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Das handelsunterfeedoot „Deutschland" bei der Heimkehr auf der Weser.
Ein Aufatmen ging durch ganz Deutschland, als Kapitän Königs Handelsunterseeboot
unversehrt vor der Wesermündung angekommen war. Zu beklemmendem Druck fast
war die Erwartung geworden, den die Nachricht von der glücklichen Heimkehr der
„Deutschland" in Jubel löste. Geheim war die erste Ausfahrt geblieben, dann tauchte
das kleine graugrüne Schiff Plötzlich im Hafen von Baltimore auf, wie ein Meerwunder,
ein Gruß aus Märchenlanden. Aber das Wunder zeigte sich als eine bedeutungs-
volle, ganz nüchterne Tatsache, die Verkörperung eines unbeugsamen stählernen
Willens, einer ungebrochenen Tatkraft. Das winzige Schiff, der „Ozeanzwerg",
ist ein Symbol für das Land, dessen Namen es über das Weltmeer trug. Um die
Heimfahrt wußte die ganze Welt, wußten die Feinde, die ihm auflauerten: 33 Krieg-
schiffe waren aufgeboten, um das eine kleine waffenlose Boot zu jagen — vergebens.
Die Führung des Tauchbootes hatte die denkbar größten Schwierigkeiten zu über-
winden. Die glückliche Rückkehr der „Deutschland" hat den ganz unbestreitbaren
Beweis erbracht von der Unwirksamkeit der englischen Blockade; von den 4200 See-
meilen der Fahrt mußten nur 100 unter Wasser zurückgelegt werden. Zu einem
Triumphzug gestaltete sich die feierliche Einfahrt in den Bremer Hafen; wie Sieger
wurden Führer und Mannschaft empfangen, mit vollem Recht wie Sieger. Die
Heimfahrt war für Mannschaft wie Schiff eine scharfe Probe auf Tüchtigkeit ge-
wesen. Schwere Stürme
warfen Welle um Welle
über das aufgetauchte
Schiff. An der engli¬
schen Küste herrschte
starker Nebel, in der
Nordsee wieder schwerer
Seegang. Aber tadel¬
los, ohne Störung haben
die Maschinen während
der ganzen Fahrt ge¬
arbeitet, der Schiffskör¬
per hat jeden Wasserdruck
ausgehalten. Ein Zeug¬
nis für die Güte deutscher
Arbeit. Mitten im Krieg,
den die ganze Welt voll
Spannung verfolgt, hat
die friedliche Fahrt der
„ D euts chland " d as grö ßte
Aufsehen erregt. Was
hätte im Frieden eine
Ladung von etwa 750
Tonnen für eine Fahrt
über den Ozean bedeu¬
tet? Der Krieg und die
Unmöglichkeit, sie selber
herzustellen wie sie zu
bekommen, hatten in
Amerika den Preis der
Farbstoffe und Arznei¬
mittel auf eine solche
Höhe getrieben, daß die
verhältnismäßig kleine
Ladung großen Wert
besaß. Im Frieden hatte
Deutschland für etwa 32,4 Millionen Mark nach den damaligen Preisen Anilinfarben
und andere Teerfarbstoffe allein nach Amerika ausgeführt. Schon vor vielen Mo-
naten strebte die Regierung der Vereinigten Staaten den erneuten Bezug von
Farbstoffen aus Deutschland an. Die deutsche Regierung ging darauf ein unter der
Bedingung, daß amerikanische Schiffe mit Baumwolle als Fracht für den Hin-
weg die Farbstoffe abholen sollten. Das ließ England nicht zu. Deutschen Handels-
unterseebooten vermag England nichts zu verbieten. Und diese Neuanknüpfung
des Handelsverkehrs mit Amerika hat ihren Wert für die deutsche Volkswirt-
schaft. Daß aber die Rückfracht der „Deutschland", Gummi und Nickel, eine
wichtige Ergänzung der Vorräte für den deutschen Heeresbedarf bildet, ist ohne
weiteres klar. Das Handelsunterseeboot ist in seinen Ausmaßen wie in seiner
