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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 43.1908

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Heft 4
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https://doi.org/10.11588/diglit.60739#0095
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fUustnette stamilienreitung
4. Heft. 1Y08.

fül-stin Laja.
Somali von ki-ich ebenstem.
(forlsehung.) -lNnchdruck vcrbolen.)
in ganz schwacher Hoffnungsfunke glomm
in Sylvia auf. Wenn sie bei Rainer aus-
hielt — vielleicht konnte dann in ferner,
ferner Zeit doch noch alles gut werden.
Und sie wollte ausharren. Sie hatte ihn
ja doch so lieb gehabt — so unaussprechlich lieb!
Ihr Blick wurde weich und flog suchend zu
Rainer hinüber. Dort lehnte er und starrte finster
über Bord. Die Sonne war gestiegen, und das
Meer wurde immer blauer. Wie hübsch sein edles
Profil und das lichte Blond des Bartes sich gegen
die satte dunkle Bläue dahinter abhob!
Gebannt hing Sylvias Blick an dem Bilde.
Dann schreckte sie plötzlich auf. Ein junger Mann
— man sah ihm sofort den Maler an — hatte sie
schon eine Weile beobachtet. Jetzt senkte er den
dunklen Rubenskopf, stellte sich als Hans Weiher
vor und fragte mit sehr deutlicher Bewunderung im
Blick, ob das gnädige Fräulein allein reise, und ob
er ihr ein wenig Gesellschaft leisten dürfe.


Dunkelrot vor Verlegenheit erhob sich Sylvia,
murmelte ein paar abweisende Worte und entfernte
sich rasch, um für den Rest der Fahrt unten im Da-
mensalon zu bleiben.
Nachher kam sie sich selber unsäglich albern vor
in ihrer gänschenmäßigen Prüderie. Der Herr war
sehr höflich gewesen, und es lag in seinem Benehmen
nichts Beleidigendes. Sie hätte ja ganz ruhig er-
widern können: „Nein, ich reise nicht allein, dort
steht mein Manu, Graf Riedberg." Aber sie war
so erschrocken gewesen, und es war sehr peinlich,
sich so ohne rechten Schutz zu fühlen.
Eine Stunde verging, ehe es Rainer einfiel,
sich um Sylvia zu bekümmern. Als er sich nach
ihr umsah, fand er ihren Platz leer, und sie erschien
auch nicht wieder. Da stieg er hinunter, um sie zu
suchen.
Er wandte sich an eine Aufwärterin, welche
unten vor dem Damensalon stand, und fragte nach
seiner Frau, deren Außeres er beschrieb. Er fürchte,
sie sei seekrank.
Nach einer Weile erschien die Frau lächelnd
wieder. Die Frau Gräfin sei ganz wohl und munter
und lasse bitten, sich ihretwegen nicht zu inkommo-
dieren, sie wolle bis zur Ankunft in Venedig lieber
unten bleiben.

„Welch grenzenlose Indolenz!" dachte Rainer
erbittert. „Bei solch herrlichem Wetter zum ersten
Male eine Seefahrt zu machen und unten im Da-
mensalon zu bleiben!"
Er seufzte und stieg wieder nach oben. Dort
gesellte sich durch einen Zufall der Maler Weiher zu
ihm, mit dem er bald in ein anregendes Gespräch
über Kunst vertieft war. Der junge Künstler wollte
ebenfalls nach Venedig und später weiter hinab durch
Italien bis Palermo. Das war so ungefähr auch
Rainers Plan, und dcr ihm der junge Mann nicht
übel gefiel, verabredete er eine Zusammenkunft mit
ihm in Venedig.
Endlich tauchten die Kuppeln und Türme der
Dogenstadt auf, und fast gleichzeitig erschien auch
Sylvia wieder auf Deck.
Ihr Blick verfinsterte sich, als sie den Maler
neben Rainer stehen sah. Hatte der etwa gewußt,
daß dies ihr Mann war, und sich absichtlich mit
ihm bekannt gemacht? Aber das grenzenlose
Staunen, welches in den grauen Augen des jungen
Künstlers lag, als sie nun hinzutrat, beruhigte sie
wieder, und dann war es ihr sogar lieb, daß er bei
ihnen blieb.
So war man doch wenigstens nicht allein mit-
einander.

Mkita Dustoswiat wahrend der Disputation im Kreml eu Moskau. Dach einem Semäide von w. Perow. (5. 85)


IV. 1408.
 
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