288
DasBuchsürrAllr
Heft 12
Reisvögel.
Lebens mittel reisende.
Vor dem Kriege blieben
deutsche Kriegschiffe oft volle
zwei Jahre in den Tropen,
ohne ihre Offiziere zu wech-
seln; in der langen Zeit sam-
melte man ausländischeDinge
und brachte sie als Selten-
heiten in die Heimat. Auch
das Aufziehen und Pflegen
leben der Tiere bot den Schiffs-
besatzungen manche Ablenkung
und Unterhaltung.
Der Kommandant und der
Zahlmeister des zur afrikani-
schen Station gehörenden Ka-
nonenbootes „kck" hielten sich
in einem großen Brutbauer
eine ganze Schar von Reis-
vögeln. Auf der Heimreise
fingen die Tierchen an zu krän-
keln, sie ertrugen das rauhere
Wetter der nordischen Breiten
nicht. Unter dem Reisvögel-
volk des Kommandanten star-
ben die meisten, und bekllmmert
rechnete er aus, daß er kaum
einen seiner vielen Pfleglinge
lebend nach Kiel bringen würde.
„Machen Sie mal Ihren Koffer auf — haben Sie vielleicht Eier drin?"
— „Nein, nur eine Leghenne, weil ich nämlich meine Eierkarle verloren habe."
Eines Morgens, als der
Kommandant wieder zwei Lote
Vögel über Bord werfen
mußte, sagte er zum Zahl-
meister: „Hören Sie mal, es
ist das beste, wir stecken unsere
beiden Völker zusammen in
meinen Käfig, ich glaube, die
Tierchen halten sich doch besser,
wenn sie in großer Gesell-
schaft leben."
Der Vorschlag galt für
den Zahlmeister so viel Ivie
ein Befehl. Von dem Tag ab,
da die Vögel in einem Käfig
untergebracht waren, bekam
der Zahlmeister jeden Mor-
gen vom Kommandanten zu
hören: „In der Nacht ist schon
wieder einer von Ihren Reis-
vögeln gestorben." Als man
in Kiel vor Anker gegangen
war, zeigte es sich, daß von
den vierzig Vögeln des Zahl-
meisters nur noch ein einziger
lebte; die Vögel des Kom-
mandanten hatten sich seit
der gemeinsam en Verpflegung
überraschend lebensfähig er-
wiesen. G. M.
MklnrügfaMMS
Der blaue Montag. — Im letzten halben Jahrhundert, seit die Gewöhnung an
regelmäßige Arbeit allgemeiner wurde, starb auch die Sitte des „Blaumachens"
am ersten Tag der Woche langsam aus. Lange Jahrhunderte währte die Unsitte,
mit Faulenzen, Essen und Trinken den Montag zu verderben.
Im sechzehnten Jahrhundert war der Brauch aufgekommeu, die Kirchen an den
gebotenen Fasttagen mit blauen Tüchern und Blumen auszuschmücken,- um diese
Zeit fingen die Handwerksgesellen nach dem Vorbild der Meister an, die Fasten-
montage ohne Arbeit zu verbringen. Damals ging das grobe Wort um, daß heute
„blauer Fraßmontag" sei. Die Unsitte dehnte sich bald auf alle übrigen Montage
des Jahres aus und führte gröbliche Ausschweifungen und Tumulte, nicht selten Tot-
schläge im Gefolge. Verbote und strenge Verordnungen erwiesen sich als inachtlos.
Trotzdem sich Reichstage im Jahre 1771 und 1772 mit der „üblen Sitte des Schwelgens
an blauen Montagen" beschäftigten und scharfe Strafen empfahlen, verlor sich
die Sitte des „Blaumachens" doch erst nach hundert Jahren völlig. T. L.
Soldat bis zum Letzten. — Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der lange voraus-
sah, was nach seinem Tode gegen Preußen unternommen würde, setzte sein Leben
daran, um schlagfertige, wohlausgebildete Soldaten zu hinterlassen. Bis zur letzten
Stunde beschäftigte ihn die Sorge um sein Heer.
