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1- Russischer Reiterangriff (S. 27). — Allgemein herrscht noch der Glaube,
der Russe sei ein besonders geschickter Reiter. Diese Ansicht ist irrig, denn man weih
in der gesamten Heeresgeschichte keinen Fall zu nennen, wo russische Kavallerie-
massen eine in größerem Maßstab angelegte Attacke geritten hätten. Die Kosaken
sprengen wohl auf ihren flinken kleinen Pferden wild daher, aber doch nur in kleinen
Trupps, die höchstens als Erkundungsreiter Dienste leisten können. Nicht wie die
deutsche Reiterei mit der Lanze, sondern mit dem Säbel stürzen sich die russischen
Reiter gegen den Feind; nur das erste Glied der Kosaken ist im Besitz der Lanze.
Der russische Säbel vermag jedoch der deutschen Lanze nicht gleichzukommen, beim
Anprall wie bei der Verfolgung steht er bedeutend hinter der beweglicheren und
treffsicheren deutschen Lanze zurück.
m Herzog Rlbrecht V. von Bagern bestellt Grlando di Lasso zu seinem Kapell-
meister 1562 (S. 32).—Unter den Fürsten Deutschlands erwiesen sich die Wittelsbacher
seit alters als Pfleger und Förderer der Künste. Der schwergeprüfte Herzog Albrecht V.
liebte die Musik leidenschaftlich, vor allem die höhere kirchliche Musik. In Italien lebte
seit 1540 Giovanni Palestrina als glänzendstes Gestirn unter den Musikern Europas.
Der einzige Name, der sich neben dem großen Reiniger und Erneuerer der Kirchen-
musik hielt, ist der des Orlando di Lasso, der, 1520 zu Mons im Hennegau geboren,
eigentlich Roland Lattre hieß und nach der Zeitsitte seinen Namen latinisierte, woraus
die italienische Form wurde. Mit 21 Jahren war er Kapellmeister am römischen
Lateran. Durch Vermittlung des Augsburger Kaufherrn Fugger gewann Herzog
Albrecht den Tonkünstler 1557 für seine Hofkapelle und ernannte ihn fünf Jahre später
zum „obersten Kapellmeister". Kaiser Mar II. erhob ihn samt seinen Nachkommen
in den Adelsstand. Kirchliche und weltliche Musik, darunter kleine Komödien, in denen
er selbst sang und spielte, entstanden in den besten Münchener Jahren. Mit allen
Ehren überhäuft, starb er 1594 fast gleichzeitig mit Palestrina. Die zwei größten
Meister der Tonkunst des 16. Jahrhunderts gingen mit ihnen aus einer Welt, die
beiden reichlich vergalt, was sie ihr boten.
IZ Deutscher Gegenangriff an der Somme (S. 36 und 37). — Grauenvolles,
sieben Tage dauerndes Trommelfeuer an der Front von der Nordsee bis Roye
leitete in der letzten Juniwoche die lange verkündete, lange vorbereitete große Offen-
sive der Engländer und Franzosen ein. Was die Deutschen in zwei ruhmvollen Kriegs-
jahren erreicht hatten, das vermeinten die Gegner in wenigen Wochen ihnen ent-
reißen zu können. Der letzte große Ansturm sollte es werden, der wie eine Lawine
über die „längst zermürbten" deutschen Truppen hereinbrach, sie haltlos hinwegfegend.
