Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext




Abb. 2. Oer Felsenstorpion in Angriffstellung.

Pflanzenschicksale.
Von Ds. Adolf Koelsch

Abwehr seine Scheren ausbreitet. Der erste Eindruck
seinem Aussehen einen Skorpion im kleinen vermuten.
Wesen wird darum jenen abenteuerlich gestalteten Ge-
schöpfen, einem Mischling von Krebs und Spinne,
den Skorpionen angegliedert, obwohl es sich wesent-
lich von ihnen unterscheidet und in seinem Bau den
Milben ähnelt, die außer Staubläusen seine Nahrung
bilden. Der kleine , drei bis vier Millimeter lange
„Bücherskorpion" verdient unsere Schonung; umso¬
mehr, als er völlig ungefährlich ist (Abb. 1). Nach
Brehm fand man ihn auch schon auf dem Kopf des
Menschen, namentlich bei Kindern, wohl darum, weil
er dort ergiebige Jagdgründe fand — wenn Läuse
vorhanden waren. Auch unter den Flügeldecken von
Käfern wurde er entdeckt, wahrscheinlich stellte er dort
lebenden Milben nach. Wohl hat der „Bücherskorpion"
Ereifzangen wie der Skorpion, aber es fehlt ihm dessen
unheimliche Waffe, der am Ende des langen, muskel-
starken Schwanzes drohende Stachel mit den Gift-
drüsen (Mb. 2).
In den tropischen und subtropischen Ländern findet
man Skorpione von bedeutender Größe. Der „Felsen-
skorpion" unserer Abbildung wird bis zu sechzehn Zenti-
meter lang und wirkt schon durch sein eigenartiges
Außere schreckhaft genug. In den Mittelmeerländern
zu acht Zentimetern Heranwachsende Feldskorpion vor;
bis zum fünfundvierzigsten Breitengrad, gibt es nur noch ganz kleine,
etwa drei Zentimeter lange Artgenossen. Der kaum fingergliedlange
europäische Hausskorpion, der in Tirol und auch in den Karpathen als
nördlichstem Verbreitungsgebiet heimisch ist, verursacht durch seinen Gift-
stachel ähnliche geringe Schmerzen und Er¬
scheinungen wie der Stich einer Wespe. Ihn
und auch den mehr als zweimal so großen
Feldskorpion der Mittelmeerländer lernte
wohl mancher unserer Kämpfer aus eigener
Erfahrung kennen. Schlimmere Folgen oder
lang währende Schmerzen verursacht nur
der Stich der über fünfzehn Zentimeter¬
großen Arten der tropischen Gegenden. Das
Gift, eine farblose, scharf saure, zersetzende
Flüssigkeit, bringt Schwellungen zustande,
die, von starkem Schmerz begleitet, einen bis
zwei Tage anhalten. Je nach dem Gesund¬
heitszustand eines Verletzten können die Er¬
scheinungen auch heftiger auftreten und von
Schmerzen begleitet sein, die über drei Tage
währen. Doch gehört es ins Reich der Fabel,
daß gesunde Erwachsene am Stich, selbst Ver¬
größeren Skorpione, sterben. Säuglingen
und jüngeren Kindern brachte die Verletzung allerdings oft nach iür-
zerem oder längerem Siechtum den Tod.
Was heute noch an übertriebenen Schilderungen über die Gefähr-
lichkeit des Skorpiongiftes in den Mittelmeergegenden und zum Teil
auch in Italien geglaubt wird, sind Nachwirkungen alter Fabeleien,
die ursprünglich meist aus den Euphratlündern und Ägypten stammen.
Dort bedeutete in der Bilderschrift das Skorpionbild das „Zeichen der
Vernichtung". Es war das Sinnbild des Typhon, der als das böse Prinzip
galt. Im Sternbild des Skorpion — eines der zwölf Tierkreiszeichen
am Himmel — wurde die Sonne „rückläufig"; sie entfernte sich nach der
Auffassung der alten Völker von der Erde, die von da ab in den Winter-
monaten ohne die belebende Kraft des Tagesgestirns blieb. Deshalb
sticht der Skorpion in bildlichen Darstellungen den Sonnengott, der von
nun ab dahinsiecht und stirbt; auch in Dichtungen kehren diese Anschauungen
wiederund wirkten von da aus mit allen llbertreibungen der Überlieferung

