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DasBuchfüvAlle

Heft?

164

Gefreiter Böla hält sich zurück. Vorsichtig späht er nach seiner
Geliebten. Er fühlt tief, daß Freude töten kann; man hat ihn ja
totgesagt, ihn, der mit heilen Gliedern hinter seinem Herrn steht,
sein Teuerstes suchen kommt. Aber nirgends ist Bozöna, er findet sie
nicht unter den drängenden Menschen, unter wenig bekannten und
vielen fremden Gesichtern. Aber die braune Hanöwka weih, was er
sucht. „Bozöna!" ruft sie, „Vozöna, hör doch! Dein Bola lebt!" Im
Keller hört es das Mädchen, das beim Vater kniet, den sie am Morgen
frei liehen. Teilnahmlos liegt der Hüne Radim Kuchmka; als er
sich in der Frühe ins Haus geschleppt, war es aus mit seiner Kraft.
Frau und Tochter wissen nicht, wie sie ihm helfen sollen, aber sie
sehen ihn gerettet; jetzt, wo der Hof sich mit freudigem Lärm füllt,
wissen sie auch, datz die Russen abgezogen sind... sie hören, datz
Ungarn und Preußen im Hofe stehen, aber stumm und schweigend
harren sie mit vielen von den Ärmsten, denen der Weidhof das letzte
Obdach wurde.
Bozena zittert, als sie den Namen Bola hört, zuckt zusammen und
faßt nach ihrem Herzen. Was soll ihr der Name? Weitz Hanöwka
nicht, datz tausend Husaren kommen können, und datz der eine nie
wiederkehrt?
Die Magd kommt in den Keller, geht zu Bozöna, fatzt ihre Hände.
„Hörst du nicht? Bola lebt. Ich habe ihn mit meinen Augen gesehen."
Bozöna will aufschreien, die Stimme versagt ihr. Sie will auf-
springen, und die Knie weigern den Dienst. Sie greift um sich,
Pfarrer Wallnöfer fängt sie in seinen Armen auf. Aus weiter Ferne,
indes ihr ein Blutstrom durch die Wangen schietzt, hört sie Worte, die
sie zu neuem Leben wecken: „Gott hat dein Flehen erhört! Sei
getrost, sei stark, meine Tochter! Wahr ist, was Hanoieka sagt —"
Vozona richtet sich auf, stürzt zur Treppe, und oben steht einer,
braun und zerschunden; er fängt sie in seine Arme, pretzt sie an sich
und hält sie fest. Sie sehen sich in die Augen, wollen jauchzen;
nur ein wirres, glückseliges Stammeln kommt von ihren Lippen.
Kein Traum, der verweht im Wachen. Es ist Tag, Helle Sonne.
Bozöna hält ihr Glück fest mit zitternden Händen. Drautzen schmet-
tern die Trompeten der Rainerhusaren; der Leutnant Graf Nik
Prochazka tritt mit seiner Schwester Gisela auf die Glücklichen zu.

„Du hast Vakanz bis morgen, Bola! Hast dir's verdient. Seid
glücklich!"
Und wie er seinem treuen Waffenkameraden, drückt Gräfin
Gisela die Hände Bozönas; Graf Andrassy kommt lachend hinzu:
„Schau, schau! Wie der Herr, so der Knecht! Wird nit lang währen,
und ich seh' dich auch so dastehn, Nik! — Ja, und alsdann, meine
liebe Gräfin — wir laden uns heut bei Ihnen zu Gast. Unsere
Schwadron bleibt am Ort. Sind wir willkommen?"
„Herzlich willkommen!" Gisela reicht dem Grafen und dem
Leutnant Stefanovits die Hand. „Nur fürlieb müssen Sie nehmen.
Noch ist's nicht zu fassen, datz alles vorüber sein soll."