Form durchaus von dem O-Boot als Kriegschiff verschieden, was in der Ver-
schiedenheit der Aufgaben, für die beide gebaut sind, begründet liegt. Für das
Handelsboot kommt es auf Geschwindigkeit nicht so sehr an, dagegen sind Lade-
fähigkeit und Reichweite wesentlich. Die Ladefähigkeit wird durch Form und Größe
des Schiffes bedingt, diese hängt wiederum von der Leistungsfähigkeit der Motoren
ab. Die Menge des Brennstoffs, den die Motoren beanspruchen, beeinträchtigt
wiederum die Ladefähigkeit. Das mußte also alles zueinander in Einklang ge-
bracht, der vorhandene Raum möglichst gut ausgenüht werden. Alle Einrichtungen
für die Bedienung des Schiffes befinden sich in der Zentrale; über der sich der ge-
räumige Kommandoturm erhebt. Zu beiden führt je ein Sehrohr. Zwei Lade-
masten erleichtern das schnelle Laden und Entladen und dienen zugleich der funken-
telegraphischen Einrichtung. Die Laderäume liegen vor und hinter der Zentrale;
Tunnels führen durch sie hindurch als Verbindungswege zum Maschinenraum und
zu den Wohnräumen, die in Bug- und Heckraum untergebracht sind.
1 Überrannt (S. 5l). — Planmäßig, auf die Minute festgesetzt, geht der An-
griff auf einen feindlichen Graben vor sich. Während tage-, bei größeren Unter-
nehmungen oft wochenlanger Vorbereitungen gilt es, die in der feindlichen Front
etwa vorhandenen schwächer verteidigten Stellen aufzufinden, um dort den An-
griff ansehen und bestimmen zu könneu, in welcher Breite er zu uehineu ist und wie
weit er vorgetragen werden soll. Jin voraus muß berechnet werden, wieviel Truppen

für die ersten Vorstöße vorhanden sind und welche Anzahl für die letzte Entscheidung
in Reserve gehalten werden soll, ebenso, wieviel Batterien feuern werden, welche
Anzahl von Geschossen zur Verfügung steht. Auch technische Maßnahmen sind not-
wendig. Zur Unterbringung der durch die Munitionskolonnen herangebrachten Ge-
schosse und der Reservetruppen ist oftmals eine Erweiterung der Gräben erforderlich,
die Ausfallstellen werden hergestellt. Nur wenn diese Vorarbeiten mit größter Vor-
sicht geschehen, führt der Plan, den ahnungslosen Gegner zu überreunen, zu
vollem Erfolg. Sind sämtliche Vorbereitungen beendet, gibt der Befehl Zeit und
Art des Angriffs bekannt. Das den Sturm einleitende Artilleriefeuer setzt ein,
vom Feinde heftig erwidert. Dann rücken die Kolonnen in die Gräben, ihre Plätze
einnehmend. Die Uhr erreicht die befohlene Zeit des Sturmes. Der Handgranaten-
trupp rast als erster hinaus, ihm folgen die Jnfanteriepioniere, um dort mit
Drahtscheren Wege zu bahnen, wo die Artillerie nicht verheerend genug war, alle
Hindernisse zu beseitigen. Die nachflutenden Gruppen setzen sich in den ersten
Gräben fest, mit Handgranaten und Bajonett alles niedermachend, was nicht die
Hände hebt.
s Römische Ruine (S. 55). — Der Reisende, der, Rom hinter sich lassend,
hinausfährt in die Campagna, ist erstaunt und seltsam ergriffen zugleich von dem
Eindruck, den diese einsame Steppe auf ihn macht. Wie ein großer Friedhof liegt
das Land mit seinen
Ruinen gewaltiger Was-
serleitungen, den ver-
fallenen Gebäuden und
Tempeln vor ihm; hin
und wieder nur leuch-
ten die flachen Häuser
der wenigen Ansiedler
lebenverratend inmitten
des ewigen Sterbens.
