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Die Familie Melville.
^"NINII ans dcr Zeit des nordlimerikamschen Bürgerkriegs.
Von
Balduin Möllhansen.
' «Nachdruck verbalen.)
r>f Gregor's Zügen ruhte während der
Wanderung die gewöhnliche ernste Ruhe, die
Wohl im Verlauf einer frohen Unterhaltung
den Eindrücken fremder Heiterkeit flüchtig

auf dem Stein verzeichneten Geburtstage als das richtige
anj so betrachte das als einen Fingerzeig des Geschicks,
welches Dich dennoch mit den Deinigen znsannncnführen
möchte. Deiner Trauer um die kleine Verlorene brauchst
Du deshalb nicht zu entsagen; doch sollst Du freundlichen
Hoffnungen Dich nicht verschließen, sondern sie hegen
und Dich an ihnen aufrichten. Was hätte aus mir
werden sollen, wäre ich leicht zu beugen gewesen? Und
ich gerieth gewiß in Lagen, geeignet, ein armes, vor
Jammer und Noth zuckendes Knabenherz zu brechen.
Dann aber vergleiche nnsere beiderseitigen Aussichten
mit einander. Dir lächeln unstreitig noch glückliche
Tage im Kreise der Dir gebliebenen Deinigen; und

ich?" Er lachte herbe und fuhr anscheinend gleich-
müthig fort: „Vor mir eröffnet sich die Aussicht, nach-
dem Thusnelda sich vielleicht verheirathcte, die Welt
einsam zu durchstreifen, wohin ich komme, als Fremd-
ling kalt begrüßt und ausgenommen zu werden. Nicht
einmal Singsang wird mir zur Seite stehen, denn ihn
von Thusnelda trennen, hieße, ihn in's Verderben
stürzen."
„Ein Fremdling überall," versetzte Stocton etwas
lebhafter, „jedoch nur so lange, bis auch Du einen
eigenen Herd Dir gründetest—"
„Unsinn, Charles," fiel Gregor spöttisch ein, „uni
im Familienleben meine Befriedigung zu suchen, müßte
ich ein Anderer sein, einen anderen Beruf
gewählt haben — das heißt, ich verwahre
mich gegen den Verdacht, diesen Schritt
jemals bereut zu haben. Nein, Charles,
für das Familienleben bin ich abgestumpft,
ich mußte abstumpfen durch die Erfah-
rungen, die hinter mir liegen."
„So würdest Du dafür stets eine Hei-
math in Thusnelda's Häuslichkeit finden—"
„Nie, Charles," entschied Gregor kalt,
„trenne ich mich von ihr und einmal
muß die Stunde schlagen — so geschieht es
unter Umständen —" Er zögerte einige
Sekunden, während seine Brauen sich
dichter zusammenschoben, und schneidend
klang seine Stimme, indem er hinzufügte:
„Fort mit den Gespenstern. Noch liegt cs
in meiner Hand, in Thusnelda's Zukunft
einzugreifen. Findet sich ein achtbarer
Mann, welchem sie sich zu eigen geben
will, und der in ihrem Beruf keinen Vor-
wurf für sie entdeckt — wohlan, aus
freudigem Herzen thue ich Alles, was nur
irgend zu ihrer Zufriedenheit beitragen
kann; allein dann noch ihr Haus zu be-
treten, es zu betreten als eine lebendige
Mahnung an unser Vagabundenlebcn —
nein, nie würde ich das über mich ge-
winnen, nicht meinetwegen, nicht ihret-
wegen."
„Ich verstehe Dich nicht, Gregor. Was
nennst Du Gespenster? Was schwebt Dir
vor, daß Du mit rauher Hand in Thus-
nelda's Zukunft eingreifen mochtest? Du
gedenkst Gilbert's —"
„Nichts schwebt mir vor, Charles,
ich gedachte nur der Möglichkeit einer
Trennung, deren Ursache nicht im Ein-
klänge niit meinen Anschauungen ist. Doch
vergessen wir das. Sieh da die Kapelle,
wie sie freundlich zwischen den Bäumen
hervorlngt. Eine liebliche Stätte, auf
welcher Dein Töchterchen schläft. Vor dem
Grabhügel wollen wir Beide der alten
Zeiten gedenken, ungehemmt den auf uns
einstürmenden Betrachtungen Raum geben;
das ist unser Recht, unsere Pflicht. Dann
aber müssen wir uns beruhigen, um mit

nachgab, am wenigsten aber
durch unvorhergesehene Ereig-
Auiv '"Ist erschüttert werden konnte.
Tina " bewegte er sich einher, wogegen
'ist w unter einer Bürde schmerz-
te^ -oetrachtnngen, das Haupt geneigt
w. "Wmn mein Kind hier beerdigt wurde,"
/stund pw Worte schienen sich mit
.- "'streben feinen Lippen zu entwinden,
st-,stuß Marianne nothgedrnngen längere
m tue- Nachbarschaft geweilt haben."
dert-7-^'"' Zweifel geschah das," erwie-
tzy„'i st^stlor, den Geführten theilnahmvoll
^stSeite betrachtend, „und meine Auf-
Znn . sein, das Nähere zu erkunden,
das-l > "Oer müssen wir uns überzeugen,
"u Jrrthum waltet. Aus dcr Quelle,
sM 'Archer jch, von: Zufall begünstigt,
steö- : "'fuhr ich nur von einem Grab-
üst-ö '.'-''t dem Namen Ellen, dem Tage der
dj,> " und dem des Todes. Finden wir
hiF'"Oestimmte Mittheilnng bestätigt, so
stell-" nichts- unsere Nachforschungen
dttll" "'^Zudehnen die einmal ent-
fvla-H ^huren bis an's Ende zu ver-
tlstn 3'ch rathe aber — und mein Ur-
'st in diesem Falle doch wohl das
l;.-s swUlzmerc — Dich keinen überschwäng-
Hoffnungen hinzugcben."
C'an Fh stflichte Dir bei," versetzte Stocton
?u-n --wein Urtheil wird durch zu viele
cs Z'U'wstände bedingt, lind wie könnte
atz!!»^.snn? Ast mir doch uin's Herz,
'stell"h mein Kind vor wenigen Tagen
st„. Z." den Armen gehalten, nur heute
bin-, frisch aufgeworfenen Grabhügel
istiill- Gregor, so wirkte die er-
anf . "tw Kunde trotz der langen Trennung
Ar ''"'h ein. Mein Gott, wie die alten
cnst', " 'weder bluten! Wann werde ich
°Euh Ruhe finden -"
gor n "ht doch, Charles," unterbrach Grc-
fors»"wnthigend, „vermeide es, Dich
r-Ot mit trüben Bildern zu umgeben,
jeder ""t ein tw'ges Leben vor Dir, und
br-,,„ '"''st Tag mag Trost und Frieden
istw Erkennst Du das Grab an. dem


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In den Flitterwochen.
Nach einem Gemälde von Ludwig Kohrl. (S. 415)
 
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