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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 43.1908

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Heft 26
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https://doi.org/10.11588/diglit.60739#0619
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varLuch MWe
sllustnette stsmilienreitung
2b.6est. 1908.

Vie heilige Pflicht
poman von Oskar Z. hillmar

srortsetiung.i

(Nschdruck verboten.)


ein Vater kann ja unmöglich bei ge-
sundem Verstände gewesen sein," er-
widerte Leutnant Wilberg dem Re-
gierungsbaumeister, „als er solche haar-
sträubenden Torheiten beging. Wir

werden alles anfechten müssen."

Der Regierungsbaumeister lachte kurz und trocken
auf. „Den Weg hat uns der menschenfreundliche
Medizinalrat mit seinem famosen Gutachten so
ziemlich verlegt, mein Bester! Ich vermute, daß
wir keinen anderen Erfolg davontragen würden als
die Vergünstigung, die Prozeßkosten zu bezahlen.
Außerdem könnte davon erst dann die Rede sein,
wenn wir den Aufenthalt dieses — verzeih, liebe
Sidonie! — dieses vor lauter Bosheit verrückt ge-
wordenen Menschen herausgebracht haben. Weiß
ich erst einmal, wo er zu finden ist, so will ich schon
mit ihm fertig werden — darauf könnt ihr euch ver-
lassen."

„Aber wie soll man das anfangen, Heinrich?"
stöhnte der Leutnant. „Meinst du, daß man ein
Detektivinstitut mit den Nachforschungen nach sei-
nem Verbleib betrauen

den — von dem schuftigsten und gefährlichsten Wu-
cherer, der jemals mit lächelnder Miene an den
Türen des Zuchthauses vorbeispaziert ist."
Bruno war totenbleich geworden. „Darf ich
ein paar Worte unter vier Augen mit dir reden,
Heinrich?"
„Das kann auf dem Wege zum Justizrat ge-
schehen, denn ich möchte in dieser Angelegenheit
keine Minute ungenützt verstreichen lassen."
Er verabschiedete sich ziemlich kurz von seiner
Frau und ging mir dem Schwager die Treppe hin-
unter.
„Da ist eine Droschke," meinte er. „Wir brau-
chen mindestens zehn Minuten bis zu Belows Kanz-
lei. Das ist doch wohl Zeit genug für dein Anliegen."
Der Ton klang nicht sehr ermutigend, und der
Leutnant würde sich wahrhaftig hundertmal lieber
einem wildfremden Menschen offenbart haben als
diesem Verwandten, dessen eiskalten, herzlosen
Egoismus er niemals widerwärtiger empfunden
hatte als eben jetzt.
Aber er hatte ja keine Wahl, und als er die Tür
des Wagens hinter sich zugeworfen hatte, sagte er: „Du
hast von einem Hintermanns jenes Heckert gesprochen.
Möchtest du mir nicht seinen Namen nennen?"
„Er heißt Delmonte."
Bruno Wilberg fuhr auf wie unter einem Peit-
schenhiebe. „Ist das — ist das gewiß?"

Schreibens mit einem einzigen Blick überflogen.
„Schlimm für dich!" meinte er stirnrunzelnd. „Hof-
fentlich ist die Summe nicht groß."
„Sie ist groß, Heinrich! — Es handelt sich mit
allem drum und dran um beiläufig zehntausend
Mark, von denen ich natürlich kaum fünf in bar er-
halten hatte."
„Du mußt verrückt gewesen sein, mein Lieber,
daß du solche Verpflichtungen eingehen konntest,
ohne zu wissen, woher die Mittel zu ihrer Erfüllung
kommen sollten. Da vermag ich dir freilich keinen
anderen Rat zu geben als den, irgend eine Verstän-
digung mit diesem Heckert zu suchen. Vielleicht läßt
er sich trotz seiner Drohung zu einer Prolongation
bewegen. Du kannst ihm ja versprechen, dich Hals
über Kopf mit der nächstbesten Tochter eines reichen
Bäckermeisters zu verloben. Denn auf deine Eigen-
schaft als Sohn des Millionenbauern Wilberg hin
pumpt dir nach dem Erscheinen dieses Zeitungs-
artikels kein Mensch auch nur zwanzig Mark."
„Willst du mich verhöhnen? — Das Geld muß
beschafft werden, denn der Mann läßt sich sicherlich
auf nichts ein. Darüber mache ich mir nicht die ge-
ringsten Illusionen."
„Nun also — wenn du es beschaffen kannst —"
„Ich habe keine Möglichkeit, es aufzutreiben.
Aber ich hoffte, daß du mich nicht stecken lassen
würdest. Wenn du mir nicht mit dem baren Gelde
aushelfen willst, so