Zur Zeit des alten Rom
war die Campagna die
herrlichste und frucht-
barste Gegend. Städte
und Ortschaften entstan-
den hier, und inmitten
riesiger Lustparke, Gär-
ten und Weinberge rag-
ten die gewaltigen, mit
aller verschwenderischen
Pracht damaliger Zeit
ausgestatteten Villen rei -
cher Römer. Durch diese
grenzenlose Prachtliebe,
große Strecken des Lan-
des in Park- und Villen-
anlagen zu verwandeln,
nahm die Entvölkerung
zu uud der Ackerbau ab,
so daß Horaz mit Recht
klagte: „Nur wenige Hufe
gönnt dem Pfluge noch
die Pracht der Königs-
bauten." Kriege, die
über das Land brachen,
führten die Zerstörung
der meisten Städte herbei, die mit der Zeit gänzlich verschwanden oder zu öden
Flecken sanken. Als schlimmster Feind trat aber die in den heißen MoUaten er-
zeugte Fieberluft auf, die nicht nur die Campagna unbewohnbar, sondern auch
Rom ungesund machte. Vergebens waren die Bemühungen verschiedener Päpste,
die einst so blühende Gegend wieder anbauen zu lassen, um neben dem Gewinn an
Ackerland die Gefährdung Roms abzuwenden, und bis heute noch waren alle Ver-
suche eiues Schutzes gegen die gefährliche Fieberluft umsonst. Nur wenige Stellen
des Landes sind bebaut, und seltsam ist der Eindruck auf den Reisenden, der, die
Überreste des mächtigen Zirkus des Marentius besuchend, im Inneren, wo einst
Wagenrennen und glänzende Spiele stattfanden, Bauersleute mit dem Pflug be-
schäftigt oder wogende Felder sieht. Und immer bieten sich dem Wanderer die
eigenartigsten Bilder. An Grabmälern vorbei, die in der Ode trauern, tritt er in
den Schatten eines verlassenen Tempels, oder nach langer Wanderung auf ein-
samem Wege nimmt ihn ein stiller, märchenhaft verträumter Hain auf, dessen
verlassene Säulen und Trümmer erzählen von des Landes Pracht und Schönheit
vor Jahrtausenden.
t Rusräumungsarbeiten auf einem galizischen Schlachtfeld (S. 60 u. 61). — Mag
das Wort „aufräumen" seltsam klingen, es ist dennoch so: das Schlachtfeld wird auf-
geräumt, wie man ein in Unordnung geratenes Zimmer in Ordnung bringt. Tornister,
Zeltblätter, Brotsäcke, Gewehre, Bajonette, Mäntel, Revolver, alles, was an größeren
Gegenständen sich ank Boden findet, wird von den Aufräumungsmannschaften ge-
sammelt und auf Wagen geladen. Und oft ist das, was hier gefunden wird, das letzte
Lebenszeichen des Menschen, dem es gehörte, ein Zeuge bitterster Stunden. Mit
der Geste stählerner Abwehr waren sie, die hier fielen, gestorben; stählerne Fort-
setzung der Hand war das Bajonett, das hier fast überall das letzte Wort sprach.
Dort, wo Tote liegen, graben alte Männer und Frauen aus dem Dorfe Gräber.
Sie schaufeln ein Loch, man legt die toten Körper hinein, frische Erde jetzt, wer weiß,
ob später ein Kreuz die Stelle bezeichnet, wo sie liegen. Gefühllos werden die
Leute, die das Totengrüberamt besorgen. Tote sind für sie eine Sache, das Leichen-
begraben ein Beruf, der ihuen nicht schwerer und nicht aufregender erscheint als
ihre bisherige Tätigkeit, den Acker umzugraben.


Phot. O. Neeh, Lehe a. d. W.
Das Handelsunierseeboot „Deutschland" bei der Heimkehr auf der Weser.
 
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