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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 43.1908

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.60739#0118
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ve^Luch MMe
fllustriette familienreiturig
5. fjest. 1908.

füsstin 5aja.
Homan von krich Ebenstem.

lffcrts^ftung.)

lNschdruck verboten.)

ainer und Sylvia kainen wirklich mit dem
Schnellzug, wie die Fürstin erwartet hatte.
Die Böller krachten, als sie sich Riedenau
näherten, unter dem Portal überreichte
ein weißgekleidetes Mädchen Sylvia
Blumen, und in der Halle stand die versammelte
Dienerschaft in Festkleidern.


Sylvia war sv farblos wie der weiße Flieder und
die Nelken, welche man ihr überreicht hatte. Ver-
wirrt, angstvoll beinahe glitten ihre Blicke über
die Dienerschaft, über die im Lichterglanz strahlende
Halle, in welcher eine Menge fremdländischer
Tinge, die Rainer von seinen Reisen mitgebracht,
ihren Platz hatten und über die kostbaren Teppiche

hin, die auf den Treppen zum ersten Stockwerk
lagen.
Sie, die so ärmlich aufgewachsen war, bedrückte
diese vornehme Pracht. Sie hatte sich vorgenommen,
wenigstens äußerlich ihrer Stellung gerecht zu wer-
den, nun empfand sie angesichts dieser zahlreichen
Dienerschaft plötzlich Angst. Würde sie den An-
forderungen, welche ein so großer Haushalt stellte,
auch gewachsen sein?
Mit einem schüchternen, unendlich liebreizen-
den Lächeln nickte sie ihren neuen Untergebenen
zu, und dieses Lächeln, das so kindlich und ganz
und gar nicht zeremoniell war, gewann ihr die
Herzen der Leute im Sturm, noch ehe sie ein Wort
gesprochen hatte.
Auch Rainer erwiderte die Begrüßung der Leute
lächelnd, aber es fiel allen auf, wie gezwungen sein
Wesen war. Er war, ganz im Gegensatz zu seiner
früheren, so rnhigen Art, aufgeregt, nervös und laut,
hielt eine sehr kurze, etwas scharfe Ansprache und

stellte dann einzelne der Leute feiner Frau vor.
Zuerst Sterban, den Verwalter, dann den Ober-
gärtner, den Förster Götz und als Hauptsache Fräu-
lein Peters, die „gute Fee von Riedenau", an welche
man sich mit allen Anliegen zu wenden habe und
der man diesen hübschen festlichen Empfang ver-
danke.
Fräulein Peters knickste errötend und lehnte
dieses Lob bescheiden ab. „Es ist alles die Idee
Ihrer Durchlaucht der Fürstin Lambach," sagte sie;
„auch die Zimmer oben sind genau nach den An-
gaben Ihrer Durchlaucht- eingerichtet worden, sie
war die ganze Woche hier, und wir führten nur ihre
Befehle aus."
In Sylvias Gesicht veränderte sich kein Zug bei
dieser Mitteilung, Rainers Blick aber leuchtete auf,
und das Blut schoß ihm in die Wangen.
„Wie gütig!" sagte er, und zu Sylvia gewendet
fügte er hinzu: „Großartig von Laja, sich unseret-
wegen so viele Mühe zu machen!"


V. 1408.

Der gute Kamerad. Nach einem SemZIde von 81elnmeh°IIoriL.
 
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