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159

liebenswürdiger, als er es zu hoffen gewagt hatte. Mit ausge-
streckter Hand kam ihm der in einem tadellosen Anzug steckende und
von köstlichem Wohlgeruch umschwebte Herr Generaldirektor entgegen-
„Schön, daß Sie sich endlich einmal blicken lassen, liebster Doktor!
Wenn ich nicht mit Geschäften überlastet wäre, hätte ich mir schon
längst das Vergnügen gemacht, Sie wieder aufzusuchen. Bitte —
nehmen Sie Platz! Sie rauchen doch, verehrter Freund? Ich kann
Ihnen da mit etwas Vorzüglichem dienen. Ein Kraut, das sonst
nur für gekrönte Häupter wächst, Lieblingsmarke weiland König
Eduard des Siebenten von England. Bei Zigarren darf man ja
den Preis nennen: sieben Mark das Stück. Fein — wie?"

Nach einem Gemälde von p. Hoeniger.
Höflich hatte Goswin dem dargebotenen Kistchen eine der Riesen-
zigarren entnommen und sie an dem elektrischen Anzünder in Brand
gesetzt, obwohl er Nichtraucher war und schon bei den ersten Zügen
merkliches Unbehagen verspürte.
„Ausgezeichnet!" lobte er. „Wenn man aus der Kostbarkeit
dieser Zigarre auf alles übrige schließen darf, haben Sie keine Ur-
sache zu klagen."
„Hab' ich auch nicht, Doktorchen. Die Geschichte entwickelt sich
glänzend. Noch ein paar Monate, und es wird ein richtiger Millionen-
regen auf uns niedergehen. Sie sollten sich meinen neulichen Vor-
schlag immer noch überlegen. Es gäbe eine Menge für Sie zu tun.
Und eins immer einträglicher als das andere."

„Sie haben also noch nicht mit einem meiner Kollegen abge-
schlossen?"
„Unter uns gesagt: ja, wir haben schon eine vertragliche Ab-
machung. Aber wir sind eben auf dem Punkte, sie wieder zu lösen."
„Darf ich fragen, mit wem?"
„Mit dem Justizrat Sievers. Sie kennen ihn ja. Eine von den
großen Kanonen. Aber es war ein Mißgriff. Der Mann ist nicht
das, was wir brauchen."
„Das nimmt mich wunder. Er gilt doch für hervorragend
tüchtig und sitzt im Aufsichtsrat so und so vieler Gesellschaften."
„Stimmt. Aber ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe. Im

Spreetunnelbau an der Weidendammer Brücke in Berlin,
strengsten Vertrauen natürlich. Er ist für uns zu pedantisch — zu
kleinlich. Sie verstehen, wie ich es meine."
Goswin sah sich nach einem Aschbecher um, in den er die unge-
heure Zigarre unauffällig hätte versenken können. Hagenow aber
bot ihm statt dessen wieder den Anzünder.
„Sie dürfen das Kraut nicht ausgehen lassen, lieber Doktor!
Es wäre Sünde. — Ja, wie gesagt: Sievers ist nicht großzügig
genug für uns. Überall kommt er mit Bedenklichkeiten. Davon,
wie man ein so gigantisches Unternehmen in die Höhe bringt, hat
er gar keinen Begriff. Das wäre viel eher was für Sie, verehrter
Freund!"
„Woraus schließen Sie das?"
 
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