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328

Das ZuH ja MLLE

heft 14.



warte ſie auf etwas Außexordentliches, auf etwas Furcht-


Schritte laut wurden, fuhx ſie mit leiſem Schreckens-
ſchlei empor, ſo daß ihre Mutter, ſich in ihrer Uebung
unterbrechend, verwundert fragte:
denn?“

Antonio
trat ein. Er
ſah ernſter
und bleicher
aus als ſonſt.

Etwas

Neues,“
ſagte er kurz.
Den Regie-
rungspraͤſi-
denten Sel-

ken hat
geſtern der
Schlag ge-
rührt Das
Brautpaar
erfuhr ſeinen
Tod bei der

Rückkehr
vom Aus-
flug.“

Anita ſank
gegen die
Stuhllehne
und ſchloß die
Augen, wäh-

rend Die -
Sängerin
aufgeregt die
Hände zu-

Jammen-
ſchlug.

„Wie ent-
ſetzlich! Wo-

her erfuhrſt
— —
nio?!

„Ein Be:
kannter er-
zählte mir’s
eben Duver-
lierſt nun
wieder eine
gutzahlende
Schülerin,
Mama.“

Frau Ha-

tera fiel der
harte Klang
in ihres Soh-
nes Stimme
nicht auf, ſie
war ganz
Teilnahme
für Marga-
rete.

„Das
arme Mäd-
chen Sodop-
pelt heimge-
ſucht zu wer-
den! Erſtihre
furchtbare
Verletzung,
und nundies.
Und ſechs
Wochen vor
der Hochzeit.
Natürlich
wird die Hei-
rat jetzt auf-
geſchoben

werden.“

Anita öff-
nete die Au-
gen weit und
ſchaute in
etwas hin-
ein, aus dem
ihr ein Ent-
ſetzliches ent-
gegenſtarrte

Annie, was ſagſt du dazu?“ fragte Frau Hatera.

Anita legte den Kopf in die Hände und ſchauderte.
„Mir grauſt.“

Vor dem erlöſenden Tode eines alten, leidenden
Mannes, Schweſterchen?“

„Nicht vor dem Tode, aber vor dem Gewaltigen,
das ſo plötzlich über uns hereinbricht.“

Schweigend hing für eine Weile jedes der drei ſeinen
Gedanken nach. Dann ging der Maler in ſein Atelier.





Noch hatte er keinen Stift angerührt, als an ſeine
Thür gepoͤcht wurde, und Anita eintrat.

Ich muß dich allein ſprechen, Tonig,“ hub ſie,
vor ihm ſtehen bleibend und ihn groß anſchauend, an.
„Was ift ziviſchen dir und meiner Freundin vorgegan-
gen? — Lieber Bruder,“ ſie ergriff ſeine Hand, da er


ſich mit Heftigkeit gegen ihr Fragen wehren wollte,
ſage mir die Wahrheit.“

„Du weißt ſie

Sie nickte und trat von ihm zurück. „Ich ahnte
ſie gleich, aber ich wollte von dir ſelber wiſſen, ob du
Käthe deine Liebe geſtanden.“

Er deckte die Augen mit der Hand, um ſeine Lippen
zuckte es „Wir ſaͤgten es uns“ gab er zögernd zu.

Anita betrachtete ihn ſekundenlang voll Mitleid,







plötzlich aber ſtand höchſte Angſt in ihren Augen. „Was
ſoll nun weiter gefchehen?“ rief ſie ratlos.

Tonio warf den Kopf zurück und lachte heftig auf.
Heiraten werden wir uns eines Tages, der ganzen
Welt zum Trotz.“

Da war es, als wachſe der Schweſter zarte Geſtalt.
„Und wer
biſt du?

fragte ſie
laut und an-

klagend.
Was haſt
Ddu, daß du
es wagſt, ei-

chen den Frie-
den ihres
Herzens und
ihres Hau-
ſes zu rau-
ben?!
Was ich
bin, Schwe-
ſterchen, was
ich habe?“
Ein ſchönes,
ſtolzes,
ſelbſtbewuß-
tes Lächeln
überſonnte
ſein Geſicht.
— , O
bin? Ein
Mann, der
ſich ſein
Mädchen mit
dem Herzen
ſucht, es
drinnen ein-
ſchließt und
nicht wieder
herausläßt,
bis daß ſie
ſelbſt es will.
Aber ſie
wird nicht
wollen, denn
ſie findet

Königsthron
von laute-
rem Gold
für ſich er-
richtet, und
über Sturm
und Fluten-
brandung
ſteht diefer
Thron feſt in
der Sonne
einer unaus-
löſchlichen,
treuen Liebe.
Und was ich
habe, Schwe-
ſterchen?“
C 300 Die
Kleine zu ſich
heran, nahm
ſie wie ein
Kind in die
Arme und
lehnte ſie ge-
gen ſeine
Bruſt. Hör
mal, mie’8
da drinnen
hämmert
und arbeitet!
Wie in einer
Schmiede,
nicht? Heiſa,
jawohl, eine
Schmiede
fürs Glück!
Da liegen
Pläne, Hoff-
nungen,
Wünſche,
Vorſätze bunt durcheinander in der Feuerglut der Jugend
auf dem Amboß. Und nun kommen die Hammerſchläge
Des Lebens — hei, ſauſen die hernieder! Funken ſprühen,


aber das echte Eiſen bleibt zurück: die Kraft, die die



x


— yund ein Stückchen dieſer Kraft, die Eifen giebt, die
fühl ich in mir. Das iſt's, was ich habe, kleine Annie,
und darum glaub' ich ans dereinſtige Glück.“
 
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