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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 43.1908

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Heft 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.60739#0270
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11. l^est. 1908.

Der kfeirglrmarkl.
Somali von liedcvig krlin.
lroNsedung.! - iNachdruck verboten.!
nges Stimme durchschauerte Jelliughaus.
Seine Pulse hämmerten, seine Blicke brann-
ten und zuckten auf ihre leis geöffneten Lippen
hernieder. Diese Lippen küssen — nur ein
einziges Mal! Ob sie es dulden würden,
diese roten, dürstenden Lippen?
Da hatte schon seine Hand ihr jählings die Rose
aus der ihren gerissen, sein Arm sie umschlungen
und Mund glühte auf Mund.
Und wieder und wieder küßte er sie, und sie
duldete seine Küsse nnd gab sie ihm zurück.
Aus ihrem Kranze aber lösten sich die Blüten-
blätter und rieselten ihr über das Haar, über Stirn


und Wangen. Die sektgetaufte Rose allein war
schön und unversehrt geblieben. Die flocht er ihr
nun in das goldige Gelock, und wie sie dabei den
Kopf gegen ihn neigte, zog er sie an seine Brust
und hielt sie dort fest.
Hatte das Klopfen ihrer Herzen ihnen jeden
anderen Laut verschlungen, oder war der Rasen-
teppich, der sich ringsum breitete, so weich, daß er
jeden Schritt unhörbar machte?
Im Rahmen des Laubencinganges standen wie
aus dem Boden emporgewachsen die Posträtin und
hinter ihr Frau Alice.
„Inge — nein — aber Inge!"
Mit einem Schrei fuhr die empor und starrte
ihre Mutter an. Verwirrt und fassungslos schnellte
auch Jellinghaus in die Höhe und suchte nach Worten.
„Gnädige Frau, ich —"
Doch sie unterbrach ihn mit einer königlichen,
Gnade erteilenden Handbewegung: „Auf morgen,

lieber Baron! Im übrigen darf ich wohl sa-
gen —"
„Bon Herzen meinen Glückwunsch!" fiel Fran
Alice ihr ins Wort, drängte an der Posträtin vorbei
in die Laube hinein und streckte dem jungen Paare
beide Hände entgegen. „Alles Gute und Beste!
Sich hier in aller Heimlichkeit zu verloben! Ent-
zückende Idee — zwischen lauter Rosen! Schade
nur, daß wir die süße Stunde stören mußten!"
Sie schwatzte und lachte, liebkoste Inge, die nicht
wußte, was sie sagen, was sie tun sollte, die immer
nur den Mann ansah, der jetzt mit einem Worte
über ihre Zukunft entscheiden mußte.
In straffer Haltung war Baron Jellinghaus vor
die Posträtin hingetreten und hatte sich überühre
Hand gebeugt. „Verzeihen Sie mir, gnädige Frau,
und wenn Sie mir gütigst erlauben, darf ich mich
morgen näher aussprechen, nicht wahr?"
. > Sie nickte gerührt, drückte ihm die Hand, zog ein


xi. iso«.

Die iSegrüstung des Meisters, stach einem SemZide von c. Deutsch. (5. 240)
 
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