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der Ferne verschwimmendcn Südküste von

Julius Diiider, Erzbischof »ou Pose».
Noch einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. lvw

Noch zwei Stunden und' die Sonne taucht iws
Meer hinab. Kein Lüftchen regt sich. Mit glatter
Oberfläche rollen die nimmer rastenden Dünungen von
Osten her in den Floridakanal hinein. Purpurne Re-
flexe schmücken Riff und Klippe, die sich, argwöhnischen
jedoch trägen Wächtern ähnlich, mehr oder minder hoch
über den Meeresspiegel erheben. Die Möven feiern
auf dem Gestein oder wiegen sich, wie cxmüdet nach
des Tages Arbeit, auf den regelmäßigen Schwellungen.
Segel sind, außer einigen kleinen Fischerfahrzeugen,
nicht sichtbar. Der bereits im vierten Jahre wüthende
Bürgerkrieg hat den Handel schwer geschädigt. Was
unter fremder Flagge segelt, scheut die umkämpften
Häfen, was zum eigenen Lande gehört, fürchtet die
feindlichen Kreuzer und Piraten.
Da schleicht es plötzlich schwarz und schlank hinter
einer der in

Florida gegenüber liegenden höheren Inseln hervor,
mit katzenartiger Gewandtheit und Vorsicht bald hier,
bald da den Schutz der Felsenwälle suchend. Ein drei-
mastiger, vcrhältnißmäßig kleiner eiserner Schrauben-
dampfer ist es, mit durchaus harmlosem Aeußeren. Es
braucht indessen nur auf jeder Seite der Verschluß von
sechs Stückpfvrten zurück zu fallen, um ebenso viele
Geschütze aus dem Innern drohend hervorlugen zu
lassen. Ein schwereres Geschütz, auf Ringschienen lau-
fend und daher nach allen Richtungen verwendbar,
steht auf dem Vorderdeck. Mit gctheertem Segeltuch
verhangen, gleicht es einer gegen Regen und Sprüh-
wasser gesicherten Waarenanhäufung. Die Segel sind
eingeholt und dicht befestigt. Ein Dutzend verwitterter,
sorglos dreinschaucnder Matrosen verschiedener Rasse
und Farbe und in allen nur denkbaren SeemannS-
anzügen, nur nicht in solchen, die an das Kriegshand-
werk erinnern, beleben das Deck. Fünf-
mal so viele weilen unterhalb desselben
in der Batterie. Barfuß und halb ent-
kleidet liegen und sitzen sie träge umher,
jedoch in jedem Augenblick bereit, an
die Geschütze zu springen oder zu Re-
volver und Enterbeil zu greifen. In
der Mitte des Schiffes, hinter dem hoch-
gelegenen Steuerrad, steht ein untersetzter
struppiger Bursche wie eine Bildsäule.
Nur seine Arme regen sich hin und
wieder, wenn er in die Speichen greift
nnd das Ruder nach backbord oder steuer-
bord dreht. Seine Augen sind beinahe
starr auf die sich vor ihm erhebende
Kommandobrücke gerichtet. Ein hagerer,
knochig gebauter Mann im einfachen
Seemannsanzuge wandelte daselbst lang-
sam auf und ab, jenem durch leichte
Handbewegungen den Kurs vorschreibend.
Ein eigenthümlicher, gleichsam verbissener
Ernst charakterisirte sein etwa fünfzig-
jähriges, wetterzerrissenes Gesicht mit der
glatt geschorenen Oberlippe und dem
langen, schwarzen, grau gemischten Kinn-
bart. Es rief fast den Eindruck hervor,
als ob noch nie in seinem Leben ein
wirklich heiteres Lachen seine Züge erhellt
habe. Aufmerksam uni siclzz^pähend und
die Stellung der verschiedenen Klippen
zu einander sorgfältig Prüfend, sandte
er gelegentlich einen Blick nach oben, wo
ein jüngerer Seemann voni Mastkorbe
aus mittelst eines Fernrohrs Umschau
hielt. Eine Viertelstunde mochte dieser
auf seiner luftigen Warte verbracht haben,
als er auf den Wanten seinen Weg ge-
mächlich abwärts nahm und sich sogleich
nach der Kommandobrücke hinauf begab.
Bei seinem Eintreffen blieb der alte
Offizier stehen, sah etwas schärfer in seine
Angen, und noch finsterer wurde das ge-
bräunte Antlitz. Was er wissen wollte,
hatte er in den Angen des Jüngeren ge-

Die Familie Melville.
^niiA, aus der Zeit des iiordamcrikmiischc» Biirgcekricgs.

Vo»
Balduin Möllhanscn.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
Achtes Aaxitel.
Der Kaper.
avanna, die lieblich gelegene Hauptstadt
der Perle der Antillen, war hinter dem
östlich steuernden Briggschiff versunken.
Vor frischer Nordwestbrise bahnte es sich
Florida uüt vollen Segeln seinen Weg in die
bäumz, r?lie hinein. Das Meer rauschte. Hoch auf
sv vf/v'F'F schanmgekrönten Seen,
in d,,, Vrigg von einer Schwellung
Slatin ,,^ -'^).°^cndcn Trog hinabschoß.
'i'.her nm. ^wölk Himmel
die «rst t ihm gleichen Schritt hielten
stuA. Ftten chls der bewegten Meercs-
!orl„Z 7^'bei ging cs südlich an den
ra(r, ^"Sandbänken; vorbei an Ko-
Ucher Än', "'id ganzen Reihen gefähr-
be, «„'F^u und kleiner Inseln. Vor-
Tg,< . - Key-West, dem einstmaligen
>Md F. verwegener Schmuggler
unraten, nnd heutiger Marinestation.
sikiNm,. ' .unheimlich kontrastirten die
sich FF Zacken, Thürme und floßähn-
sie Fworragenden Felscnbänke zu dem
WM ,sandenden und überschüttenden
Lischt. Kreischend umflatterten
St», Größe und breitbcschwingte
WellF 'lli die sicheren Brutstätten. Im
jede , !„^7suuk Jusel nach Insel; für
sine ,, si^wnndcnc tauchte fern im Osten
und nF Profil folgte auf Profil,
Und fand sich ein Blatt Papier,
ZenM, ^ese fanden wieder flüchtige
bor > ihren Weg. Jetzt liegen sie
bsire Ff "^h vieljähriger strenger Haft
ul, ' hervorgesncht ans dem Chaos der
det>.,,/!"^sschüpflicheu Mappe. Sinnend
Iva« F ^'h sie. Soll ich Zufall nennen,
sau, Fs Fehr als drei Dccennicn, gleich-
i'chlt-F Ä schcA'u 'ch mich bewogen
si'emmi' ^rur es uicht vielmehr ein
Aa,. Ftks Geschick, welches in weiter
still Ficht mir damals den Zeichcn-
Dll FFe Hand drückte? Gleichviel!
sv „Fsten siud verrauscht, es erbleichen
istch/ " - ^Fe Erinnerungen. Doch ein
An iiuf die anspruchslosen Skizzen, und
ü'eln Fs i'ht frisch und farbenreich, um-
^eean- Tosen nnd Rauschen des
a„ m FFch gewissermaßen anschmiegend
- °ie Geschichte der Melvilles.
 
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