Die Arzte gaben keine Hoffnung mehr, und der König verlangte nach dem Hof-
prediger, mit dem er lange als reuiger Christ über seinen Austritt aus der Welt
sprach. Als darüber uichts mehr zu sagen war, schilderte er dem Geistlichen die
Anordnungen zu seinem Leichenbegängnis; daß die Garde vom Schloß zu Pots-
dam bis zur Garnisonskirche aufgestellt werden solle, daß sie beim Einsehen des
Sarges in die Gruft eine Salve abzufeuern hätte. Mehrfach war ihm das Reden
schwer geworden, als er aber darüber sprach, wie die Salve auszufallen habe, richtete
er sich mit aller Kraft unruhig im Bett auf. Der Hofprediger ängstigte sich über
die heftige Gemütsbewegung und suchte den König zu beruhigen. Da sagte der
Fürst in lebhaft-hitziger Weise, wie in seinen besten Tagen: „Still, laß Er mich; geb
Er acht! Die Kerle werden beim Abfeuern durcheinander plackern. Aber man wird es
ihnen eintränken." E. S.
Die siebente Bitte. — Eine schöne Frau, die einem kleinen Fürsten nahestand,
beklagte sich bei dem Hofprediger, der trotz ihrer wiederholten Bitten nichts davon
wissen wollte, sie mit dem Landesherrn in das Kirchengebet einzuschließen. Sie
sagte ihm: „Es ist nun das letztemal, daß ich darum in Güte ersuche; ich werde beim
Fürsten darauf dringen, daß mein Wille erfüllt wird."
Der Hofprediger erwiderte ruhig: „Das ist nicht nötig, denn es geschieht schon
längst, Sie haben nur nicht das Ohr dafür." Die gereizte Frau sagte: „Sie haben
die Bitte noch nie ausgesprochen, wenn ich in der Kirche war," und erhielt zur Ant-
wort: „Ich bitte Sie, auf das ,Vater unser" zu achten; in der Bitte: ,erlöse uns von
dem l'lbel" sind Sie mit inbegriffen." H- I-
-— -»
Bilderrätsel.
A. «eske.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Versrätsel.
Das Ding wird dazu hergestellt,
Taft Teile es zusammenhält;
In jedem Hans ist's drum beliebt,
Wo man auf Haltbarkeit was gibt.
Auch für die Feldgraun packt's mit ein,
Wird oft von Nutzen ihnen sein.
An Uiuiang zwar ist es nur dünn,
Wir aber immer mitten drin.
Martha Flügel.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Zerlegaufgabe.
Aus den Teile» des Kreuzes ist der Name eines
ruhmreichen deutschen Schiffes zu bilden.
Hans v. d. Mürz.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Rätsel.
Um dem Freunde zu 3 4,
Holt' ich einen 3 2 mir.
„Welch ein 12," rief ich aus,
Als wir traten aus dem Haus.
Meinen 3 2 hab' ich fortgestellt;
Das Ganze hat den Weg erhellt.
K. Feil.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Scherzgleichung.
Wieviel ist
Abel p Kain — Ei?
vr. Strube.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Schiebrätsel.
Folgende im Weltkrieg bedeutungsvoll und be-
kannt gewordene Namen sind untereinander zu
setzen und seitlich so zu verschieben, daß eine senk-
rechte Reihe einen großen Feldherrn, nach einer
weiteren Verschiebung eine andere Reihe seinen
getreuen Mitarbeiter bezeichnet.
Lüttich, Diaumont, Flandern, Doberdo, Pe-
ronne, Weddigen, Brussilow, Kutelamara,Joffre,
Folgaria. vr. Strube.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Auflösungen vom Heft:
der Geographischen Aufgabe: Doiranscc,
Iseosee, Erlafsee, Mondsee, stechensee, Schlier-
see, Ukerewesee, Naiblersee, Jrofee, Skutarisee,
Chiemsee, .Huronsee, Eriesee, Nensiedlersec,
Starnbergersee, Enaresee,Cibsce, Neuenburger-
see — Die Masurischen Seen;
des Rätseldistichons: Kreuz, Kreuzer;
der Scharade: Durchschnitt;
des Gleichklangrätsels: Sturm;
des Spiralrätsels:
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des Lautwechsels: Moses, Mosel;
des Worträtsels: Heimat, Heiral.
Unberechtigter Nachdruck aus dem Inhalt dieser Zeitschrift untersagt, übersetzungsrecht vorbehalten. Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Karl Theodor Senger in Stuttgari
Verantwortlich für den Inseratenteil: Georg Springer in Berlin. In Österreich-Ungarn für die Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien.
Druck und Verlag der Union Deutsche Verlagßgesellschaft in Stuttgart. — Amerika». Copyright 1917 by Union Deutsche Derlagsgesellschaft, Stuttgart.