Nach langen Monaten leuchtete über Galiziens Hauptstadt die
Freiheit. Nik Prochazka schrieb aus Lemberg. Er führte die Schwa-
dron, die am Tag der Eroberung Radomysls in Schlotz Nowo-Wielki
zur Rast lag. Bola Keresztes stand unter ihm als Korporal; die
Tapferkeitsmedaille schmückte seine Brust. Radomysl erholte sich
von den russischen Schreckenstagen. Die leidumwobenen Todes-
stätten blieben, und mit ihnen vieler Kummer. Frühling und Som-
mer aber brachten neues Blühen und Reifen und Hoffnung.
Auch über dem Weidhof ging die Sonne wieder auf. Radim
Kuchinka ging gealtert, aber nur unmerklich gebückt; Gram und
Verbitterung schwanden aus seinem Gesicht.
Dankbar nahm er Gräfin Zitas Hilfe an, durch die ihm möglich
wurde, einen grotzen Teil des Kallneinschen Viehstands zu erwerben.
Matula, der Bürgermeister, half ihm; sie wutzten ja alle, wie viel
Unrecht ihm durch den schlechten Nachbar widerfahren war. Den
Knecht Kracek sah man am Morgen, der die Befreier brachte, neben
dem russischen Kriegsgerichtsrat mit Kallneins Pferden davonfahren.
Auf andere Hilfe durfte der alte ehrenhafte Bauer hoffen. Er-
hörte ohne Unwillen zu, wenn ihm Bozona sagte: „Bis das Winter-
korn auf die Acker gesät wird, kann dir Bola vielleicht schon helfen.
Versprochen hat er's; Gott schenke ihm glückliche Heimkehr!"
Sooft sie von Bola sprach, überflog glückliches Leuchten Bozonas
Gesicht. Sie wutzte, datz der Vater gleich ihr den tapferen, ehrlichen
Mann freudig erwartete.


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4 Auf der deutsch-türkischen Etappenstratze am Sinai (S. 147). — Der Name
Sinai hat seinen Klang aus der Religionsgeschichte. Im Süden der Zwischen Mittel-
und Rotem Meer gelegenen Halbinsel erhebt sich das vielgipflige, scharfgeränderte
Sinaigebirge, dessen heutiger Dschebel Musa allgemein als der Gesetzgebungsberg
angesehen wird. Das ganze Gebirge ist felsig und zerrissen; verschiedene Gebiete
sind jetzt noch unerforscht. Die Ebene, die stets nur gering bevölkert war, da das
Land infolge der Wasserarmut nur wenig und schwer zu bebauen ist, ist fast durchweg
Wüste. Niemals hat Sinai seit der vierzigjährigen Wanderung des Volkes Israel
wieder eine historische Rolle gespielt, bis es im Weltkriege zum Schauplatz der Kämpfe
zwischen Türken und Engländern wurde. Von neuem fechten jetzt die Osmanen
mit ihren deutschen und österreichisch-ungarischen Verbündeten gegen die Briten.
Aber nicht nur gegen den Feind gilt es hier zu kämpfen: in diesem von der Kultur
noch so wenig berührten Lande treten ihnen Mühsal und Entbehrung als nicht zu
unterschätzende Gegner in den Weg. Die Verpflegung der Truppen ist oft mit den
größten Schwierigkeiten verbunden, denn die Proviantkolonnen haben auf ihrem
langen Wege durch die Wüste schwere Hindernisse zu überwinden und unter Sand-
stürmen, Hitze und Insekten zu leiden.
IZ Bärenhatz in den Aarpathen (S. 156 u. 157). — Bären gibLs noch in ganz
Europa und Asien, von Spanien bis Kamtschatka und von Lappland und Sibirien
bis zum Libanon; aber in Europa lebt er vorwiegend nur noch in Hochgebirgen, in den
Pyrenäen, den Karpathen, im Kaukasus und Ural, und dann in den großen russischen
Sumpfgebieten, in Siebenbürgen, in den Donautiefländern, in der Türkei und
in Griechenland. Dichtbevölkerte, durchkultivierte Länder bieten dem Bären keinen
Raum mehr; er braucht undurchdringliche Dickichte, große Sümpfe, weite, wenig
besuchte und schwer zugängliche Wälder, wo er vor seinem schlimmsten Feinde, dem
Menschen, einigermaßen gesichert ist. Was die Jagd auf Bären auszeichnet, das ist
die damit verbundene Gefahr. Aber die Schauergeschichten, die inan früher gerne
darüber erzählte, waren doch größtenteils Jägerlatein. Gute Hunde sind für den
Bärenjäger die besten Gehilfen; seltsamerweise hat vor ihnen der Bür eine außer-
ordentliche Furcht. Mit Treibjagden rückt man meist gegen Bären an, in Rußland
allerdings suchen die Jäger ihr Wild mit Vorliebe in seinem Winterlager auf. Aber
das nimmt der Bär sehr übel, wenn er in seiner Winterruhe gestört wird, und greift
unter Umständen den Störenfried einfach an, während sonst Bären im allgemeinen
meist die Flucht vorziehen. Aus Beobachtungen seiner Lebensgewohnheiten weiß
man, daß der Bär auch bei seinen Wanderungen, insbesondere aber innerhalb des
Gebietes, in dem er seinen Stand hat, so genau seinen Weg innehült, daß er fast
täglich zur gleichen Zeit an den gleichen Stellen vorüberkommt.
seinen Weg, so hat die Jagd, da der Bär sich treiben läßt, gewöhnlich Erfolg.

