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DasBuchfüvAlls

Heft 1

rvatte schimmerte eine Perle, die dem Brillantring an Wert sicher
nur wenig nachgab. Seine Verhältnisse muhten also in den letzten
Jahren eine sehr günstige Wandlung erfahren haben; denn Goswin
erinnerte sich gut, daß er dereinst von den Tischgenossen nicht nur
wegen seiner platten Gesprächigkeit, sondern fast noch mehr wegen
seiner Vorliebe für kleine, rascher Vergessenheit geweihte Anleihen
gefürchtet worden war.
„Sie sind erst jetzt aus Amerika zurückgekehrt?" fragte er, um
von dem gefährlichen Freundschaftsthema abzulenken.
„Vor kaum zehn Wochen. Und es ist mir selber fast wie ein
Märchen, wenn ich daran denke, was ich in diesen kurzen zehn
Wochen geleistet habe. Sie haben selbstverständlich von unserer
Gesellschaft gehört, Herr Doktor?" meinte Hagenow leichthin.

„Ich bin vorwiegend in Strafsachen tätig. Aber Sie werden
unter der großen Zahl meiner hiesigen Kollegen mühelos den
gesuchten Syndikus finden."
„So kurzerhand sollten Sie mein Anerbieten doch nicht zurück-
weisen, lieber Doktor! Wahrscheinlich machen Sie sich noch kein
richtiges Bild von der Geschichte. Es handelt sich nämlich um eine
ganz großzügige Sache, um ein Riesenunternehmen, bei dem über-
haupt nicht anders als mit sechs Nullen gerechnet wird. In längstens
einem Jahr beherrschen wir den Markt unumschränkt."
„Meinen Glückwunsch. Sie haben ja in erstaunlich kurzer Zeit
Ihren Weg gemacht."
„Kurz? Was heißt: kurz? Das sind so deutsche Begriffe. Hier
braucht man freilich ein halbes Menschenleben, um es zu was zu

Oie eroberte nanemsche panzerfeste Monte Verena.


Goswin warf einen nochmaligen Blick auf die Besuchskarte und
schüttelte den Kopf. „Ich muß gestehen: nein. Aber das ist nicht
weiter merkwürdig, da ich mich um kaufmännische und technische
Dinge sehr wenig kümmere."
„Sollten Sie aber tun. Gerade als Rechtsanwalt. Woher sollen
Ihnen denn Ihre Goldschiffe kommen, wenn nicht aus diesen Re-
gionen? Wissen Sie auch, daß ich mit der festen Absicht hier herauf-
gestiegen bin, Sie für uns zu kapern?"
--Für Ihre Jndustriegesellschaft, Herr Hagenow?"
„Jawohl. Wir brauchen nämlich einen juristischen Berater und
Rechtsbeistand — sozusagen einen Syndikus. Und mein erster Ge-
danke, als diese Notwendigkeit sich herausstellte, waren Sie."
„Das ist sehr freundlich. Aber eine solche Tätigkeit läge ganz
außerhalb des von mir gewählten Arbeitsgebietes."
„Wieso? Das macht doch jeder Rechtsanwalt. Es wäre wahr-
haftig schlimm, wenn Sie sich nicht darauf verständen."

bringen. Drüben erledigt man das zwischen Montag und Freitag.
Oder, wenists sein muß, noch ein bißchen schneller. Alles, was man
dazu nötig hat, ist ein guter Gedanke. Daraus wird über Nacht ein
Plan — aus dem Plan eine Vereinigung von Kapitalisten — na,
und das übrige ergibt sich von selbst. Werden Sie mir>s glauben,
Doktorchen, daß ich noch vor einem halben Jahr keinen Pfennig
in der Tasche hatte? Ganz buchstäblich — auf Ehre! Und heute
bin ich der mächtige Leiter eines Unternehmens, wie es großzügiger
noch gar nicht dagewesen ist. Ja, das Schicksal hat seine Launen.
Man muß nur verstehen, sie zu nützen."
„Das ist ohne Zweifel die vernünftigste Philosophie. Aber,
wie gesagt, mein werter Herr Hagenow, wenn Sie sich nur deshalb
bemüht haben, um mir jenen freundlichen Vorschlag zu machen -—"
„Lassen Sie sich wenigstens erzählen, was ich im Sinne habe.
Für Ihr Ja oder Nein ist es dann immer noch früh genug. Das Ziel
unserer Gesellschaft ist, wenn nicht die gesamte, so doch den aus-
 
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