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General Stöger-Steiner v. SteinMten, österreichisch-ungarischer Kriegsminister.

ein Myrtenkranz, kunstvoll umwunden von einem zarten Blonden-
schleier — Linas Hochzeitsschmuck. Ein Dutzend Silberlöffel, das
Geschenk der Frau Hofrätin, umrahmte ihn sternförmig.
Unter den perlengestickten Heiligenbildern standen die beiden
sehr dunkel gewordenen Ehebetten aus dem Elternhause Linas.
Die Professorsfrau verriet ihrer Freundin nicht, das; Karl in dem
kleineren Nebenstübchen schlief, das er sich selbst eingerichtet.

Lina in allen Ehren natürlich."

rau
und
Lächelnd nahm Lina der Freundin Hand:
— noch immer nicht kuriert von deiner Schwärmerei. Wie du
es meinst, kommt es doch nur in Büchern vor und nicht im Leben.
Ich habe gedacht, du liebst den Herrn v. Candussi und sonst nie-
manden, wie du es mir vor deiner Verlobung erzählt hast?"
Ein bißchen verlegen erwiderte Regina: „Schau, Lmerl, du bist
einmal von Kindheit an verurteilt, alle meine dummen Streiche
zu erfahren. So will ich auch nicht leugnen, das; ich noch immer
mein', es müßt' die ganz überwältigend grosze Liebe wirklich
geben. Ich hab' ja meinen Eheherrn aufrichtig gern, aber jeder
gute und kluge Mann, der mir entgegentritt, reizt mich zu er-
forschen, ob er der Liebe fähig wäre, von der die Dichter singen.
Verstehe mich recht, liebste
„Und in allen Ehren wirst
du deinem Manne wenig¬
stens in Gedanken untreu.
Regina, Regina! Nein, du
gehst nicht auf rechten We¬
gen, wenn du solche Gedan¬
ken hast."
„Weißt du, Linerl, mir
kommt's immer vor, als ob
ich schon einmal auf der Welt
gewesen sei. Da war ich sicher
irgend rine seltsame, schöne
Frau. Wer weiß, ob ich nicht
die Frau Venus gewesen bin,
deren Bild draußen im Ean-
dussihof hängt? Aber das ist
lang her. . . . Dann bin ich
die hübsche Bäckerstochter von
der Hofgassen in unserem
lieben Grätz geworden — und
jetzt die Frau Doktor o. Can¬
dussi halten zu Gnaden,
aufzuwarten!"
Mit einem zierlichen Knicks,
der die Freundin nachsichtig
und verstehend lächeln ließ,
machte Regina dem Gespräch
ein Ende und besah nun erst
Linas einfache Wohnung.
Das erste, größere Zimmer¬
war fast so eingerichtet wie
ehemals das Wohnzimmer
bei dem Herrn Liquidator in
der Sporgasse. Das alte Kla¬
vier stand der Glasservante
gegenüber; doch ihr Inhalt
zierte jetzt einen neuen Glas¬
kasten in Znaim. An seiner
Stelle lag im unteren Fache
auf einem rotenSeidenpolster

Die Frau des Gymnasialdirektors Vielmann erwartete die Damen
der Herren Professoren zum allmonatlichen Nachmittagskaffee.
In dem von Kletterrosen umrankten Gartenhaus war der Tisch
gedeckt. Etwas erhöht stand er in dem altmodischen Garten, dessen
Beete mit Buchsbaunr eingefaßt waren.
Bis zur lichtgrünen Sann hinab zog sich das schöne Grundstück.
Dort bargen die Meiden eine hölzerne Badehütte, welche die Pro-
fessorenfrauen mitbenützen durften.
Frau Vielmann war eine ältere, würdige Dame. Sie hatte nur
eine Tochter, die schon dreißig Jahre zählte; still und ruhig lebte
Fräulein Luise im Hause ihrer Eltern. Eben legte sie die letzte Hand
an den Blumenschmuck des Kaffeetisches.
Als erster Gast erschien die Frau des Professors Zängerl. Sie
trug stets eine unendliche Lie-
benswürdigkeit zur Schau.
Daheim aber spürten sie
nichts davon; sie quälte ihren
Eheherrn, den kleinen, schüch-
ternen Mathematikprofessor,
mit Geiz und Eifersucht. Rian
flüsterte von sehr unerquick-
lichen Szenen, die sich in der
Häuslichkeit des ungleichen
Ehepaares abspielen sollten.
Auf der halbrunden Gar-
tenbank unter dem großen
Nußbaum ließen sich die bei-
den Damen nieder, um die
übrigen Mitglieder des Kaffee-
kranzes zu erwarten.
„Ach, meine verehrteste
Frau Direktor, wie schätze ich
mich glücklich, Sie wiederzu-
sehen! Wie steht das werte
Befinden? Was macht der
hochgeschätzte Herr Gemahl?
Das Fräulein Töchterl ist
wohl immer fleißig? Wie
reizend, daß Fräulein Luise
selbst den Tisch deckt und für
unsere Bequemlichkeit sorgt.
Wie glücklich müssen sich hoch-
verehrte Frau Direktor füh-
len, solch einen Mann und
solch eine Tochter zu besitzen."
„Meine liebe Frau v. Zän-
gerl, Sie können sich doch
auch nicht beklagen. Wie geht
es dem Herrn Professor mit
seinen Magenschmerzen?"
„Sehr verehrte Frau Di-
rektor, der Zängerl ist oft
recht zuwider und macht An-

AWmuö vomCMbuMof
Voman aus der Steiermark umZ 8ZH
LoiMrmaWittula- ,
Worlsetzung.)
Regina schüttelte die Löckchen unter ihrem Rosenhute
preßte ihre schönen Zähne in die Unterlippe.
„Also bist du
 
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