Bei den Deutschen wurde die Offensive mit Ruhe erwartet; man war darauf vor-
bereitet. Nicht weniger als 36 Divisionen setzte der Gegner im Verlauf des ersten
Monats gegen ein Frontstück von etwa 50 Kilometer an — 36 Divisionen außer dem
Gardekorps, das ist der gesamte Friedensstaud des preußischen Heeres — und es waren
frische und monatelang geschonte Truppen. Wenn einmal die genauen Zahlen der
paar deutschen Divisionen, die ihnen standhielten, bekannt sein werden, dann ist erst
ganz die Größe dieser Leistung zu ermessen. Nach einem vollen Monat schwerster
Kämpfe im Sommeabschnitt hatten die Angreifer noch entfernt die Linie nicht er-
reicht, an der sie nach einem bei gefallenen englischen Offizieren gefundenen Armee-
befehl am Abend des 1. Juli hätten stehen sollen. Wie man es deutscherseits er-
wartet hatte, gelang es dein ungeheueren Massenansturm, die deutsche Linie ein
wenig zurückzubiegen — längst aber nicht, sie zu durchbrechen, sie aufzurollen. In
einem stumpfen Winkel ist die große Offensive nun aufgefangen und tobt erfolglos
weiter gegen die Widerstände. Ein Durchbruch aber muß im ersten Aurennen ge-
lingen, sonst bleibt er aussichtslos. Ungeheuer sind die Verluste, die diese Offensive
die Alliierten kostete; sie erreichten schon im Verlaufe des ersten Monats eine Viertel-
million. Zwei Drittel davon entfielen auf die Engländer. Die Deutschen aber nutzen
ihre Mittel und Kräfte mit überlegener Einsicht; ein Gegenstoß wird nur angesetzt,
wo eine taktisch wertvolle Verbesserung ihrer Stellungen zu erreichen ist. Auf die
übrige Front, insbesondere bei Verdun, hat die Sommeschlacht keineswegs die von
den Alliierten erwartete Wirkung gehabt. Der Eeländegewinn, den die Deutschen
gleichzeitig hier errangen, übertrifft den der großen Offensive an der Somme.
m Johann Poppel gründet das Waisenhaus zu München 1742 (S. 39). — In
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war Bayern der Schauplatz heftiger Kriegs-
läufte mit all ihren damaligen schweren Folgen von Hunger und Not. Man half
wohl aus Herzensgüte oder Mitleid, selten aus Pflichtgefühl und noch weniger mit
Verstand. Am übelsten waren elternlose Kinder daran; sie lebten vom Bettel,
verwilderten und verkamen. In dem harten Winter des Jahres 1742 bettelten
eine Menge Waisen in den Straßen Münchens um Brot und Obdach.
Johann Michael Poppel, ein armer Faßbinderssohn aus der Au, hatte studiert,
dann als Lehrgehilfe in Waisenhäusern gewirkt, war Franziskanerbruder geworden,
wieder aus dem Kloster gegangen und ernährte sich kümmerlich mit Stunden-
geben. Dem armen Mann ging das Elend der bettelnden Waisen ans Herz. Er
mietete in der Au um geringes Geld eine große Stube, sammelte am 30. No-
vember 1742 dreißig Knaben und Mädchen, führte sie zuerst in die Mariahilferkirche
und brachte sie dann in seine Stube, wo er sie uährte, kleidete und unterrichtete. Zu
betteln brauchten sie nun nicht mehr; das tat Johann Poppel unermüdlich für seine
Pfleglinge. Nach den verheerenden Kriegen sammelte man in den Kirchen für
die Armen, Krüppel und Waisen. Damals kam auch für Poppel so viel Geld zu-
sammen, daß er ein eigenes Haus neben der Kirche erwerben konnte, wenn auch
nicht ohne Schulden. Frei von schweren Lasten wurde der opferfreudige Mann
erst, als man ihm 1751 ein Sammelpatent ausstellte. In langen Jahren fand er
außer dem Kurfürsten Mar III. zweiundsiebzig dauernde Gönner, durch deren Bei-
träge er sein Waisenhaus instand hielt. Bei seinem Tod war alles wohlbestellt und
ein Vermögen von fünftausend Gulden in bar vorhanden. Von 1742 bis 1791
hatte das Haus über dreieinhalbtausend Kinder ausgenommen und die meisten als
brauchbare Menschen ins Leben entlassen. Sein edles Werk hat den Braven überlebt.
