Nriegsbin-sa-en. — „Wir bitten, kleinere Pakete unverschnnrt entgegen-
zunehinen, da Bindfaden nicht mehr hergestellt wird." Diese Bekanntmachung in
den Warenhäusern und Spezialgeschäften machte das Publikum zuerst darauf auf-
merksam, daß auch auf diesem Gebiet ein Mangel an Rohstoffen eingetreten ist.
Da kam denn unsere erfinderische Industrie dahinter, für den fehlenden Bindfaden
aus Häuf solchen aus Papier herzustellen, und dieser Papierbindfaden, in seinen
stärkeren Qualitäten nut Einlage eines dünnen Hanf- oder Drahtfadens versehen,
erfüllt als Ersatzmittel für den früher üblichen Bindfaden im allgemeinen durchaus
seinen Zweck. Und doch birgt seine Verwendung in gewissen Fällen Gefahren.
Die Zusammengedrehte Papiermasse bietet nämlich ein vorzügliches Mittel,
um Nachrichten unverfänglich zu verbreiten. Man hat nur nötig, das Papier des
Bindfadens aufzurollen, darauf Mitteilungen zu schreiben, dann den Bindfaden
wieder znsammenzudrehen und irgend eine Sendung damit zu verschnüren. So
kann man Nachrichten, deren Verbreitung unzulässig ist, an ihren Bestimmungsort
gelangen lassen. Damit der Ersatzbindfaden aus Papier als Kassiber dienen kann,
ist es nur nötig, sich einer Geheiinschrift zu bedienen, die in Gefängnissen oft ange-
wandt wird. Mit Speichel, Urin oder Milch ge¬
schriebene Schrift tritt getrocknet zunächst nicht im
geringsten in Erscheinung, wird vielmehr erst vom
Empfänger durch Joddämpfe sichtbar gemacht. Die
nebenstehende Abbildung zeigt ein Stück Ersatzbind¬
faden aus Papier, auf dem mit Speichel geschrieben
und die Schrift dann mit Joddämpfen sichtbar ge-
macht wurde. Fritz Hansen.
weihnachts- und Silvesterkarpfen. — Nach
uralter Sitte kommt fast in allen deutschen Garren
am heiligen Abend oder zu Neujahr ein Karpfen
auf den Tisch. Der Brauch ist heidnischen Ur¬
sprungs. Der Fisch gilt fast auf der ganzen Erde
seit ältester Zeit als Sinnbild der Fruchtbarkeit.
Als solches war auch der Karpfen der Fruchtbar-
keitsgöttin Venus geheiligt und wurde bei ihren
Tempeln in besonderen Teichen gehegt. Auf die
außerordentliche Fruchtbarkeit bezieht sich der latei¬
nische Name 6^prinu8, der Zyprische, als der der
in Zypern thronenden Liebesgöttin Geheiligte.
Ob der deutsche Name des Fisches, der in allen
europäischen Sprachen ähnlich lautet, davon ab-
geleitet oder keltischen Ursprungs ist, bleibt ungewiß. Der zahllosen Eier wegen
gilt es auch als glückverheißend, wenn die Hausfrau einen „Rogener" auftischen kann.
Der Karpfenrogener ist das weibliche Tier, das mit zwei Pfunden schon nicht selten
337 000 Eier enthält; beim ausgewachsenen zählte man 700000. An den Genuß des"
„Rogens" knüpfen sich viele Sagen, wie es noch heute Menschen gibt, die vom
Weihnachtskarpfen abgelöste Schuppen in der Geldbörse als eine Art Talisman
gegen mancherlei Gefahren oder im Glauben tragen, daß es ihnen so lange nie an
Geld fehlen kann, als die glückbringende Schuppe unter den Geldstücken bleibt.
Ziehen manche den Rogener vor, so verspeisen andere Feinschmecker die „Milch"
des männlichen Tieres oder die Zunge von größeren Karpfen als besonderen Lecker-
bissen. An einzelnen Orten bevorzugt der Karpfenesser den zweipfündigen Fisch,
anderwärts den vierpfündigen. Der wahre Kenner aber verzehrt mit Behagen weit
schwerere Fische, und tatsächlich ist auch das Fleisch dieser älteren Karpfen, der so-
genannten „Zwicken", so würzig und fein im Geschmack, daß es nach dem Urteil
der verwöhntesten Gaumen kaum einen vollkommeneren Genuß gibt.
Es ist durchaus nicht gleichgültig, welchem Gewässer der Karpfen entstammt,
denn der Wohlgeschmack des Fleisches wird durch die besondere Art des Wassers
beeinflußt. Modergeschmack gilt nicht a's Gaumenkitzel. Der Deutsche schützt vor
allein den „holsteinischen" Karpfen, obgleich dieser Teil unseres Vaterlandes nur
einen Bruchteil des Verbrauches zu züchten vermag. Auch die Karpfen aus der Lüne-
burger Heide und die aus Böhmen werden gepriesen; jahraus, jahrein versorgt der
böhmische Markt neben Wien auch Hamburg mit Weihnachts- und Silvesterkarpfen.
