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DasLuchfüeWlc
S-ft 12
Am 7. Juli wurde der Platz ohue Kampf vou deu Engländern ge-
nommen und am 81. Aili auch der an der Ruwumündung ge-
legene Ort Paugani.
Nach Zusammenziehung vou Verstärkuugeu und gewaltiger An-
häufung von Munition und Lebensmitteln hatte General van de Venter
bei Kondoa-Irangi seine geschlagenen Truppen wieder attionsfähig
gemacht, und am 26. Juni griff er die deutsche Hauptmacht mit fünf
facher Überlegenheit an. In erbitterten Kämpfen mutzte Lettorv-
Vorbeck südwärts zurückgeheu. Die Engländer folgten in drei
Kolonnen nach der großen Zentralbahn, die sie Ende Juli bei Do-
doma, Kilimatinde und Kikombo erreichten. Infolge der Besetzung
der mittleren Strecke der Zentralbahn durch die Engländer sind jetzt
die deutschen Streitkräfte, die im Westen gegen die Belgier kämpften,
von der Hauptmacht abgeschnitten; auch der im Südeu mit einer-
kleinen Streitmacht getrennt operierende General a. D. Wahle war
nunmehr ganz auf sich selbst angewiesen. Bei Iringa gelang es ihm,
die englische Abteilung des Obersten Pacendale zu vernichten und
sich mit dem Hauptteil seiner 1000 Mann nordwärts zu der deutschen
Hauptmacht durchzuschlagen. Ende Oktober hatte Lettow-Vorbeck
seine Truppen im Bezirk Mahenge zusammengezogen, nur eine
südwärts gezogene Abteilung mutzte sich am 26. November nach
mehrtägiger Einschließung den Engländern ergeben.
Die an der Südgrenze stehenden deutschen Abteilungen hatten
vielfach Kümpfe mit den Portugiesen zu bestehen. Am 28. November
wurde dem Feind der befestigte Platz Newala in erbittertem Kampfe
entrissen, wobei außerordentlich große Beute in die Hände der Sieger
fiel. Die Portugiesen wichen in regelloser Flucht über den Grenz-
fluß Rowuma zurück, nachdem sie im Südteil des Schutzgebietes
keine andere Heldentaten vollbracht hatten, als harmlose Neger-
dörfer zu plündern und mordend und sengend das blühende Land
in eine Einöde zu verwandeln.
Wenngleich die deutschen Truppen mit den treuen Askari unter
ihrem kühnen Führer v. Lettow-Vorbeck noch immer einen großen
Teil der Kolonie, der den: Flächeninhalt des Deutschen Reiches ent-
spricht, behaupten, so ist der Ausgang jener nunmehr zweieinhalb-
jährigen Heldenkämpfe kaum zweifelhaft. Was aber auch immer das
Schicksal der Verteidiger Deutsch-Ostasrikas sein möge, ihre Tapfer-
keit, ihre Zähigkeit und die Umsicht ihres Führers bilden ein Ruhmes-
blatt von ganz besonderer Leuchtkraft in dem heißen Ringen des
deutschen Volkes um seine Geltung gegenüber einer Welt von
Feinden. Der Kaiser hat dem Obersten v. Lettow-Vorbeck in
Anerkennung seiner beispiellos kühnen und tapferen Verteidigung
der letzten deutschen Kolonie im November 1916 den Orden?our
Is mörito verliehen.
