Autorrechte vorbeljolten.
G e b r a n d m a r k t.
Roman
von
A. («. v. Tnttner.
> (Nachdrnc, verboten.)
as Du da über mich und das Paradies
fabelst, das sind Alles Phantasien, mein
Lieber," entgegnete Lothar den: Freunde.
„Dein Dichterhirn braucht eben solche,
aber diesmal hast Du doch den Nagel
nicht auf den Kopf getroffen. Komm,
wir wollen jetzt ein bescheidenes Abendmahl zu uns
nehmen und schlafen gehen. Morgen
soll Dir ein wahrheitsgetreuer Bericht
über meine Abenteuer erstattet wer-
den." -
Der versprochene Bericht fiel ziem-
lich kurz aus. Lothar hatte keine Lust,
von deni Eindruck zu reden, den Sa-
bine auf ihn gemacht hatte.
„Wie wäre es, Georg, wenn ich Dich
in den ,himmlischen Garten' einführte d"
sagte er, als er seinen Bericht geendet.
„Das wäre sehr liebenswürdig und
menschenfreundlich von Dir."
„Gut, so wollen Nur uns zum Be-
suche rüsten."
Georg war höchlichst überrascht, statt
einer Sennhütte eine schmucke Billa vor-
znfiuden und zwei Inwohnerinnen, mit
welchen sich über die verschiedensten
Fragen in so anziehender Weise plau-
dern ließ. Er gab auf dem Heimwege
seinem Enthusiasmus in Worten Aus-
druck und wurde nicht müde, das Lob
der beiden Frauen in begeisterter Weise
zu singen.
Von da an schloß er sich häufig dem
Freunde an, und Lothar war es ganz
erwünscht, sich allmählig einem Ver-
trauten eröffnen zu können, von dem er
wußte, daß er in treuer Kameradschaft
zu ihm hielt.
So war eine Woche bald vorüber-
gegangen, und auch das Bild bedurfte zu
seiner Vollendung nur noch weniger
Pinselstriche. Es hieß also an den Auf-
bruch denken; eine Woche noch vielleicht,
dann sollte das Bündel endgültig ge-
schnürt werden.
Dieser Termin wurde auf unerwartete
Weise abgekürzt. Als die Beiden wieder
im Paradiese vorsprachcn, sahen sie
einen Wagen im Hofe stehen, der eben
mit Reisegepäck beladen wurde. Sa-
bine stand dort und ertheilte dem Gärt-
ner einige Anweisungen. „Ah," rief sie, die Besucher
gewahrend, „eben wollte ich Ihnen Botschaft senden.
Wir verreisen.heute auf unbestimmte Zeit, der Grund
ist leider ein unerfreulicher. Eine Jugendfreundin
meiner Mutter liegt schwer krank darnieder, und da
ruft uns die Pflicht an ihr Schmerzenslager."
Lothar wollte sich ans der Stelle verabschieden, aber
das gab Sabine nicht zu, sondern nöthigte die beiden
Freunde in's Hans. Sie blieben in der That bis zum
Abend, erst dann trennte man sich mit einem herz-
lichen „ans Wiedersehen", und nun schlug Lothar dem
Kameraden vor, am nächsten Morgen die Wanderung
anzutretcn. Ein Brief, den er zu Hause fand, machte
jedoch auch dieses Vorhaben zu Wasser.
9.
Rodenfels trug sich mit einem Plane, mit dem er
früher an sein Ziel zu gelangen hoffte, als wenn er
ruhig abwartetc, bis ihm die Zukunft die Erfüllung
seiner Wünsche brachte. Er wußte, daß Adelina ge-
sonnen war, sich noch nach Herzenslust den Faschings-
freuden hinzugeben, ehe sie einen znkunftsentschcidenden
Beschluß faßte; er wußte auch, daß ihm allerhand
Gefahren von den Wiener Ballsälen drohten: der Mar-
guis und andere interessante Erscheinungen, welche ihm
im letzten Augenblick noch einen empfindlichen Strich
durch die Rechnung machen konnten. Ferner begannen
seine Schulden unbequem, die Gläubiger zudringlich zu
werden, und wenn cs ihm nicht gelang, sich durch eine
reiche Parthie flott zu machen, so standen schlimme
Zeiten vor der Thür.