weiter. Daß die häßlichen Geschöpfe im Orient und Ägypten eine ge-
fürchtete Landplage sein mußten, beweisen alte Berichte. Von ägyp-
tischen Pharaonen wird erzählt, daß sie Boten auf ihren Reisen voraus-
schickten, um die Straßen von dieser Brut zu säubern. Man trug zum
Schutz vor „bösen Mächten" Amulette am Körper, auf denen der Skorpion
abgebildet war; manchmal steht der gute Gott Anubis mit abwehrenden
Gebärden neben dem giftigen Tier. Nicht selten findet es sich auch zu-
sammen mit anderen Symbolen gegen Krankheit und Siechtum auf
solchen Schutzanhängern dargestellt. In der Apokalypse des Johannes
peinigen am „Ende der Tage" seltsam gebildete Geschöpfe „mit Schwänzen
gleich Skorpionen" die Menschheit. <
Trotzdem die in Italien heimische kleinere Tierart nur ungefährliche
Stiche verursacht, wissen seine alten Schriftsteller höchst Grauenvolles
darüber zu erzählen. „Alles an ihnen ist Tod für Menschen und Tiere,"
sagen sie. Sie lassen die gefahrbringenden Geschöpfe aus
faulenden Krokodilen entstanden sein oder, wie Plinius
meinte, aus begrabeneü Seekrebsen, zur Zeit, wenn
die Sonne im Krebszeichen steht. Die heilige Hilde-
gard von Bingen schrieb: „Der Skorpion ist voll bren-
nender Hitze und voll von Schrecken der Hölle." Nach
der Lehre des Paracelsus werden sie aus faulenden
Skorpionen, die sich selbst getötet haben, wiedererzeugt.
Gleiches gegen gleiches anzuwenden war ein Grund-
satz der alten Medizin, so erklärt es sich, daß man den
Skorpion in Dl ertränkte, um dieses als Heilmittel gegen
seinen Stich zu brauchen; man legte auch zerquetschte
Tiere auf die Wunde. Noch vor dem Kriege brachten
italienische Händler Skorpionöl als Allheilmittel über
die Alpen nach Tirol und ins bayerische Hochland.
Skorpionasche von lebendig verbrannten Tieren auf
Brot gegessen, soll Blasensteine vertreiben. Unter-
Pflanzen verwendete man nach dem Lehrsatz „Gleiches
wider gleiches" solche Arten, deren Blüte oder Früchte
irgendwie dem Schwanz des Tieres ähnlich sahen. Bei
einer Art der Skorpionskronenwicke, Loronilla 1^. 8vor-
pioickss, krümmt sich die gegliederte Samenhülse zur
Reifezeit und ragt, den Skorpionschwanzgliedern äußerlich ähnelnd, aus
ihrem Kelch. Als „Skorpionssenna" wurde eine Abkochung der Samen
bis in die neuere Zeit in den Apotheken verkauft. Man gebrauchte sie
gegen allerlei Geschwüre.
Das alles sind abergläubische Überbleibsel, die im Falle der Anwendung
keinerlei Wirkung hervorbringen. Das beste Mittel gegen den Stich,
wie gegen, sonstige Insektenstiche, ist Anz-
moniakgeist, von dem inan ein Tröpfchen
auf die kleine Wunde bringt. Auch eine ein-
prozentige Lösung des zu Mundwässern viel
gebrauchten übermangansauren Kali tut die
nötigen Dienste. Angefeuchtete Tabakasche
oder der Saft einer Zwiebel schafft, sofort
gebraucht, ebenfalls Linderung und kann
unseren Feldgrauen gelegentlich nützen.

Abb. ck. Oer Äücherskorpion.
kommt der bis
weiter nördlich,

as Bild der Pflanzenwelt unserer Erste
ein anderes, griffe der Mensch
nicht immer wieder in das Schicksal
der natürlichen Gesellschaftsbildungen ein
und formte die Vegetationsdecke nach Plänen uni, die seinen Zwecken
entsprechen. Wo sich bei freier Entwicklung der Konkurrenz unter Gräsern,
Kräutern und Holzgewüchsen Wälder entwickelt Hütten, legt er Ackerland
an, das er seinen Nutzpflanzen vorbehält; der Heide entreißt er beliebige
Flächen und forstet sie auf; Moore und Sümpfe verwandelt er in Kar-
toffel- und Rübenfelder, und längs der Flußlüufe hin tritt der natür-
liche Auenwald seine Rechte an Wiesen und Weideland ab, weil der
Mensch es so will. Er beeinflußt das Leben einzelner Arten, fördert
gewisse Formeir, weil sie ihn: nützlich oder angenehm sind, bekämpft
andere oder zwingt sie durch Schaffung künstlicher Bedingungen, ihr
natürliches Aussehen und die angeborenen Eigenschaften abzulegen und
Fähigkeiten anzunehmen, die sie im wilden Zustand niemals erworben
oder entwickelt hätten.
Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß in: Augenblick, nvo der Mensch
seine Hand von ihnen zurückzieht, das Leben sofort wieder in den Zustand

Das Sinnbild des bösen Geistes
und sein harmloser Namensvetter.
Von Or. Johannes Bergner.
Mit zwei Abbildungen.
k^Ienn man in alten Büchern blättert oder verstaubte Papiere
A durchstöbert, begegnet man häufig einem seltsamen kleinen Tier,
^Idas allen vorsichtigen Versuchen, es zu fangen, geschickt durch
Seitwärts-, Vor- und Rückwärtslaufen zu entgehen sucht und wie zur
läßt uns nach
Das harmlose
 
Annotationen