Nicht mn die Beschaffenheit des Wassers, auch die Nahrung des Karpfens ist von
großem Einfluß auf den Wohlgeschmack, ttbermästete fische munden wegen ihres
ungewöhnlich hohen Fettansatzes weit weniger als natürlich ernährte. Früher glaubte
man, der Karpfen nähre sich hauptsächlich von Schlamm und faulenden Pflanzen-
resten, und suchte sich so den moderigen Geschmack mancher Fische zu erklären. Heute
weiß man längst, daß der Karpfen ein Fleischfresser isst der sich von Würmern, In-
sektenlarven und verwesenden Pflanzenstoffen nährt. In ruhig fließendem Gewässer
und Teichen mit weichem Wasser und schlammigem oder sandigem Grund fühlt er sich
am wohlsten. In reinem Schlammgrund nimmt er leicht den gefürchteten Moder-
geschmack an. Die Schlammteilchcn seines Wohngewässers lagern sich mit der Zeit auf
den Schuppen und in den Kiemen des Fisches ab. Werden sehr alte, mit einer Algen-
schicht überzogene Fische, sogenannte „bemooste" Karpfen, vor der Zubereitung nicht
gehörig gereinigt, dann ist es nicht verwunderlich,
wenn sie nicht munden wollen.
Im Herbst gefangene, in müßig fließendem Was-
ser in Fischkasten gehaltene Karpfen verlieren den
unerwünschten Geschmack völlig. Früher brachte
man aus gleichem Grunde die Karpfen vor dem
Abschlachten in feuchte Keller und fütterte sie mit
Brot, Salat oder Mi!cb.
Es steht fest, daß der „Milchner" weit schmack-
hafteres, würzigeres Fleisch hat als der Rogener;
deshalb sollte die Hausfrau beim Kauf eines Weih-
nachts- oder Silvesterkarpfens nicht unbedingt einen
Rogener wählen. Geradezu barbarisch ist es, wenn
der Verkäufer, um den Kunden zu überzeugen, dem
lebenden Fisch den Rogen herauspreßt. Nicht selten
gehen Fische durch solche Behandlung zugrunde, und
das Fleisch dieser Tiere verliert an Wohlgeschmack.
Fast in jedem deutschen Gau ist die Art der Zu-
bereitung der Weihnachts- oder Silvesterkarpfen
eine andere. Meist aber wird der beliebte Fisch in
leicht gewürztem Salzwasser abgekocht und „blau"
auf den Tisch gegeben. Das Kochwasser darf nicht
überwürzt werden, sonst verliert sich der eigenartige Geschmack. Häufig bereitet
man den Weihnachtsfisch nur mit zerlassener Butter zu. Manche Karpfenesser be-
haupten, der Fisch schmecke am besten mit gefrorenem Meerrettich als Zuspeise. Auch
in Rotweintunke oder gebacken kommt cr auf die Tafel Die Hausfrau wird aber
in dieser Zeit mit der Fettknappheit rechnen müssen. Trotz allem brauchen wir nicht
auf deu Weihnachts- oder Silvesterkarpfen zu verzichten, denn unser deutscher Edel-
karpfen beherrscht den Markt. Ter minderwertige französische Karpfen ist gottlob
verschwunden und wird es hoffentlich auch künftig bleiben. Wilhelm Doose, Celle.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl. — Der preußische Gesandte am Londoner Hofe
berichtete Friedrich dem Großen, daß seine Besoldung so gering sei, daß er bei den
außerordentlich hohen Preisen aller notwendigen Bedürfnisse bald genötigt sein
würde, Wagen und Pferde abzuschaffen und zu Fuß an den Hof zu gehen. Es sei
ihm persönlich wenig daran gelegen, dies tun zu müssen, aber er wollte es doch
mitteilen, weil es nicht nötig sei, daß man darüber sich mit spöttischen Redensarten
lustig mache. Friedrich schrieb ihm: „Daß Er sich nichts daraus macht, zu Fuß zu
gehen, freut mich zu hören; es verschlägt Seinem und meinem Ansehen nichts. Wenn
jemand Glossen mach«: sollte, so darf Er nur sagen, Er sei mein Gesandter und
hinter ihm gingen dreihunderttausend Mann. Man wird Ihn schon verstehen." H. C.
Ein Stück Papier- (Kriegs-) Bindfaden und die darauf mit
Speichel unsichtbar angebrachte, durch Jodda'mpfe sichtbar
gemachte Geheimschrift.
Silbenrätsel.
AuS den Silben a, a, a, ba, berg, chan, ere,
del, den, dres, el, flo, hei, i, ka, lut, la, rna, nw,
na, ra, renz, ro, sei, sira sind Städte aus fol-
genden Ländern zu suchen: 1. Italien, 2. Ägyp-
len, 3. Mesopotamien, 4. Rügland, S. Sachsen,
l>. Schweiz, 7. Italien, 8. Tirol, 9. Baden.