Qu unwMnBuo evu
r Thomas Edison.— Er ist das ausgesprochen amerikanische Ersindertalent:
unternehmend, kraftvoll handelnd, zielbewußt; ein ewig Suchender, dessen Wort
ist „es mutz", für deu es kein „unmöglich" gibt. Aus kleinen Verhältnissen
stammend, begann er sein eigenes Schaffen in bescheidenster Weise. In einem alten
Packwagen der Eisenbahn, bei der er angestellt war, richtete er eine Druckerei ein,
wo er den „Grand-Trunk-Herald", eine kleine Zeitung, herstellte. In demselben
anspruchslosen Raume war auch ein Laboratorium untergebracht, wo er chemische
Experimente machte, die er trotz mehrfacher Brände und Explosionen, mit denen
sie gewöhnlich endeten, fortsetzte. Grotze Pläne beschäftigten ihn, die auszuführen
ihn aber der Mangel an wissenschaftlicher Vorbildung behinderte. Er, holte das
Fehlende nach, und bald lohnten sich Eifer und Beharrlichkeit. Einundzwanzig-
jährig kann er nach New Park, wo ihm der Verkauf einer seiner Erfindungen die
Mittel zu weiteren erfolgreichen Unternehmungen Zuführte.
Um sich ganz seinen Erfindungen zu widmen, verlegte er
später seinen Wohnsitz nach Menlo-Park und als auch
dieses Laboratorium sich, als zu klein erwies, zog er nach
Llewellyn-Park, wo unter seiner Hand das großartigste
Laboratorium der Welt entstand. Hier verbrachte der nur'.
Siebzigjährige lange Jahre voll ehernen Fleitzes und er¬
folgreichen Schaffens, und von hier aus nahmen viele
seiner Erfindungen und Neuerungen ihren Weg irr alle
Welt.
1- Die Russen vor den österreichisch-ungarischen Stel¬
lungen an der Narajowka (S. 268). — Bei Halicz war es,
wo Brussilow im ersten Kriegsjahre die Österreicher und
Ungarn in erbitterten Kämpfen geworfen und somit seinen
Ruf als Heerführer gegründet hatte. Durch den kraftvollen
Vorstotz der österreichisch-ungarischen Armee wieder ver¬
trieben, versuchten die Russen im Herbst des vergangenen
Jahres unter der Führung Tscherbatschews die Stadt mit
ihrer wichtigen Dnjestrbrücke wiederzuerobern. Die am
31. August nut einem gegen den 24 Kilometer breiten
Frontabschnitt Jezupol-Zawalow angesetzten Massensturm
beginnenden Angriffe dehnten sich schließlich auf den ganzen
Raunr zwischen Dnjestr und Brzezany aus und erreichten
am 5. und 6. September ihren Höhepunkt. Der Feind
versuchte mit großer Gewalt die Narajowkalinie Bols-
zowce—Lipniza—Dolna uud den nördlich anschließenden
Abschnitt in etwa 20 Kilometer Breite einzudrücken. Stellen¬
weise gelang es den Russen, in die Gräben der deutschen
und türkischen Truppen der Armee Bothmer zu dringen,
doch wurden sie stets dank der hartnäckigen Anstrengungen
der verbündeten Truppen im Gegenstoß vertrieben; süd¬
lich Brzezany nahmen auch Österreicher und Ungarn an
diesen Gegenangriffen erfolgreichen Anteil. Die Stadt
Halicz blieb dank der rechtzeitig getroffenen Gegenma߬
nahmen in der Hand der österreichisch-ungarischen Armee.
IZ Die Krönung Kaiser Karls I. zum König von
Ungarn in -er Matthiaskirche zu Budapest (S. 276 u. 277).
