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ArvMMw Sünberv
d)ori Friedrich Jacobsen,
m 1. Oktober 1879 trat die neue Gerichtsverfassung für
!! A Deutsche Reich in Kraft. Am gleichen Tage wurde
N Paul Barloff zum Amtsrichter ernannt.
Nicht weniges in seinem Leben war durch Eintreten be-
onderer äußerer Umstände und beachtenswerter Zufälle in be-
timmte Richtungen gebracht worden. Im Hochsommer siebzig
machte er am Grauen Kloster sein Kriegseramen und ließ sich
zunächst bei der
Juristenfakultät in
Berlin einschrei¬
ben; dann zog er
ins Feld, erwarb
das Eiserne Kreuz,
wurde zum Leut¬
nant der Reserve
befördert und be¬
gann zuOstern1871
mi der Friedrich-
Wilhelms-Univer¬
ität zu studieren.
Von da ab lief in
seinem Leben alles
wie am Schnürchen.
Die Leute mein¬
ten, daskämewohl
von: Vater, denn
der alte Barloff
war Geheimrat im
Finanz Ministerium.
Er war nun wohl
keiner von den ganz
Großen, eigentlich
nurGeheimerRech-
nnngsrat, aber
einer jener unbe¬
dingt zuverlässigen
Beamten alterOrd-
nung vom Wirbel
bis zur Zehe. Als
er in den Sielen
starb, machte Paul
seinAssessoreramen
mit Auszeichnung
und bekam bald dar¬
auf seine Anstellung
als Amtsrichter.
Im Grunde er¬
lebte er an diesem
Tag die erste kleine
Enttäuschung. Als
junger vermögens¬
loser Jurist stellte
er sich „zur Ver-

Berlin oder wenigstens in einer der größeren märkischen Städte
angestellt zu werden; mit der Auszeichnung konnte er sich im Vor-
zimmer Seiner Exzellenz wohl sehen lassen. Doch es kam anders;
man ließ ihn sein Amt in einem kleinen Nest an der nordschleswigschen
Westküste antreten. Merkwürdig schien es ihm, daß der Justiz-
minister wie von einer besonderen Auszeichnung sprach. „Dort
werden Sie sich die Sporen verdienen," waren seine Worte.
Die kleine Stadt am grauen Wattenmeer war nicht ohne ihren
Sänger geblieben, aber allein nur die zähe, stille Heimatliebe des
Schleswig-Holsteiners vermag ihre verborgenen Schönheiten zu ent-
decken. Als Paul Barloff sie zum erstenmal betrat, umstrich ihn Nebel
und näßte ihm die Stirn; er hörte die herben Schreie der Möwe —
Mitternachtstimmen, deren Deutung in dunkler Zukunft lag.
Im alten Gasthof ani Marktplatz, wo die Viehhändler bei starkem
Grog und nicht
weniger kräftigem
Rotspon zusam-
menkamen, besah
man sich den Alt-
preußen mit miß-
trauischen Blicken;
es fiel auf, daß er
sich nur eine halbe
Flasche Mosel be-
stellte und damit
seine Unkenntnis
von Land und Leu-
ten' bewies. Als
er aber in sei-
ner scharfen Ber-
liner Mundart zu
sprechen begann,
brummte in der
andern Ecke je-
mand etwas von
„Ostelbien"; weil
es der reiche An-
dreas Nissen auf
Dürhus war, der
überall den Ton
angab, kriegte das
Wort Flügel und
surrte und summte
jahrelang weiter.
Auch die Gestalt
und das Gesicht
des neuen Richters
forderte zu man-
cherlei Betrachtun-
gen auf. Sehr
bald fand man den
militärischen Zug
heraus, denn Paul
trug sein rötliches
Haar bis tief in
den Nacken ge-
scheitelt, und der
dicke Schnurrbart
hätte einem Feld-
webel nicht übel
gestanden. Solche
Äogenschießender Kentaur. Dinae lagen den

fügung", hoffte in-
des trotz allem in

Alberi Hußmann.

VWag der Neuen

VII. 1917.
 
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