Sind die Städte richtig gesunden, so ergeben
die Ansangsbuchstaben der Flüsse, an denen sie
liegen, nach abwärts gelesen eine von den Deut-
schen eroberte Stadt. M. Schalk.
Auslösung folgt im nächsten Heft.
Logogriph.
Zwei Flüsse, die sehr ähnlich klingen,
Die will ich hier als Rätsel bringen.
Den ersten kennt allein die Sage,
Er tritt auch nicht empor zu Tage;
Am zweiten wurde beis; gestritten,
Hat mancher Mann den Tod erlitten.
Wodurch sie noch sich unterscheiden'?
Verschieden ist der Fus; bei beiden.
Eduard Stein.
Auslosung folgt im nächsten Heft.
Rätsel.
Ein kurzes Wort, doch von gcwtcht'gem Klang;
In Fesseln kann's den schlagen lebenslang,
Der es empfing, zu seligem Beglücken;
Doch manchen diese Fesseln auch bedrücken.
Hat er dem Wort den Fus; als Haupt gebracht,
So hat cr, waS ihn ungebunden macht.
A. Nieolai.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Küll-Rechenaufgabe.
Man schreibe
die Zahlen 2l>,
30,40,8«, 6), 70,
80, 90 und 100
mit Buchstaben
so in das Recht-
eck ein, das; aus
die Punkte Mit-
laute, aus die
Kreuze Selbst-
laute zu stehen
kommen und:
1. die Summe
der Zahlen in
den Reihen 2, 3
und 4 gleich ist
jener derZahlen
in den Reihen 5,
6, 7 und 8;
2. die Summe der Zahlen in den Reihen 3, 4
nnd 8 gleich ist jener der Zahlen in den Reihen
7, 8 und 9;
3. die Summe der Zahlen in den Reihen 4, ö
und 6 gleich ist jener der Zahlen in den «leihen
8 und 9;
4. die Summe der Zahlen in den Reihen 1 und«
gleich ist jener der Zahlen in den Reihen 4 und ö.
Die auf die fettgedruckten Zeichen fallenden
Buchstaben ergeben nach Voranstellnng eines An-
fangsbuchstabens die Bezeichnung für eine ver-
ächtliche Sorte von Menschen der Jetztzeit.
E. Deubel.
Auflösung folgt im nächsten Hest.
Verbindungsrätsel.
Es ist ein Wort zu finden, welches in Verbin-
dung mit folgenden 22 voranzustellendeu Wörtern
neue Hauptwörter ergibt: Akten, Bente, Bruch,
Brust, Früh, Geld, Glanz, Gold, Grund, Haupt,
Kopf, Kunst, Mark, Meister, Mittel, Mund,
Musik, Pracht, Probe, Schau, Theater, Wage.
I)r. Strube.
Auslösung folgt im nächsten Heft.
Buchstabenrätsel.
Mein Wort soll uns das Leben würzen
Und angenehm die Stunden kürzen.
Zwei Zeichen fort: in Leid und Lust
Entbrennt cs Heist in unsrer Brust.
Löst nochmals man ein Zeichen los,
So ruht cs in der Erde Schost;
Doch groste Zeiten werden's schaffen,
Das; man es nutzt zu Wehr und Waffen!
Renata GrcvernS.
Auslösung folgt im nächsten Hest.
Taufchrätsel.
Vogel, China, Pfund, Bauer, Meer, Biugen,
Alpen, Sorge, Birke, Flotow, Feind, Jagd, Bonn.
Von jedem dieser Wörter sind zwei Buchstaben
durch zwei andere zu ersetzen, so daß neue be-
kannte Wörter entstehen. Die eingesetzten Buch-
staben nenneu, im Zusammenhänge gelesen, ein
Sprichwort. Zur Verwendung kommen folgende
Buchstabenpaare: au, dr, er, er, cr, se, gu, hl,
hr, le, nd, si, te. Hans v. d. Mürz.
Auslösung folgt im nächsten Hest.
Auslösungen vom 8. Heft:
des Bilderrätsels: Vieles Gewaltige lebt,
und nichts ist gewaltiger als der Mensch;
des Bnchsta bcnrütsels: Gabe, Habe, Labe,
Okabe, Rabe;
der T urmzngansgabe:
des Silbenrätsels: 1. Ncllslab, 2. Uhu,
3. Ä'.'nitrauk, 4.Ätna, 5. Neger, 6. Irene, 7. Ebers,
8. Nordvst — Rumänien — Bukarest;
der Berd eutschungsaus gäbe: Toppel-
schriit, Entfernung, Rechtsstreit, Dienstkleidung,
Räumlichkeit, Inschrift, teilen, Teilstück, Emp-
fänger, Wiedervorlage, Irrweg, Nachlas;, Teil-
zahlung, Entwurf, Rechtsanwalt, Fastnacht,
Empfangsbestätigung, Luftdruckmesser, Durch-
sicht, Zeitabschnitt, Urschrift, Grundsatz— Ter
dritte Winterfeldzng.
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