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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 43.1908

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.60739#0143
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ve^Luch fülMe
Illustrierte familienreilung
6. kjest. 1908.

Fürstin Laja.
Homari von Lrich ebenstem.

lrortsehung.)

iNachdruck oerdolen.)

E^^Äambach war bei Tisch in bester Stimmung
und konnte nicht genug sagen, wie gemüt-
lich es auf Riedenau sei, seit Sylvia hier
H sei. Besonders entzückt war er von
A dem Essen. „Das sind doch Gerichte, an
welchen man sich satt essen kann!" sagte er. „Kein
solcher Klimbim, wie bei uns daheim, wo man nie


weiß, wie das Zeug eigentlich heißt, und wo alles
nur auf den Aufputz hinausläuft."
„Uufer Koch ist eben eine Kraft ersten Ranges,"
warf Laja gereizt ein, „und weiß, daß ich zierlich
arrangierte Schüsseln liebe. Daß du keinen Ge-
schmack dafür hast, dafür kann ich nicht."
„Ich habe gute Familienrezepte von Mahren-
berg mitgebracht," erklärte Sylvia entschuldigend,
denn sie merkte, daß es in der Fürstin kochte.
Aber sie goß damit Ol ins Feuer, denn der Fürst
rief begeistert: „Sb ich mir's nicht gedacht habe,
daß Sylvia selbst in die Küche geht! Du könntest
dir wirklich ein Beispiel daran nehmen, Laja!
Schließlich heiratet man doch, um in seinem Hause
eine Hausfrau zu haben!"
Laja warf ihm einen funkelnden Blick zu, lehnte

sich dann nachlässig zurück und sagte mit eisigem
Hochmut: „Es ist eben nicht jeder Frau Horizont in
der Küche zu Ende. Du hättest dir ja einfach bloß
eine Wirtschafterin zu nehmen brauchen —" sie
kniff die Augen zusammen und blinzelte erst Sylvia,
dann Rainer an — „um es so gut zu haben wie
Rainer."
Ein peinliches Schweigen folgte diesen Worten.
Sylvia war blaß geworden, während sich das Gesicht
Lambachs dunkelrot vor Zorn färbte, und Rainer
wie erstarrt dasaß.
Ehe indessen Lambach Zeit fand, seiner Em-
pörung Luft zu machen, hatte sich Sylvia gefaßt
und sagte völlig ruhig und ohne eine Spur von Emp-
findlichkeit: „Wenn es dir recht ist, liebe Laja, so
schicke ich einige Rezepte morgen an euren Koch.
Und nun sprich weiter — du hast vorhin erzählt,
daß Lori v. Graden die Absicht hat, nach Dollenau
zu fahren. Das interessiert mich sehr. Was macht
sie denn jetzt dort? Ich dachte, Gradens seien
direkt von Wien nach Dobrinka?"
Zum ersten Male, seit er sie kannte, fühlte
Rainer Bewunderung für Sylvia, und gleichfalls
zum ersten Male stieg ein ernster Groll in ihm auf
gegen Laja. Wie durfte sie — gerade sie — es
wagen, Sylvia in ihrem eigenen Haufe zu beleidigen?
Auch die Fürstin war verblüfft über Sylvias
Takt und über die ruhige Sicherheit, mit der sie
ihren Ausfall parierte. Aber sie las zugleich in

Rainers Augen eine Mißbilligung ihres Benehmens,
und das stachelte sie noch mehr auf. Nun wollte sie
dieser Madonna mit der scheinheiligen Miene noch
einen Stich versetzen und zugleich sich Gewißheit
verschaffen über einen Verdacht, den sie längst im
stillen hegte.
„Was Lori Graden nach Dollenau führt?" ant-
wortete sie lächelnd. „Walter natürlich! Sie ist
ja ganz vernarrt in ihn, und wie ich die Kleine
kenne, läßt sie ihn nicht mehr los."
Sylvia schlug die Augen erstaunt auf. „Lori
Graden und — Walter?" sagte sie ungläubig. „Du
glaubst, daß Walter —?"
Die Fürstin zuckte die Achseln und nickte Sylvia
mit boshaftem Lächeln zu. „Ja, die Männer sind
einmal so unbeständig! Schließlich hat er lange
genug dich angebetet, und da du ja doch höher hinaus
wolltest, darfst du dich eigentlich nicht wundern,
wenn er sich jetzt von Lori trösten läßt. Man heiratet
eben nicht immer aus Liebe — wie du."
Rainer horchte hoch auf. Daß Walter Sylvia ge-
liebt, hatte er ganz vergessen. Jetzt fiel ihm ein,
daß Peneda einmal ähnliches behauptete. Er blickte
Sylvia gespannt an. Was würde sie antworten?
Sylvia war dunkelrot geworden. Walters Liebe,
die sie erst an ihrem eigenen Hochzeitstag erkannt
hatte, schien ihr viel zu rein und heilig, um durch
solche Bemerkungen entweiht zu werden. Sie hatte
geglaubt, daß nur sie darum wüßte, daß es für immer


VI. IMS.

Vas neue ^tadttheater In Kiel. Nach einer Photographie von Waldemar Klär in Kiel. (5.120)
 
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