„Möglich, daß er auch für audere Halunken den
Handlanger und Henkersknecht abgibt. Aber was
hast du denn nun eigentlich mit dem Gesindel zu
schaffe«?"
Der Leutuant griff in die Tasche und brachte
den zerknüllten Brief des Herrn Emil Heckert zum
Vorschein. „Lies — bitte! — Das wird mir alle
langen Reden ersparen."
Der Regierungsbaumeister hatte den Inhalt des

kannst du doch vielleicht
durch deine Unter-
schrift —"
Mit der größten
Entschiedenheit schüt-
telte Nissen den Kopf.
„Unter keiner Bedin-
gung! Du hättest mich
eigentlich zur Genüge
kennen sollen, um zu
wissen, daß man mir
mit derartigen Zumu-
tungen nicht kommen
darf. Wenn ich ein
reicher Mann wäre und
nicht auf die Zukunft
meiner Frau bedacht
sein müßte, würde ich
dir ja das Geld gerne
geben, aber ich bin
augenblicklich selbst nicht
auf Rosen gebettet und
muß nach diesen neue-
sten Ereignissen, die
natürlich auch meinen
Kredit stark erschüttern
werden, jeden Pfennig
doppelt sorgsam zu
Rate halten. Einen
Wechsel aber unter-
schreibe ich nur, wenn
ich absolut sicher bin,
am Fälligkeitstage die
Deckung im Schranke
zu haben. — Übrigens
braucht die Sache ja
nicht notwendig so
du dir's jetzt vorstellst.

sollte?"
„Vielleichtauchdas.
Aber das wichtigste ist
jetzt, daß wir selber die
Hände nicht in den
Schoßlegen. Ich komme
eben aus deiner Woh-
nung, weil ich dich auf-
fordern wollte, mit mir
zum Justizrat Below
zu gehen, der seit Jah-
ren alle Rechtsgeschäfte
für deinen würdigen
Herrn Papa besorgt
hat, und der über seine
Absichten und seinen
Verbleib vermutlich
besser unterrichtet ist,
als irgend jemand hier
in der Stadt. — Übri-
gens hat mir dein
Bursche bei der Ges
legenheit trotz meiner
zwanzigmal wieder-
holten Versicherung,
daß er nicht für mich
bestimmt sei, diesen
Brief hier aufgedrängt.
Ich habe ihn schließlich
genommen, um zu ver-
hüten, daß er in an-
dere, unrechte Hände
käme. Da ist er. —
Darf ich mir bei der
Gelegenheit die Frage
gestatten, was du mit
diesem Emil Heckert zu
schaffen hast? Hoffentlich stehst du zu ihm nicht
in geschäftlichen Beziehungen."
„Warum? — Kennst du den Menschen, Hein-
rich?"
„Nicht persönlich, aber aus dem tragischen Schick-
sal eines Kollegen, der durch ihn, oder vielmehr
durch seinen Hintermann, zum Selbstmord getrieben
wurde. Heckert selbst ist nur eine Marionette, deren
Fäden von einem anderen in Bewegung gesetzt wer-

schlimm zu verlausen, wie
Heckert oder sein Auftraggeber haben doch gar kein
Interesse daran, dich zu Grunde zu richten. Sie
würden sich damit ja nur ins eigene Fleisch schnei-
den, denn damit, daß sie dich zwingen, den Abschied
zu nehmen, haben sie doch noch keinen Pfennig von
ihrem Gelde."
Die düstere Miene des Leutnants bewies, wie
wenig trostreich dieser Zuspruch auf ihn wirkte.

Sport und Spiel bngestellter auf dem Dache eines New Dorker Seschästshauses: Hochsprung. (S. S71)
Usch einer viiotogrsphie non r. Kester in veriin-rriedennu.

XXVI IMS.
 
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