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Heft 22

DasBuchfüvAtis

515



Indische Kavallerie aus dem westlichen Kriegschauplatz.

Auftrieb von Gänsen für unsere Feldgrauen.

Stimme klang traurig.
so, wie damals an jenem Nachmittag,

„Wissen Sie, daß der Erbherzog jeden

„Ja," sagte sie zögernd.
Augenblick erwartet wird?"
„Ich weitz es." Seine
„Ich fühle noch immer
als ich mit Ihnen sprach."
„Eure Hoheit sind tief zu bemitleiden, und auch der Erbherzog,"
sagte er leise.
„Wir müssen heiraten. — Glauben Sie, Herr Dewitz, daß ich
ihm alles erzählen mutz?"
„Wenn Sie es tun, dürfen Sie kaum erwarten, datz er Sie bei
Ihrem Worte hält,"
sagte Dewitz langsam.
„Der Erbherzog wird
nicht herzlos sein; ein
Ehrenmann ist er ge-
witz."
„Dann darf ich e(
ihm nicht sagen. Unt
doch möchte ich, datz ei
es erfährt, aber ich werdi
schweigen müssen. Zu
viele Hoffnungen wäreu
zerstört, wenn ich nickst
zu tragen vermöchte,
was meine Pflicht ist."
„Es tut mir sehr leid
um den Herzog!" sagte
Dewitz.
„Ich werde ihm eine
gute-FrauZein, "Zagte
Zie tapfer und entschlos¬
sen. „Niemand weitz
ja mm das Geheimnis,
als ich und Sie . . ."
„Herr Dewitz," fuhr
sie fort, und ihre Stimme
lietz deutlich die innere
Bewegung erkennen:
„Nehmen Sie alles zu¬
rück, verbrennen Sie,
vernichten Sie jedes
Wort. Dann reisen Sie
nach Hause und ver¬
gessen Sie alles."
„Ich wünschte, datz
Sie es selbst vernich¬
teten. Ich kehre nicht
zurück. Auch vergessen
kann ich nichts," ant¬
wortete er zögernd. „Ich
Unglücklicher bin nicht
Dewitz, ich bin der Erb¬
herzog!"
Prinzessin Stepha¬
nie unterdrückte einen
Aufschrei, dann sah sie
ihn mit dem Ausdruck
froher Überraschung an.
Da trat er ihr näher
und erklärte mit ruhi-
gen, doch leise von verhaltener Erregung bewegten Worten: „Meine
Erziehung war zu frei gerichtet, um mir den Gedanken nicht immer
wieder lebendig werden zu lassen, datz unsere Verlobung im Kindes-
alter uns wirklich verpflichtete, einander zu heiraten. Ich glaubte
kaum je ernsthaft daran, datz es uns wirklich beschieden sein sollte,
Mann und Frau zu werden. Ich wollte es nicht glauben bis zu
dem Tage, als man mir mitteilte, datz meine Wanderjahre ein Ende
hätten, datz ich zurückkehren und heiraten mützte. Ich war empört,
denn ich empfand, datz wir uns ohne eigene Schuld das Leben
gegenseitig verbittern könnten. Ich war mit Baron v. Geldern
befreundet, dessen Haus Sie mieteten. Ich erzählte ihm die Ge-
schichte unserer Verlobung und schilderte ihm meine Bedenken.

Er war es, der mir vorschlug, ihn an dem Nachmittag zu begleiten,
da er beabsichtigte. Ihnen seine Aufwartung zu machen. Besinnen
Sie sich noch darauf, datz Sie ihn fragten, ob er einen Sekretär
für Sie wützte? Damals fatzte ich einen verwegenen Entschlutz. Ich
bot Ihnen meine Dienste an. Auf dem Heimwege sagte der Baron
zu mir: Mein Lieber, da haben Sie sich eine merkwürdige Lage
geschaffen. Ich glaube kaum, datz Sie sich darin mit Glück behaupten
werden. Ich fürchte das Ende!'
„Ja," unterbrach ihn die Prinzessin leise. „Ich entsinne mich."
„Aber ich fühlte vom ersten Augenblick an, datz ich alles tun könnte
für Sie, und ich tat es
auch. Ich liebte Sie
schon am ersten Tage.
Nach einer Woche war
ich glücklich in dem Ge-
danken, datz ich Sie
einmal zu meiner Frau
machen könnte. Dann
aber kam jener trübe
Nachmittag, an dem
Sie mir erzählten, datz
Sie einen anderen lieb-
ten, an dem Tag ver-
lor ich die Freude am
Leben. Seitdem wutzte
ich nicht mehr, was ich
tun sollte, um Ihnen am
wenigsten wehe zu tun."
Er schwieg. Stepha-
nie sah an ihm vorüber.
Sie half ihm nicht. Da
nahm der Herzog das
Wort auf: „Ich kann
den Gedanken nicht er-
tragen, datz ich es sein
mutz, der Zwischen Ihnen
und Ihrem Glück steht.
Aber Sie selbst sagten
damals, wir haben der
Pflicht zu gehorchen,
um anderer willen.
Wenn wir verheiratet
sein werden, will ich
alles tun, um Ihnen
trotz allem das Dasein
nicht unerträglich wer-
den zu lassen. Ich ver-
spreche es Ihnen aus
tiefstem Herzen und in
begreiflichemSchmerz."
„Offnen Sie das
Paket," sagte sie leise.
„Ich bitte Sie, das
kann ich nicht. Sie
schulden mir keine Er-
klärung. Wir sind beide
unschuldig an unserem
Leiden. Ich will nicht in
das Geheimnis vergan-
gener Tage eindringen."
Lächelnd wiederholte sie: „Bitte, öffnen Sie es."
Der Herzog gehorchte und hielt ihr den offenen Umschlag ent-
gegen.
„Nun lesen Sie diesen Brief!"
Er zögerte. Seine Lippen bebten: „Ich mag es nicht und
kann es nicht."
„Es ist mein ausdrücklicher Wunsch!"
Er nahm den Brief aus der Hülle und las ein paar Zeilen. Im
nächsten Augenblick hielten seine Arme sie umfangen, während er
ihr Antlitz mit Küssen bedeckte.
Der Name, den zu erfahren er sich gesehnt und doch gefürchtet
hatte, war — Dewitz!
 
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