— Dunkelrote Tücher umkleideten am Krönungstage die
Wände der alten Kirche, hingen in schweren Falten an den
mächtigen Pfeilern herab und gaben den Hintergrund für
den Farbenreichtum der alten echten Trachten der ungari¬
schen Edelleute, die glänzenden Uniformen der Offiziere und
Beamten, die reichen Gewänder und blitzenden Geschmeide
der Damen. In den frühen Morgenstunden des 30. Dezembers 1916 drängte sich eine
dichte Menge in den Straßen. Hornsignale kündeten gegen dreiviertel neun Uhr, daß
der Zug in der Burg sich in Bewegung gesetzt habe. Honvedhusaren, die Abordnung
der Stadt Budapest, Hofposaunenbläser, Trommler und Diener im Wagen, Leib-
gardisten zu Fuß, ein königlicher Herold zu Pferd, hohe Würdenträger, Bannerherren,
Palastdamen, dann im offenen achtspännigen Wagen, den Leibgardereiier und Hof-
diener umgaben, das Königspaar mit dem blonden vierjährigen Kronprinzen. Berittene
Leibgarde und Husaren schlossen den Zug. Von der Lorettokapelle aus, wo der Königin
die kleine Krone, die „Hauskrone", aufs Haupt gesetzt worden, schritt das Königspaar
zum Hochaltar. Während die Geistlichen die Gebete sprachen, salbte der Fürstprimas
den rechten Arm und die Brust des Königs mit heiligem Ole. Auf der obersten Altar-
stufe kniete er dann auf samteuem Kissen nieder; der Fürstprimas und der Palatin-
stellvertreter Graf Tisza setzten die Krone auf sein Haupt.
Eljenrufe, Kanonenschüsse und Glockenläuten kündeten der
Menge den bedeutsamen Augenblick. Der Krönung folgte
der feierliche Ritterschlag, die Aufnahme neuer „Ritter
vom Goldenen Sporn" als erste Amtshandlung des ge-
krönten Königs. Offiziere, die sich auf dem Schlachtfeld
besonders ausgezeichnet hatten, waren es, die zu Rittern
geschlagen wurden, sie waren in schlichter Felduniform;
zwei unter ihnen kamen auf Krücken und vermochten nicht
vor dein Könige niederzuknien. Nun hatte der König noch
den Eid unter freiem Himmel zu leisten. Das geschab ans
der Estrade vor der Kirche an der Statue der heiligen
Dreifaltigkeit. Der König stand mit dem Antlitz gen Osten
und sprach die Eidesformel, die ihm vorgelesen wurde,
Wort für Wort mit klingender Stimme langsam nach. Da-
mit war die kirchliche Feier beendigt, und es kam der Ritt
Zinn Krönungshügel. Aus Erde vou sämtlichen Komitaten
Ungarns, zumeist historisch bedeutsamem Boden entnommen,
war der Krönungshügel auf dein Sankt-Georgs-^latze,
einem der schönsten Plätze Alt-Ofens, aufgeschüttet. Vier-
Wege führten hinauf, Blumenbeete und Kränze mit Bän-
dern schmückten ihn. Auf weißem Pferde sprengte der König
den niederen Hügel hinan und führte oben vier Streiche mit
dem Schwerte nach Süden, Norden, Osten und Westen.
Das sollte sinnbildlich dartun, daß der Monarch bereit sei,
das Land zu verteidigen gegen jeden Angriff. König Karl
hat diesen Willen bereits durch die Tat erwieseu. Die sym-
bolische Haudluug auf dein Kröuungshügel begleiteten
Kanonenschüsse und unbeschreiblicher Jubel der Menge,
während die Fahnen in den Händen der Träger sich grü-
ßend senkten. Vom Stöckel der Hofburg aus schaute die
junge Königin mit dein Kronprinzei: zu, und ein Gruß ihres
Gemahls flog zu ihr empor. Das kurz dauernde Krönungs-
mahl, bei den: außer den: Königspaar nur vier Personen
an der Tafel saßen, Bannerherren und Abgeordnete die
Speisen auftrugen und die Gäste aufstanden, so oft König
und Königin das Glas zum Munde hoben, schloß die Feier.
* von dem Gedenkblatt für unsere Tapferen zur See
von Franz v. Bayros, dessen Nachbildung sich auf Seite 273
des vorliegenden Heftes findet, beabsichtigen wir, Kunstdrucke
in Doppelton zum Preise von 1 Mark 20 Pf. auszugeben.
Vormerkungen sind zu richten an die Union Deutsche Ver-
lagsgesellschaft in Stuttgart.
Thomas Edison
vollendet am 41. Februar sein 70. Lebensjahr.