DasBuchsürrAllr
Heft 12
Reisvögel.
Lebens mittel reisende.
Vor dem Kriege blieben
deutsche Kriegschiffe oft volle
zwei Jahre in den Tropen,
ohne ihre Offiziere zu wech-
seln; in der langen Zeit sam-
melte man ausländischeDinge
und brachte sie als Selten-
heiten in die Heimat. Auch
das Aufziehen und Pflegen
leben der Tiere bot den Schiffs-
besatzungen manche Ablenkung
und Unterhaltung.
Der Kommandant und der
Zahlmeister des zur afrikani-
schen Station gehörenden Ka-
nonenbootes „kck" hielten sich
in einem großen Brutbauer
eine ganze Schar von Reis-
vögeln. Auf der Heimreise
fingen die Tierchen an zu krän-
keln, sie ertrugen das rauhere
Wetter der nordischen Breiten
nicht. Unter dem Reisvögel-
volk des Kommandanten star-
ben die meisten, und bekllmmert
rechnete er aus, daß er kaum
einen seiner vielen Pfleglinge
lebend nach Kiel bringen würde.
„Machen Sie mal Ihren Koffer auf — haben Sie vielleicht Eier drin?"
— „Nein, nur eine Leghenne, weil ich nämlich meine Eierkarle verloren habe."
Eines Morgens, als der
Kommandant wieder zwei Lote
Vögel über Bord werfen
mußte, sagte er zum Zahl-
meister: „Hören Sie mal, es
ist das beste, wir stecken unsere
beiden Völker zusammen in
meinen Käfig, ich glaube, die
Tierchen halten sich doch besser,
wenn sie in großer Gesell-
schaft leben."
Der Vorschlag galt für
den Zahlmeister so viel Ivie
ein Befehl. Von dem Tag ab,
da die Vögel in einem Käfig
untergebracht waren, bekam
der Zahlmeister jeden Mor-
gen vom Kommandanten zu
hören: „In der Nacht ist schon
wieder einer von Ihren Reis-
vögeln gestorben." Als man
in Kiel vor Anker gegangen
war, zeigte es sich, daß von
den vierzig Vögeln des Zahl-
meisters nur noch ein einziger
lebte; die Vögel des Kom-
mandanten hatten sich seit
der gemeinsam en Verpflegung
überraschend lebensfähig er-
wiesen. G. M.
MklnrügfaMMS
Der blaue Montag. — Im letzten halben Jahrhundert, seit die Gewöhnung an
regelmäßige Arbeit allgemeiner wurde, starb auch die Sitte des „Blaumachens"
am ersten Tag der Woche langsam aus. Lange Jahrhunderte währte die Unsitte,
mit Faulenzen, Essen und Trinken den Montag zu verderben.
Im sechzehnten Jahrhundert war der Brauch aufgekommeu, die Kirchen an den
gebotenen Fasttagen mit blauen Tüchern und Blumen auszuschmücken,- um diese
Zeit fingen die Handwerksgesellen nach dem Vorbild der Meister an, die Fasten-
montage ohne Arbeit zu verbringen. Damals ging das grobe Wort um, daß heute
„blauer Fraßmontag" sei. Die Unsitte dehnte sich bald auf alle übrigen Montage
des Jahres aus und führte gröbliche Ausschweifungen und Tumulte, nicht selten Tot-
schläge im Gefolge. Verbote und strenge Verordnungen erwiesen sich als inachtlos.
Trotzdem sich Reichstage im Jahre 1771 und 1772 mit der „üblen Sitte des Schwelgens
an blauen Montagen" beschäftigten und scharfe Strafen empfahlen, verlor sich
die Sitte des „Blaumachens" doch erst nach hundert Jahren völlig. T. L.
Soldat bis zum Letzten. — Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der lange voraus-
sah, was nach seinem Tode gegen Preußen unternommen würde, setzte sein Leben
daran, um schlagfertige, wohlausgebildete Soldaten zu hinterlassen. Bis zur letzten
Stunde beschäftigte ihn die Sorge um sein Heer.