H Spreetunnelbau an -er wei-en-ammer Brücke in Berlin (S. 159). — Der
Ausbau des Berliner Untergrundbahnnetzes machte an mehreren Stellen eine Unter-
querung der Spree nötig. Da die Technik für den Bau von Unterwassertunneln
noch nicht zu einem bestimmten Verfahren als dem geeignetsten gelangt ist, kamen
für die Berliner Spreetunnel verschiedene Bauweisen zur Anwendung, je nachdem
man den Fluß längere Zeit eindämmen konnte oder ihn an schmaleren Stellen in
Rücksicht auf die Schiffahrt möglichst frei lassen mußte. An der Weidendammer
Brücke muß der Tunnel unter der Brücke in einer Aussparung zwischen ihren Pfeilern
hindurchführen; daher wurde es nötig, die Brücke, die auf massiv durchlaufenden
Pfeilern ruhte, abzubrechen und jeden der vier Pfeiler an seinem Grunde in zwei ge-
trennten Teilen neu aufzuführen, die oberhalb des Tunnelraumes verbunden werden.
Für den Bau des Tunnels wird zunächst eine Schutzdecke auf den Boden des Flusses
gelegt; die in diesem Falle hölzerne Schutzdecke wird innerhalb von Fangedämmen
in drei Bauabschnitten im Trockenen hergestellt. Unser Bild gibt einen Blick auf den
Bauraum an der einen Flußseite. Ein solcher Fangedamm besteht aus zwei Reihen
hölzerner Spundwände, zwischen die wasserundurchlässiger Lehm hineingeschüttet
wird. Der Damm trennt ein Stück aus dem Flußlaufe vollständig ab, das dann
leicht ausgepumpt werden kann. Ist die Schuhdecke für den Tunnelbau fertig, so
beginnt man von der einen Uferseite her zu graben. Eine schon vorher durch den
Fluß hindurchgebohrte Rohrbrunnenanlage ermöglicht eine so völlige Absaugung
des Erundwassers, daß der Baugrund trocken wird. Das Flußwasser aber halten
die wasserdichte Sohle der Spree und die Schutzdecke ab.
Ein neuer englischer Unterseebootsjäger (S. 166). — Die Tätigkeit der
deutschen Unterseeboote hat bei den Engländern alle erdenklichen Pläne zur Ver-
nichtung dieser „Pest des Meeres" entstehen lassen. Nachdem die gesteigerte Fahrt-
geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit der Kriegstauchboote eine Bekämpfung
durch bewaffnete Handelschiffe im Laufe des Kriegs ganz aussichtslos gemacht hat,
ist man in letzter Zeit darauf verfallen, schnellfahrende Motorboote, die etwa zwanzig
Meter lang sind und über zwanzig Seemeilen in der Stunde laufen, als Untersee-
bootsjäger zu verwenden. Die Engländer beziehen diese Boote irr großer Anzahl
aus Amerika. Ihre geringe Seetüchtigkeit befähigt die neue Waffe aber nur zürn
Dienst irr Küstengewässern. Seit die deutschen Ul-Boote indessen im Eismeer und
in Amerika ihr Unwesen treiben, werden die vielgepriesenen Ul-Boots-Jäger sehr selten
in die Lage kommen, das gesuchte Wild vor den Bug zu bekommen. Die Ul-Voots-
Jäger sind sehr flachgehend und hochbordig und führen auf dein Achterdeck ein
5,2-Zentimeter-Eeschütz. Ihr Anstrich und das Fehlen von Kohlenrauch sollen sie
Ob diese n uen Fahrzeuge auch Toip.'dos führen,
G. Ai.

Keimt man einmal

aus See fast unsichtbar machen,
ist uubekanut.
 
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