DasLuchfüeWlc
S-ft 12
Am 7. Juli wurde der Platz ohue Kampf vou deu Engländern ge-
nommen und am 81. Aili auch der an der Ruwumündung ge-
legene Ort Paugani.
Nach Zusammenziehung vou Verstärkuugeu und gewaltiger An-
häufung von Munition und Lebensmitteln hatte General van de Venter
bei Kondoa-Irangi seine geschlagenen Truppen wieder attionsfähig
gemacht, und am 26. Juni griff er die deutsche Hauptmacht mit fünf
facher Überlegenheit an. In erbitterten Kämpfen mutzte Lettorv-
Vorbeck südwärts zurückgeheu. Die Engländer folgten in drei
Kolonnen nach der großen Zentralbahn, die sie Ende Juli bei Do-
doma, Kilimatinde und Kikombo erreichten. Infolge der Besetzung
der mittleren Strecke der Zentralbahn durch die Engländer sind jetzt
die deutschen Streitkräfte, die im Westen gegen die Belgier kämpften,
von der Hauptmacht abgeschnitten; auch der im Südeu mit einer-
kleinen Streitmacht getrennt operierende General a. D. Wahle war
nunmehr ganz auf sich selbst angewiesen. Bei Iringa gelang es ihm,
die englische Abteilung des Obersten Pacendale zu vernichten und
sich mit dem Hauptteil seiner 1000 Mann nordwärts zu der deutschen
Hauptmacht durchzuschlagen. Ende Oktober hatte Lettow-Vorbeck
seine Truppen im Bezirk Mahenge zusammengezogen, nur eine
südwärts gezogene Abteilung mutzte sich am 26. November nach
mehrtägiger Einschließung den Engländern ergeben.
Die an der Südgrenze stehenden deutschen Abteilungen hatten
vielfach Kümpfe mit den Portugiesen zu bestehen. Am 28. November
wurde dem Feind der befestigte Platz Newala in erbittertem Kampfe
entrissen, wobei außerordentlich große Beute in die Hände der Sieger
fiel. Die Portugiesen wichen in regelloser Flucht über den Grenz-
fluß Rowuma zurück, nachdem sie im Südteil des Schutzgebietes
keine andere Heldentaten vollbracht hatten, als harmlose Neger-
dörfer zu plündern und mordend und sengend das blühende Land
in eine Einöde zu verwandeln.
Wenngleich die deutschen Truppen mit den treuen Askari unter
ihrem kühnen Führer v. Lettow-Vorbeck noch immer einen großen
Teil der Kolonie, der den: Flächeninhalt des Deutschen Reiches ent-
spricht, behaupten, so ist der Ausgang jener nunmehr zweieinhalb-
jährigen Heldenkämpfe kaum zweifelhaft. Was aber auch immer das
Schicksal der Verteidiger Deutsch-Ostasrikas sein möge, ihre Tapfer-
keit, ihre Zähigkeit und die Umsicht ihres Führers bilden ein Ruhmes-
blatt von ganz besonderer Leuchtkraft in dem heißen Ringen des
deutschen Volkes um seine Geltung gegenüber einer Welt von
Feinden. Der Kaiser hat dem Obersten v. Lettow-Vorbeck in
Anerkennung seiner beispiellos kühnen und tapferen Verteidigung
der letzten deutschen Kolonie im November 1916 den Orden?our
Is mörito verliehen.
