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Oie Urbarmachung der Moore.
Von Hauptmann Lebrecht v. Münch ow.

Professor vr. Gustav Zager ch.
Mit Porträt auf Seite 504.



so ergeben sich bei den notwendigen

Abb. 2. Wildes, abgetorftes Moor in Bayern.

Abb. 4. Stockpflug auf einem Hochmoor pflügend.
Seine Behauptung, daß bei den Tieren Erregungen, Triebe und Instinkte
bestimmte Duftstoffe auslösen, wurde ebenso wie die andere, daß leiden-
schaftliche seelische Zustände des Menschen eine Umwandlung des Körper-
eiweiß zur Folge haben, die durch Urinuntersuchung nachzuweisen und von
Lust- oder Unluststoffen begleitet sei, die durch den Geruchsinn wahr-
genommen werden könnten, als
' Schrulle verlacht. Die praktische
Folgerung, die er aus seinen Er-
fahrungen zog, daß nämlich Klei-
dung aus tierischer Wolle für die
Gesunderhaltung desKörpers am
zuträglichsten sei, ist längst und
neuerdings wieder im Weltkrieg
erwiesen. Die Erfindung der
Jügerschen Normalkleidung hat
ihm weit über die Grenzen der
Heimat hinaus Popularität ver-
schafft. Auch die Ergebnisse seiner-
theoretischen Forschungen haben
sich durchgesetzt, indem man von
wissenschaftlicher Seite den Ge-
ruchsreizen und Riech empfindun-
gen weit höhere Bedeutung zu-
erkennt als früher. Mag auch auf
diesem von ihm neuerschlossenen
Forschungsgebiet noch vieles dun-
kel sein, so verdanken wir doch
seiner unermüdlichen Aufklürungstätigkeit in Beziehung auf maßhaltende,
vernünftige Lebensweise außerordentlich viel. Lange bevor der Sport in
Deutschland volkstümliche Verbreitung fand, hat Jäger jung und alt für
das Ideal der Vereinigung eines gesunden Geistes in einem gesunden
Körper mit zündender Beredsamkeit zu gewinnen gewußt. Auf die un-
erschöpfliche Freudenquelle aufmerksamer Naturbeobachtung ist er nie
müde geworden hinzuweisen.
Immer richtete sich sein Blick ins Weite über die Enge der Vorurteile
und Kathederunfehlbarkeiten hinaus, immer kümpfie er mit offenem
Visier für äußere und innerliche Freiheit und war zeitlebens ein aus-
gemachter Feind des geistig armmachenden Materialismus. So hat er
auf vielen Gebieten anspornend und befruchtend, auf einzelnen bahn-
brechend gewirkt. Gerade in der gegenwärtigen Zeit haben wir allen
Grund, des bedeutenden und verdienstvollen Vorkämpfers für Gesund-
erhaltung unseres Volkes dankbar zu gedenken, und wollen das Vorbild
dieses wurzelechten, sich bis zum Ende treu bleibenden Charakters nicht
vergessen. H. R.

/-D»urz vor Vollendung seines fünsundachtzigsten Lebensjahres an einem
leuchtenden Maientag ist ein Mann aus dem Leben geschieden, der
* zeitlebens ein begeisterter Verehrer der ewig sich verjüngenden Natur
und ein wegeweisender Verkünder ihrer Geheimnisse gewesen ist, Professor
k)r. Gustav Jäger. Ihm ist es gegangen, wie manchem vorher, dem die
Welt unter anderem auch eine Erfindung zu danken hatte: weit und breit
dachte man bei seinem Namen nur noch an die nach ihm benannte Ware
und glaubte, mit dem Schlagwort
« genug von der Persönlichkeit selbst zu
wissen. Dieser schwäbische Pfarrers-
H - sohn war aber nichts weniger als
eine einseitige Begabung, die in der
Ausbeutung einer einzigen Idee
! Genüge gefunden hätte. Mit ihm
ging vielmehr ein vielseitiger For-
scher von seltener Originalität, ein
stets auf die Universalität von Natur
und Geisteswelt gerichteter Denker
und kerndeutscher Charakter von
knorriger Eigenart aus der Welt.
Einst viel befehdet und dreist ver-
spottet, aber auch von einer großen
Schar Anhänger aufrichtig verehrt,
ist er unbeirrt seinen Weg geradeaus
gegangen. Bald nachdem er seine
Lehrtätigkeit am Polytechnikum in
Stuttgart ausgenommen hatte, ver-
öffentlichte er seine aufsehener-
regende Arbeit „über Geruchs- und
Geschmacksstoffe", die ihm Wider-
spruch von allen Seiten eintrug.