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1- Russischer Reiterangriff (S. 27). — Allgemein herrscht noch der Glaube,
der Russe sei ein besonders geschickter Reiter. Diese Ansicht ist irrig, denn man weih
in der gesamten Heeresgeschichte keinen Fall zu nennen, wo russische Kavallerie-
massen eine in größerem Maßstab angelegte Attacke geritten hätten. Die Kosaken
sprengen wohl auf ihren flinken kleinen Pferden wild daher, aber doch nur in kleinen
Trupps, die höchstens als Erkundungsreiter Dienste leisten können. Nicht wie die
deutsche Reiterei mit der Lanze, sondern mit dem Säbel stürzen sich die russischen
Reiter gegen den Feind; nur das erste Glied der Kosaken ist im Besitz der Lanze.
Der russische Säbel vermag jedoch der deutschen Lanze nicht gleichzukommen, beim
Anprall wie bei der Verfolgung steht er bedeutend hinter der beweglicheren und
treffsicheren deutschen Lanze zurück.
m Herzog Rlbrecht V. von Bagern bestellt Grlando di Lasso zu seinem Kapell-
meister 1562 (S. 32).—Unter den Fürsten Deutschlands erwiesen sich die Wittelsbacher
seit alters als Pfleger und Förderer der Künste. Der schwergeprüfte Herzog Albrecht V.
liebte die Musik leidenschaftlich, vor allem die höhere kirchliche Musik. In Italien lebte
seit 1540 Giovanni Palestrina als glänzendstes Gestirn unter den Musikern Europas.
Der einzige Name, der sich neben dem großen Reiniger und Erneuerer der Kirchen-
musik hielt, ist der des Orlando di Lasso, der, 1520 zu Mons im Hennegau geboren,
eigentlich Roland Lattre hieß und nach der Zeitsitte seinen Namen latinisierte, woraus
die italienische Form wurde. Mit 21 Jahren war er Kapellmeister am römischen
Lateran. Durch Vermittlung des Augsburger Kaufherrn Fugger gewann Herzog
Albrecht den Tonkünstler 1557 für seine Hofkapelle und ernannte ihn fünf Jahre später
zum „obersten Kapellmeister". Kaiser Mar II. erhob ihn samt seinen Nachkommen
in den Adelsstand. Kirchliche und weltliche Musik, darunter kleine Komödien, in denen
er selbst sang und spielte, entstanden in den besten Münchener Jahren. Mit allen
Ehren überhäuft, starb er 1594 fast gleichzeitig mit Palestrina. Die zwei größten
Meister der Tonkunst des 16. Jahrhunderts gingen mit ihnen aus einer Welt, die
beiden reichlich vergalt, was sie ihr boten.
IZ Deutscher Gegenangriff an der Somme (S. 36 und 37). — Grauenvolles,
sieben Tage dauerndes Trommelfeuer an der Front von der Nordsee bis Roye
leitete in der letzten Juniwoche die lange verkündete, lange vorbereitete große Offen-
sive der Engländer und Franzosen ein. Was die Deutschen in zwei ruhmvollen Kriegs-
jahren erreicht hatten, das vermeinten die Gegner in wenigen Wochen ihnen ent-
reißen zu können. Der letzte große Ansturm sollte es werden, der wie eine Lawine
über die „längst zermürbten" deutschen Truppen hereinbrach, sie haltlos hinwegfegend.