Qu unwMnBuo evu
r Thomas Edison.— Er ist das ausgesprochen amerikanische Ersindertalent:
unternehmend, kraftvoll handelnd, zielbewußt; ein ewig Suchender, dessen Wort
ist „es mutz", für deu es kein „unmöglich" gibt. Aus kleinen Verhältnissen
stammend, begann er sein eigenes Schaffen in bescheidenster Weise. In einem alten
Packwagen der Eisenbahn, bei der er angestellt war, richtete er eine Druckerei ein,
wo er den „Grand-Trunk-Herald", eine kleine Zeitung, herstellte. In demselben
anspruchslosen Raume war auch ein Laboratorium untergebracht, wo er chemische
Experimente machte, die er trotz mehrfacher Brände und Explosionen, mit denen
sie gewöhnlich endeten, fortsetzte. Grotze Pläne beschäftigten ihn, die auszuführen
ihn aber der Mangel an wissenschaftlicher Vorbildung behinderte. Er, holte das
Fehlende nach, und bald lohnten sich Eifer und Beharrlichkeit. Einundzwanzig-
jährig kann er nach New Park, wo ihm der Verkauf einer seiner Erfindungen die
Mittel zu weiteren erfolgreichen Unternehmungen Zuführte.
Um sich ganz seinen Erfindungen zu widmen, verlegte er
später seinen Wohnsitz nach Menlo-Park und als auch
dieses Laboratorium sich, als zu klein erwies, zog er nach
Llewellyn-Park, wo unter seiner Hand das großartigste
Laboratorium der Welt entstand. Hier verbrachte der nur'.
Siebzigjährige lange Jahre voll ehernen Fleitzes und er¬
folgreichen Schaffens, und von hier aus nahmen viele
seiner Erfindungen und Neuerungen ihren Weg irr alle
Welt.
1- Die Russen vor den österreichisch-ungarischen Stel¬
lungen an der Narajowka (S. 268). — Bei Halicz war es,
wo Brussilow im ersten Kriegsjahre die Österreicher und
Ungarn in erbitterten Kämpfen geworfen und somit seinen
Ruf als Heerführer gegründet hatte. Durch den kraftvollen
Vorstotz der österreichisch-ungarischen Armee wieder ver¬
trieben, versuchten die Russen im Herbst des vergangenen
Jahres unter der Führung Tscherbatschews die Stadt mit
ihrer wichtigen Dnjestrbrücke wiederzuerobern. Die am
31. August nut einem gegen den 24 Kilometer breiten
Frontabschnitt Jezupol-Zawalow angesetzten Massensturm
beginnenden Angriffe dehnten sich schließlich auf den ganzen
Raunr zwischen Dnjestr und Brzezany aus und erreichten
am 5. und 6. September ihren Höhepunkt. Der Feind
versuchte mit großer Gewalt die Narajowkalinie Bols-
zowce—Lipniza—Dolna uud den nördlich anschließenden
Abschnitt in etwa 20 Kilometer Breite einzudrücken. Stellen¬
weise gelang es den Russen, in die Gräben der deutschen
und türkischen Truppen der Armee Bothmer zu dringen,
doch wurden sie stets dank der hartnäckigen Anstrengungen
der verbündeten Truppen im Gegenstoß vertrieben; süd¬
lich Brzezany nahmen auch Österreicher und Ungarn an
diesen Gegenangriffen erfolgreichen Anteil. Die Stadt
Halicz blieb dank der rechtzeitig getroffenen Gegenma߬
nahmen in der Hand der österreichisch-ungarischen Armee.
IZ Die Krönung Kaiser Karls I. zum König von
Ungarn in -er Matthiaskirche zu Budapest (S. 276 u. 277).