Die Arzte gaben keine Hoffnung mehr, und der König verlangte nach dem Hof-
prediger, mit dem er lange als reuiger Christ über seinen Austritt aus der Welt
sprach. Als darüber uichts mehr zu sagen war, schilderte er dem Geistlichen die
Anordnungen zu seinem Leichenbegängnis; daß die Garde vom Schloß zu Pots-
dam bis zur Garnisonskirche aufgestellt werden solle, daß sie beim Einsehen des
Sarges in die Gruft eine Salve abzufeuern hätte. Mehrfach war ihm das Reden
schwer geworden, als er aber darüber sprach, wie die Salve auszufallen habe, richtete
er sich mit aller Kraft unruhig im Bett auf. Der Hofprediger ängstigte sich über
die heftige Gemütsbewegung und suchte den König zu beruhigen. Da sagte der
Fürst in lebhaft-hitziger Weise, wie in seinen besten Tagen: „Still, laß Er mich; geb
Er acht! Die Kerle werden beim Abfeuern durcheinander plackern. Aber man wird es
ihnen eintränken." E. S.
Die siebente Bitte. — Eine schöne Frau, die einem kleinen Fürsten nahestand,
beklagte sich bei dem Hofprediger, der trotz ihrer wiederholten Bitten nichts davon
wissen wollte, sie mit dem Landesherrn in das Kirchengebet einzuschließen. Sie
sagte ihm: „Es ist nun das letztemal, daß ich darum in Güte ersuche; ich werde beim
Fürsten darauf dringen, daß mein Wille erfüllt wird."
Der Hofprediger erwiderte ruhig: „Das ist nicht nötig, denn es geschieht schon
längst, Sie haben nur nicht das Ohr dafür." Die gereizte Frau sagte: „Sie haben
die Bitte noch nie ausgesprochen, wenn ich in der Kirche war," und erhielt zur Ant-
wort: „Ich bitte Sie, auf das ,Vater unser" zu achten; in der Bitte: ,erlöse uns von
dem l'lbel" sind Sie mit inbegriffen." H- I-
-— -»
Bilderrätsel.
A. «eske.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Versrätsel.
Das Ding wird dazu hergestellt,
Taft Teile es zusammenhält;
In jedem Hans ist's drum beliebt,
Wo man auf Haltbarkeit was gibt.
Auch für die Feldgraun packt's mit ein,
Wird oft von Nutzen ihnen sein.
An Uiuiang zwar ist es nur dünn,
Wir aber immer mitten drin.
Martha Flügel.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Zerlegaufgabe.
Aus den Teile» des Kreuzes ist der Name eines
ruhmreichen deutschen Schiffes zu bilden.
Hans v. d. Mürz.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Rätsel.
Um dem Freunde zu 3 4,
Holt' ich einen 3 2 mir.
„Welch ein 12," rief ich aus,
Als wir traten aus dem Haus.
Meinen 3 2 hab' ich fortgestellt;
Das Ganze hat den Weg erhellt.
K. Feil.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Scherzgleichung.
Wieviel ist
Abel p Kain — Ei?
vr. Strube.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Schiebrätsel.
Folgende im Weltkrieg bedeutungsvoll und be-
kannt gewordene Namen sind untereinander zu
setzen und seitlich so zu verschieben, daß eine senk-
rechte Reihe einen großen Feldherrn, nach einer
weiteren Verschiebung eine andere Reihe seinen
getreuen Mitarbeiter bezeichnet.
Lüttich, Diaumont, Flandern, Doberdo, Pe-
ronne, Weddigen, Brussilow, Kutelamara,Joffre,
Folgaria. vr. Strube.
Auflösung folgt im nächsten Heft.
Auflösungen vom Heft:
der Geographischen Aufgabe: Doiranscc,
Iseosee, Erlafsee, Mondsee, stechensee, Schlier-
see, Ukerewesee, Naiblersee, Jrofee, Skutarisee,
Chiemsee, .Huronsee, Eriesee, Nensiedlersec,
Starnbergersee, Enaresee,Cibsce, Neuenburger-
see — Die Masurischen Seen;
des Rätseldistichons: Kreuz, Kreuzer;
der Scharade: Durchschnitt;
des Gleichklangrätsels: Sturm;
des Spiralrätsels:
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des Lautwechsels: Moses, Mosel;
des Worträtsels: Heimat, Heiral.
Unberechtigter Nachdruck aus dem Inhalt dieser Zeitschrift untersagt, übersetzungsrecht vorbehalten. Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Karl Theodor Senger in Stuttgari
Verantwortlich für den Inseratenteil: Georg Springer in Berlin. In Österreich-Ungarn für die Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien.
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