Er strengte also sein Gehirn an, um
einen genialen Streich auszuhecken, der
eine Entscheidung zu seinen Gunsten her-
beiführcn mußte, und eines Tages kam
er ans einen Einfall, der ihm Prächtig
schien. Adelma unternahm öfter mit der
Tante Spazierfahrten, und zwar nicht in
dein Ponywägelchen, das sie selbst lenkte,
sondern in einem Wagen des Vaters.
Nun hatte Rodenfels kürzlich dem Baron
ein Paar Pferde verschafft, die etwas
hitzig waren, und darauf baute er jetzt
seinen Plan. Freilich war es unerläß-
lich, dabei einen Theilnehmer zu ge-
winnen, nämlich den Kutscher, allein um
Geld ist Alles zu haben, warum nicht
auch dies, daß der Mann bei einer
solchen Spazierfahrt den Pferden die
Zügel schießen ließ und dieselben auf
geschickte Weise zum Durchgehen brachte ?
An verabredeter Stelle konnte dann
Rodcnfels hervorspringen, dem Gespann
in die Zügel fallen, und im 'Nu Mar-
der Glorienschein eines Lebensretters er-
worben.
Sein Plan gefiel ihm von Tag zu
Tag besser, und er suchte daher bald
eine Annäherung an den Kutscher, in
dessen Hände er seine Zukunft zu legen
gedachte.
Friedrich, der überhaupt für den
Grafen als großen Sportsman einige
Zuneigung fühlte, zeigte sich sehr ge-
schmeichelt, als dieser nun bei jeder Ge-
legenheit in den Stall kam und mit ihm
längere Gespräche anknüpfte. Das Ver-
hültniß wurde in Kürze ein so ver-
trautes, daß schließlich der Graf eines
Tages sagte: „Friedrich, wenn ich ein-
mal heirathe, so nehme ich Sie auf
Lebenszeit zu mir."
„Wäre mir schon recht, gräfliche
Gnaden," erwiederte der Kutscher, in-
vr. m«a. Johann Georg Mezger. <S. 531)
G e b r a n d m a r k t.
Roman
von
A. («. v. Tnttner.
> (Nachdrnc, verboten.)
as Du da über mich und das Paradies
fabelst, das sind Alles Phantasien, mein
Lieber," entgegnete Lothar den: Freunde.
„Dein Dichterhirn braucht eben solche,
aber diesmal hast Du doch den Nagel
nicht auf den Kopf getroffen. Komm,
wir wollen jetzt ein bescheidenes Abendmahl zu uns
nehmen und schlafen gehen. Morgen
soll Dir ein wahrheitsgetreuer Bericht
über meine Abenteuer erstattet wer-
den." -
Der versprochene Bericht fiel ziem-
lich kurz aus. Lothar hatte keine Lust,
von deni Eindruck zu reden, den Sa-
bine auf ihn gemacht hatte.
„Wie wäre es, Georg, wenn ich Dich
in den ,himmlischen Garten' einführte d"
sagte er, als er seinen Bericht geendet.
„Das wäre sehr liebenswürdig und
menschenfreundlich von Dir."
„Gut, so wollen Nur uns zum Be-
suche rüsten."
Georg war höchlichst überrascht, statt
einer Sennhütte eine schmucke Billa vor-
znfiuden und zwei Inwohnerinnen, mit
welchen sich über die verschiedensten
Fragen in so anziehender Weise plau-
dern ließ. Er gab auf dem Heimwege
seinem Enthusiasmus in Worten Aus-
druck und wurde nicht müde, das Lob
der beiden Frauen in begeisterter Weise
zu singen.
Von da an schloß er sich häufig dem
Freunde an, und Lothar war es ganz
erwünscht, sich allmählig einem Ver-
trauten eröffnen zu können, von dem er
wußte, daß er in treuer Kameradschaft
zu ihm hielt.
So war eine Woche bald vorüber-
gegangen, und auch das Bild bedurfte zu
seiner Vollendung nur noch weniger
Pinselstriche. Es hieß also an den Auf-
bruch denken; eine Woche noch vielleicht,
dann sollte das Bündel endgültig ge-
schnürt werden.