— Dunkelrote Tücher umkleideten am Krönungstage die
Wände der alten Kirche, hingen in schweren Falten an den
mächtigen Pfeilern herab und gaben den Hintergrund für
den Farbenreichtum der alten echten Trachten der ungari¬
schen Edelleute, die glänzenden Uniformen der Offiziere und
Beamten, die reichen Gewänder und blitzenden Geschmeide
der Damen. In den frühen Morgenstunden des 30. Dezembers 1916 drängte sich eine
dichte Menge in den Straßen. Hornsignale kündeten gegen dreiviertel neun Uhr, daß
der Zug in der Burg sich in Bewegung gesetzt habe. Honvedhusaren, die Abordnung
der Stadt Budapest, Hofposaunenbläser, Trommler und Diener im Wagen, Leib-
gardisten zu Fuß, ein königlicher Herold zu Pferd, hohe Würdenträger, Bannerherren,
Palastdamen, dann im offenen achtspännigen Wagen, den Leibgardereiier und Hof-
diener umgaben, das Königspaar mit dem blonden vierjährigen Kronprinzen. Berittene
Leibgarde und Husaren schlossen den Zug. Von der Lorettokapelle aus, wo der Königin
die kleine Krone, die „Hauskrone", aufs Haupt gesetzt worden, schritt das Königspaar
zum Hochaltar. Während die Geistlichen die Gebete sprachen, salbte der Fürstprimas
den rechten Arm und die Brust des Königs mit heiligem Ole. Auf der obersten Altar-
stufe kniete er dann auf samteuem Kissen nieder; der Fürstprimas und der Palatin-
stellvertreter Graf Tisza setzten die Krone auf sein Haupt.
Eljenrufe, Kanonenschüsse und Glockenläuten kündeten der
Menge den bedeutsamen Augenblick. Der Krönung folgte
der feierliche Ritterschlag, die Aufnahme neuer „Ritter
vom Goldenen Sporn" als erste Amtshandlung des ge-
krönten Königs. Offiziere, die sich auf dem Schlachtfeld
besonders ausgezeichnet hatten, waren es, die zu Rittern
geschlagen wurden, sie waren in schlichter Felduniform;
zwei unter ihnen kamen auf Krücken und vermochten nicht
vor dein Könige niederzuknien. Nun hatte der König noch
den Eid unter freiem Himmel zu leisten. Das geschab ans
der Estrade vor der Kirche an der Statue der heiligen
Dreifaltigkeit. Der König stand mit dem Antlitz gen Osten
und sprach die Eidesformel, die ihm vorgelesen wurde,
Wort für Wort mit klingender Stimme langsam nach. Da-
mit war die kirchliche Feier beendigt, und es kam der Ritt
Zinn Krönungshügel. Aus Erde vou sämtlichen Komitaten
Ungarns, zumeist historisch bedeutsamem Boden entnommen,
war der Krönungshügel auf dein Sankt-Georgs-^latze,
einem der schönsten Plätze Alt-Ofens, aufgeschüttet. Vier-
Wege führten hinauf, Blumenbeete und Kränze mit Bän-
dern schmückten ihn. Auf weißem Pferde sprengte der König
den niederen Hügel hinan und führte oben vier Streiche mit
dem Schwerte nach Süden, Norden, Osten und Westen.
Das sollte sinnbildlich dartun, daß der Monarch bereit sei,
das Land zu verteidigen gegen jeden Angriff. König Karl
hat diesen Willen bereits durch die Tat erwieseu. Die sym-
bolische Haudluug auf dein Kröuungshügel begleiteten
Kanonenschüsse und unbeschreiblicher Jubel der Menge,
während die Fahnen in den Händen der Träger sich grü-
ßend senkten. Vom Stöckel der Hofburg aus schaute die
junge Königin mit dein Kronprinzei: zu, und ein Gruß ihres
Gemahls flog zu ihr empor. Das kurz dauernde Krönungs-
mahl, bei den: außer den: Königspaar nur vier Personen
an der Tafel saßen, Bannerherren und Abgeordnete die
Speisen auftrugen und die Gäste aufstanden, so oft König
und Königin das Glas zum Munde hoben, schloß die Feier.
* von dem Gedenkblatt für unsere Tapferen zur See
von Franz v. Bayros, dessen Nachbildung sich auf Seite 273
des vorliegenden Heftes findet, beabsichtigen wir, Kunstdrucke
in Doppelton zum Preise von 1 Mark 20 Pf. auszugeben.
Vormerkungen sind zu richten an die Union Deutsche Ver-
lagsgesellschaft in Stuttgart.
Thomas Edison
vollendet am 41. Februar sein 70. Lebensjahr.