Das war von dem Augenblick an, als mein Auge
sich Mranf heftete, auch uieine Ansicht, gnädiger Herr,"
rief Friedrich. „Allein ich hielt dami't an mich und
hütete mich, cs auszusprechen, denn ich fürchtete zuerst
ein verdecktes Spiel, das von uns feindlicher Seite
gegen uns begonnen würde. Aber ich überzeugte mich
bald, daß unser junger Freund hier nichts, was nach
Lug und Trug schmeckt, im Schilde führt. Er erscheint
mir vielmehr von aufrichtiger Dankbarkeit erfüllt und
weit davon entfernt, das Gute, das ihm durch Sie
widerfuhr, durch einen Schurkenstreich zn vergelten."
„O Signore," sagte der Schreiber, mit
vollem offenen Blicke zu dem Baron aufseheud,
„Sie können mir ohne Scheu vertrauen. Ich
bin zwar nur ein sehr armer Mensch, aber
ich bin weder falsch, noch untreu."
„Ich will Ihnen Vertrauen schenken, junger
Mann," entgegnete der Baron, „bleiben Sie
aber eingedenk, daß über Alles, was Sie hier
erfahren, unverbrüchliches Schweigen beob-
achtet werhen muß. Wollen Sie unter dieser
Bedingung mein Vertrauen genießen, so geben
Sic mir als Unterpfand Ihren Handschlag."
Philippo legte ohne Zögern seine Hand in
die Rechte des Barons, der sie kräftig drückte.
„Wir sind nicht hierher gekommen," fuhr
der deutsche Edelmann fort', „die Annehm-
lichkeiten eines südlichen Frühjahres zn ge-
nießen: ein sehr wichtiges und ernstes Ge-
schäft ist es, was uns herführt. Vor fünf
Jahren verließ mein Vater Deutschland, nm
eine der Familie hier in Parma zugefallene
reiche Erbschaft zn erheben. Das hat er denn
auch glücklich ansgeführt, wie uns seine
eigenen Briefe in die Heiinath anzeigten; aber
acht Tage, nachdem ihm von den hiesigen
Gerichten als Erbschaftsgnt die Summe von
fünfzigtausend Dukaten ausgezahlt worden
war, ist er nut all' dem Geldc verschwunden,
und es ist uns niemals bis ans den heutigen
Tag gelungen, irgend eine Spur von ihm
wieder nufzufindeu. Darum, mein junger
Freund, bin ich selbst, sein Sohn, und mit
nur sein treuester Diener, unser Friedrich
dort, von der Heimath anfgebrochen, nm den
Versuch zn machen, ob wir von dem Ver-
schollenen nicht irgend etwas zn entdecken ver-
möchten. Soll ich da nicht eine deutliche
Schicksalsfügung darin finden, daß Sie am
ersten Tage meiner Anwesenheit in Parma
mit diesem Eouvert zn mir kommen, das
ohne. Zweifel von meinem Vater stammt,
weil es mit seinen, Siegel verschlossen istl
Betrachten Eie diesen Ring an meinem Finger,
Philippo! Sie finden auf ihn, das Wappen
des Siegels in vollkommen gleicher Form
und Große eingravirt. Einen ganz gleichen
Ring trug mein Vater; es existiren über-
Roman
von
P. E. v. Arcg.
(Fortsetzung.) ,Nachdruck verboten.»
riedrich nahm das Couvert, welches ihm
Philippo Sacconi überreicht hatte^ bc-
trachtete es aufmerksam von allen Seiten
H fe M und ließ seinen Blick lange auf dem darauf
befindlichen Siegelabdruck ruhen. Während
er sich dieser Besichtigung hingab,
"eß er keine Miene, keine Bewegung des
Anderen aus dem Auge, aber Philippo sah
mner Beschäftigung mit einem so offenbaren
Ausdruck der Neugierde auf seinem unschuldig
Menen Gesichte zu, daß der Verdacht, es
handle sich hier um eine Hinterlist des
Schreibers, ihm wieder entschwand.
„Das ist also das Wappenschild, das Ihr
Anteresse erregt, mein junger Freund," sagte
Enedrich erregt, „ich muß Ihnen gestehen,
haß nur dasselbe nicht ganz unbekannt er-
scheint. Darüber aber, ob meine Verma-
schungen über den Ursprung dieses Wappens
^'gründet sind, werde ich wohl am besten
hurch eine Anfrage bei meinem Herrn Aus-
Guft erhalten. Sie gestatten deshalb wohl,
lieber Philippo, daß ich dieses Eouvert zu
aein gedachten Zwecke einstweilen an mich
uehiuc."
„Ich überlasse cs Ihnen gern," versetzte
Philippo, „aber ich bitte Sie, Signor Fede-
stellen Sie es mir morgen wieder zn."
„Es soll morgen unversehrt wieder in
Ähre Hände gelangen, noch besser aber Viel-
sicht ist es, wenn Sie die Güte haben wollen,
"sich nach unseren, Absteigequartiere zu be-
lllcuteu, da können Sie gleich persönlich hören,
such stmge Baron über dieses Wappen
hAllt und Ihr Eigenthnm gleich wieder in
^"ipfang nehmen."
. Hiermit zeigte sich Philippo vollkommen
su,verstanden, Beide leerten ihre Gläser und
brachen dann auf, um nach dem „Großherzog
"an Toskana" zurückzukehren.
Dort schritt in seinem Zimmer, das bereits
boin Scheine der angezündeten Kerzen^ erhellt
Purde, der junge Baron Franz v. Stanffen
slachdenkend ans nnd ab. Er überlegte und
s'Avägte, wie nnd wo er am besten mit den
Nachforschungen über das Ende seines Vaters
Md über den Verbleib des Erbes Wohl be-
üstmen könne, aber wie ein Alp lag die
Zarge ans seiner Brust, daß der Mangel
lloer Handhabe zum Beginne eines erfolg-
Auchen Vorgehens ein solches überhaupt fast
ÜMz in Frage stelle.
Schlimme Wirkungen.
Nach einem Gemälde von Professor Fcrd. Barth. (S. !U>lP