Dieser Termin wurde auf unerwartete
Weise abgekürzt. Als die Beiden wieder
im Paradiese vorsprachcn, sahen sie
einen Wagen im Hofe stehen, der eben
mit Reisegepäck beladen wurde. Sa-
bine stand dort und ertheilte dem Gärt-
ner einige Anweisungen. „Ah," rief sie, die Besucher
gewahrend, „eben wollte ich Ihnen Botschaft senden.
Wir verreisen.heute auf unbestimmte Zeit, der Grund
ist leider ein unerfreulicher. Eine Jugendfreundin
meiner Mutter liegt schwer krank darnieder, und da
ruft uns die Pflicht an ihr Schmerzenslager."
Lothar wollte sich ans der Stelle verabschieden, aber
das gab Sabine nicht zu, sondern nöthigte die beiden
Freunde in's Hans. Sie blieben in der That bis zum
Abend, erst dann trennte man sich mit einem herz-
lichen „ans Wiedersehen", und nun schlug Lothar dem
Kameraden vor, am nächsten Morgen die Wanderung
anzutretcn. Ein Brief, den er zu Hause fand, machte
jedoch auch dieses Vorhaben zu Wasser.
9.
Rodenfels trug sich mit einem Plane, mit dem er
früher an sein Ziel zu gelangen hoffte, als wenn er
ruhig abwartetc, bis ihm die Zukunft die Erfüllung
seiner Wünsche brachte. Er wußte, daß Adelina ge-
sonnen war, sich noch nach Herzenslust den Faschings-
freuden hinzugeben, ehe sie einen znkunftsentschcidenden
Beschluß faßte; er wußte auch, daß ihm allerhand
Gefahren von den Wiener Ballsälen drohten: der Mar-
guis und andere interessante Erscheinungen, welche ihm
im letzten Augenblick noch einen empfindlichen Strich
durch die Rechnung machen konnten. Ferner begannen
seine Schulden unbequem, die Gläubiger zudringlich zu
werden, und wenn cs ihm nicht gelang, sich durch eine
reiche Parthie flott zu machen, so standen schlimme
Zeiten vor der Thür.
Er strengte also sein Gehirn an, um
einen genialen Streich auszuhecken, der
eine Entscheidung zu seinen Gunsten her-
beiführcn mußte, und eines Tages kam
er ans einen Einfall, der ihm Prächtig
schien. Adelma unternahm öfter mit der
Tante Spazierfahrten, und zwar nicht in
dein Ponywägelchen, das sie selbst lenkte,
sondern in einem Wagen des Vaters.
Nun hatte Rodenfels kürzlich dem Baron
ein Paar Pferde verschafft, die etwas
hitzig waren, und darauf baute er jetzt
seinen Plan. Freilich war es unerläß-
lich, dabei einen Theilnehmer zu ge-
winnen, nämlich den Kutscher, allein um
Geld ist Alles zu haben, warum nicht
auch dies, daß der Mann bei einer
solchen Spazierfahrt den Pferden die
Zügel schießen ließ und dieselben auf
geschickte Weise zum Durchgehen brachte ?
An verabredeter Stelle konnte dann
Rodcnfels hervorspringen, dem Gespann
in die Zügel fallen, und im 'Nu Mar-
der Glorienschein eines Lebensretters er-
worben.
Sein Plan gefiel ihm von Tag zu
Tag besser, und er suchte daher bald
eine Annäherung an den Kutscher, in
dessen Hände er seine Zukunft zu legen
gedachte.
Friedrich, der überhaupt für den
Grafen als großen Sportsman einige
Zuneigung fühlte, zeigte sich sehr ge-
schmeichelt, als dieser nun bei jeder Ge-
legenheit in den Stall kam und mit ihm
längere Gespräche anknüpfte. Das Ver-
hültniß wurde in Kürze ein so ver-
trautes, daß schließlich der Graf eines
Tages sagte: „Friedrich, wenn ich ein-
mal heirathe, so nehme ich Sie auf
Lebenszeit zu mir."
„Wäre mir schon recht, gräfliche
Gnaden," erwiederte der Kutscher, in-
vr. m«a. Johann Georg Mezger. <S. 531)