/^^te eigentümliche Lage, in welche Deutschland in diesem Kriege durch
" / die englische Blockade und die dadurch geschaffene völlige Abschließung
gebracht wurde, verlangt eine Ausnutzung jeden kulturfähigen Bodens
zur Erzeugung von Brotgetreide und Zuchtvieh, um die Ernährung des auf
sich selbst angewiesenen deutschen Volkes sicherzustellen. In Schleswig-
Holstein, Oldenburg, Hannover, ja selbst in der Mark Brandenburg harren
ausgedehnte Flächen der Erschließung, die teils als Od- und Unland brach
lagen, teils als Moor- und Sumpf¬
gelände schwierig in Acker oder
Weide zu verwandeln waren.
Nach den Angaben des Vereins
zur Förderung der Moorkultur sollen
in Deutschland rund 2300000Hekt¬
ar Moorboden vorhanden sein, wo¬
von allein für Preußen 2 000 000
Hektar zu rechnen sind. Dies ent¬
spricht der Größe einer ganzen Pro¬
vinz. Der Gedanke, diese Moore in
Ackerland und Weide umzuwandeln,
scheiterte bisher immer an den
Schwierigkeiten der Bearbeitung
von Moorland, und viele Millionen
Doppelzentner Heu und Getreide
gingen verloren.
Die Schwierigkeiten liegen vor
allem in der geringen Tragfähigkeit
der Moorfläche, die eine Bearbei¬
tung mit Gespannen in den meisten
Fällen unmöglich macht. Gelingt es
wirklich in günstiger Jahreszeit, das
Moor mit Pferden, die mit Moor¬
schuhen ausgerüstet sind, zu pflügen,
Nacharbeiten, wie Walzen, Tellern, Grübbern oder Eggen, erhöhte Schwie-
rigkeiten. Die Pferde haben dann nämlich auf der durch das Pflügen zer-
störten Heidenarbe (Abb. 2) keinen Halt mehr und treten ständig durch,
so daß sie kaum imstande sind, sich selbst fortzubewegen, geschweige denn
ein Ackerinstrument zu ziehen.
Erst der Motorpflug ermög¬
lichte es, die Moorkultur energisch
aufzunehmen, sodaß es während
des Krieges gelang, große Strek-
ken von Unland und Moor zu
verwerten. Schon vor dem Krieg
ergaben zu diesem Zweck ange¬
stellte Versuche, daß sich der mo¬
torische Seilpflug, der leichte
Motorpflug — besonders der
Stockpflug — und der Boden¬
fräser — Landbaumotor—dabei
vorzüglich bewährten. Der Mo¬
torpflug (Abb. 1) und der Boden¬
fräser werden zu diesem Zwecke
mit sehr großen, walzenartigen
Radverbreiterungen versehen, die
das Einsinken verhindern. Die
Moorbearbeitung mit diesen Ma¬
schinen hatdaherden Vorzugvor
dem Seilsystem, daß das Walzen
des Moorbodens gleichzeitig mit dem Pflügen ausgeführt wird, indem die
rechte Walze das Moor vor der Bearbeitung zusammenpreßt und das linke
Walzenrad das fertig bearbeitete Moorland walzt. Bei dem Seilpflug
muß das Walzen durch einen besonderen Arbsitsgang ausgeführt werden.
Große Verdienste hat sich der Königliche Domänenpächter Schurig-
Etzin erworben, der mit Hilfe von Motorpflügen tatsächlich einen großen
Teil seiner im havelländischen Luch gelegenen Moore urbar gemacht und
verschiedene Systeme bereits lange vor dem Kriege ausprobiert hat. Die
Königlich Bayerische Moorkulturanstalt in München und die Landes-
kulturkommission für Schleswig-Holstein haben gleichfalls sehr interessante
Versuche mit gutem Ergebnis ausgeführt, so daß bereits vor dem Kriege
Gesellschaften und Privatleute zum Ankauf von Motorpflügem zu diesem
Zwecke schritten. Diese Versuche brachten uns für die Volksernührung
während des Krieges großen Nutzen, und die Anwendung der Motorpflüge
wurde zum Zwecke der Urbarmachung der Moore derart gefördert, daß
jetzt bereits große Strecken bebaut sind und diese Ländereien außer ihren
Ackerbauerzeuanissen beträchtliche Mengen.Vieh ernähren.
 
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