Bei den Deutschen wurde die Offensive mit Ruhe erwartet; man war darauf vor-
bereitet. Nicht weniger als 36 Divisionen setzte der Gegner im Verlauf des ersten
Monats gegen ein Frontstück von etwa 50 Kilometer an — 36 Divisionen außer dem
Gardekorps, das ist der gesamte Friedensstaud des preußischen Heeres — und es waren
frische und monatelang geschonte Truppen. Wenn einmal die genauen Zahlen der
paar deutschen Divisionen, die ihnen standhielten, bekannt sein werden, dann ist erst
ganz die Größe dieser Leistung zu ermessen. Nach einem vollen Monat schwerster
Kämpfe im Sommeabschnitt hatten die Angreifer noch entfernt die Linie nicht er-
reicht, an der sie nach einem bei gefallenen englischen Offizieren gefundenen Armee-
befehl am Abend des 1. Juli hätten stehen sollen. Wie man es deutscherseits er-
wartet hatte, gelang es dein ungeheueren Massenansturm, die deutsche Linie ein
wenig zurückzubiegen — längst aber nicht, sie zu durchbrechen, sie aufzurollen. In
einem stumpfen Winkel ist die große Offensive nun aufgefangen und tobt erfolglos
weiter gegen die Widerstände. Ein Durchbruch aber muß im ersten Aurennen ge-
lingen, sonst bleibt er aussichtslos. Ungeheuer sind die Verluste, die diese Offensive
die Alliierten kostete; sie erreichten schon im Verlaufe des ersten Monats eine Viertel-
million. Zwei Drittel davon entfielen auf die Engländer. Die Deutschen aber nutzen
ihre Mittel und Kräfte mit überlegener Einsicht; ein Gegenstoß wird nur angesetzt,
wo eine taktisch wertvolle Verbesserung ihrer Stellungen zu erreichen ist. Auf die
übrige Front, insbesondere bei Verdun, hat die Sommeschlacht keineswegs die von
den Alliierten erwartete Wirkung gehabt. Der Eeländegewinn, den die Deutschen
gleichzeitig hier errangen, übertrifft den der großen Offensive an der Somme.
m Johann Poppel gründet das Waisenhaus zu München 1742 (S. 39). — In
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war Bayern der Schauplatz heftiger Kriegs-
läufte mit all ihren damaligen schweren Folgen von Hunger und Not. Man half
wohl aus Herzensgüte oder Mitleid, selten aus Pflichtgefühl und noch weniger mit
Verstand. Am übelsten waren elternlose Kinder daran; sie lebten vom Bettel,
verwilderten und verkamen. In dem harten Winter des Jahres 1742 bettelten
eine Menge Waisen in den Straßen Münchens um Brot und Obdach.
Johann Michael Poppel, ein armer Faßbinderssohn aus der Au, hatte studiert,
dann als Lehrgehilfe in Waisenhäusern gewirkt, war Franziskanerbruder geworden,
wieder aus dem Kloster gegangen und ernährte sich kümmerlich mit Stunden-
geben. Dem armen Mann ging das Elend der bettelnden Waisen ans Herz. Er
mietete in der Au um geringes Geld eine große Stube, sammelte am 30. No-
vember 1742 dreißig Knaben und Mädchen, führte sie zuerst in die Mariahilferkirche
und brachte sie dann in seine Stube, wo er sie uährte, kleidete und unterrichtete. Zu
betteln brauchten sie nun nicht mehr; das tat Johann Poppel unermüdlich für seine
Pfleglinge. Nach den verheerenden Kriegen sammelte man in den Kirchen für
die Armen, Krüppel und Waisen. Damals kam auch für Poppel so viel Geld zu-
sammen, daß er ein eigenes Haus neben der Kirche erwerben konnte, wenn auch
nicht ohne Schulden. Frei von schweren Lasten wurde der opferfreudige Mann
erst, als man ihm 1751 ein Sammelpatent ausstellte. In langen Jahren fand er
außer dem Kurfürsten Mar III. zweiundsiebzig dauernde Gönner, durch deren Bei-
träge er sein Waisenhaus instand hielt. Bei seinem Tod war alles wohlbestellt und
ein Vermögen von fünftausend Gulden in bar vorhanden. Von 1742 bis 1791
hatte das Haus über dreieinhalbtausend Kinder ausgenommen und die meisten als
brauchbare Menschen ins Leben entlassen. Sein edles Werk hat den Braven überlebt.
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