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Heft4 ZtlustnerteKmilienMuiU - wn -


Gemälde von A. Gebhard.

(Fortsetzung.)
n dem hageren Gesicht des Landgerichtsrats zuckte und
arbeitete es unheilkündend. Aber er beherrschte sich und ver-
barg seinen Unmut hinter einer Art von gemachter Gleich-
-Gültigkeit. „Mich darüber mit Ihnen auseinanderzusetzen,
liegt keine Veranlassung vor. Fassen Sie sich also, bitte, so kurz,
als es Ihrer Beredsamkeit möglich ist."
Und Detlefsen sprach. Ohne Überschwang, in kurzen, knappen,
fast abgehackten
Sätzen, aber in
einem Tone tief¬
innerster Über¬
zeugung, der ihm
schon nach den
ersten Sekunden
die gespannte
Aufmerksamkeit
der anfänglich
eher zur Heiter¬
keit als zu an¬
dächtiger Teil¬
nahmegeneigten
Hörer sicherte.
Über einige Ver¬
suche des Vor¬
sitzenden, ihn
durch ironische
Zwischenbemer¬
kungen zu unter¬
brechen, ging er
hinweg, als ob
sie sein Ohr gar
nicht erreicht hät¬
ten. Und die tiefe
Stille, die den
weiten Raum
erfüllte, mochte
dem Landge¬
richtsrat ein Zei¬
chen sein, das;
er sein Ansehen
nicht erhöhte, in¬
dem er diesem
seltsamen Zeu¬
gen das Wort
abschnitt. Am
Ende saßen ja
doch da an einem
langen Tische die
Berichterstatter
der großen Ta¬
geszeitungen, in
deren Spalten
zuweilen recht
unangenehme
Randglossen zu
dem Gebaren
dieses oder jenes

Verhandlungsleiters zu lesen waren. Und seit dem Angriff im
„Deutschen Herold" war Steinhausen für öffentliche Kritik sehr
empfindlich geworden. Er begnügte sich also, während der Rede
Detlefsens in augenfälliger Zerstreutheit mit seinem Bleistift zu
spielen oder bald nach rechts, bald nach links eine Bemerkung gegen
die Beisitzer zu machen.
Was Bernhard Detlefsen sagte, hatte in Wahrheit mit dem Tode
des Doktor Burkhardt nicht das mindeste zu schaffen. Es war nichts
als eine Beleuchtung des Seelenzustandes zweier Menschen, die
im Bewußtsein ihrer untrennbaren Zusammengehörigkeit durchs
Leben gegangen waren, in ihrer Ahnungslosigkeit unbekümmert um
die niedrigen Verdächtigungen der Leute, die das Tun der anderen
nur mit dem Maße ihres eigenen Denkens und Handelns zu messen
wissen. Er gab offen zu, daß er ihnen nie nahe gestanden und daß
nach dem land-
läufigen Begriff
nur von einer
oberflächlichen
Bekanntschaft die
Rede sein konnte.
Aber geradedes-
halb war er ein
um so aufmerk-
samerer und
unbefangener er
Beobachter ge-
wesen. Was ihn
angezogen hatte,
war nicht so sehr
die Persönlich-
keit Helmolts ge-
wesen, der ihm
von Anfang an
als ein mitleids-
würdigerKranker
erschienen war,
als vielmehr das
Verhalten und
die Besonder-
heit des jungen
Mädchens mit
der Klarheit und
Durchsichtigkeit
ihres Wesens.
„Helmolt sprach
von ihr wie
von einer älte-
ren Schwester,"
sagte er, „und
sie selbst hat
hier immer nur
den Ausdruck
Freundschaft ge-
braucht. Beides
stimmt nicht ganz.
Marianne Burk-
hardt ist nach
meiner Aberzeu-
gung eine von
jenen Frauen, in
denen die mütter-
lichen Instinkte
alle anderen zu-
Herbst. rückdrängen; sie

IV. ISI7.
 
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