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DasBuchfüvAllr

Heft 26

bemüht man sich seit Jahrzehnten, das Vorurteil gegen gezüchtete Hasen
zu überwinden, Metzger Und Wildbrethändler wehren sich dagegen, solches
Fleisch zu verkaufen; es geht um ihre, durch Jahrhunderte gefestigte
Berufsehre. Längst sind die alten religiösen Speisevorschriften vergessen,
die den Hasen verpönten und als „unrein" verschrien, aber die lange
Gewöhnung wirkt noch mit geheimen Schauern nach.
Das Grauen vor Katzenfleisch, das im belagerten Paris zu hohen
Preisen verkauft wurde, hat noch andere Gründe als das einstige Ver-
bot, Hasenfleisch zu meiden. Die Katze war der altgermanischen Liebes-
göttin geheiligt, als ein fruchtbares Tier, wie es übrigens auch der Hase
gewesen ist, das Tier der Ostara, ohne dessen Sinnbild wir unser Oster-
fest kaum denken können. Was wäre ein Osterfest ohne Eier und Häschen?
Einst gab es beiden Altvordern einen geregelten Katzen¬
kult, der lieben Frouwa zu Ehren. Kein Mensch durfte
wagen, das Tier zu erzürnen oder gar zu schlachten.
Erinnerungen an die alten Beziehungen der Katze zu
Frouwa blieben in Redewendungen noch lebendig. So
sagt man: „Wer Katzen gern hat, wird eine schöne
Frau bekommen." Wenn am Hochzeitstage eines
Mädchens Heller Sonnenschein die Feier verschönt,
hört man in Franken: „Ja, die Braut hat die Katzen
gut gefüttert." Später wurde die Katze ein zwei-
deutiges, teuflisches Geschöpf. In alten Märchen er-
scheinen böse Geister als schwarze Katzen mit glühenden
Augen, oder Heren verwandeln sich in Katzen. Irgend
jemand erschkägt in der Nacht eine unheimliche Katze,
und siehe da, am anderen Tage liegt eine als Here
verdächtige Person tot in ihrer Kammer. Heren
fliegen, in Katzen verwandelt, aus dem Rauchfang und
jagen zum Tanzplatz der bösen Geister. Ein uraltes Verslein lautet:
„Johann, spann an,
Drei Katzen voran,
Drei Mäuslein vorauf,
Den Blocksberg hinauf."
Nichts braucht man von solchen Dingen zu wissen, man hat es dafür
um so tiefer im Gefühl, daß es fürchterlich sein müßte, unversehens einen
Dachhasen zu verzehren statt eines vom Jäger
erlegten Feldhasen. Was bleibt nun für
besorgte Gemüter als sicheres Erkennungs-
zeichen, wenn der verräterische lange Schwanz
und die nicht minder großen Ohren nicht mehr
zu sehen wären? Nur die Knochen im zu-
bereiteten Fleisch ermöglichen die Unter-
scheidung, denn die geringen Formverschie-
denheiten der Schädel und des allerdings
gleich auffallenden Gebisses und der Schwanz-
wirbel bieten ja keinen Anhalt, denn man
entfernt sie wohlweislich, wenn eine Täu-
schung beabsichtigt wird. Die Rückenwirbel
eines Hasen zeigen nach vorn aufgerichtete
Dornfortsätze, indes die gleichen Knochen-
gerüstteile bei der Katze bis zum zwölften
Wirbel schwach gekrümmt nach hinten ge-
bogen sind. Auffällig sind die Unterschiede
an den Lendenwirbeln; ihre großen, nach
vorwärts gerichteten Querfortsätze finden sich
beim Hasen in einen vorderen und Hinteren
Lappen ausgebildet; bei der Katze endigen
schmale Querfortsätze in Spitzen. An den
Lendenwirbeln läßt sich erkennen, ob uns eine
Katze statt eines Hasen aufgetischt wurde. Die
Nippen des Hasen sind breit und flach ge-
Lnterschenkel-und Wadenbein formt, die der Katze mehr rundlich. Am
vom Hasen und von der Katze. Schulterblatt des Hasen ist der Grat kamm-
förmig erhaben, und auf der dritten äußeren
Fläche, am unteren Ende, läuft es in eine lange, rechtwinkelig nach hinten
umgebogene Spitze aus. Die ganze Form der Schulterblätter beider Tier-
gattungen ist so abweichend, die Unterscheidungsmerkmale sind so grostj
daß eine Verwechslung nicht möglich ist. Selbst dann noch, wenn durch
unvorsichtiges Ablösen des Hasenfleisches vom Grat die umgebogene Spitze
durchschnitten wird, ist der durchschnittene Teil leicht erkennbar. Beim Hasen
liegen die Speiche und das Ellbogenbein dicht verwachsen nebeneinander,
bei der Katze sind beide Teile völlig getrennt. Das Schulterblatt bildet
mit dem Armbein das Schultergelenk; unter dem Armbein liegen die
Speiche und das Ellbogenbein, die mit dem Armbein zusammen das
Ellbogengelenk bilden; unterhalb der Speiche und des Ellbogenbeins be-
findet sich das Vorderknie. An den Knochen der Hinterläufe lassen sich an
den Unterschenkel-und Wadenbeinen nicht geringe Formabweichungen fest-
stellen. Unterschenkel- und Wadenbein sind beim Hasen nur in der oberen

Hälfte voneinander getrennt, im übrigen aber miteinander verwachsen.
Bei der Katze sind diese Teile vom oberen bis zum unteren Ende getrennt.
Die Abbildungen geben diese entscheidenden Merkmale deutlich wieder.
Die Gefahr, einen „falschen Hasen" mit langem Schwanz und kurzen
Ohren statt eines echten Feld- und Waldgeschöpfes verkauft oder vor-
gesetzt zu erhalten, ist gering genug. Katzenfänger verzehren ihre Beute
im stillen; die Gefahr der Mitwisserschaft ist für den öffentlichen Gastgeber
zu groß, als daß er es wagen sollte, sie heraufzubeschwören. In größeren
Mengen wären solche Unterschiebungen unmöglich. So helfen diese
Umstände und uraltes Vorurteil zusammen, daß nur im stillen Winkel
Freyjas liebe Tiere schmackhaft bereitet und verzehrt werden.
Gold gab ich für Eisens
ie vor hundert Jahren, wendet sich das Vater-
land jetzt wieder an den Opfersinn der Bürger
und bittet um Ablieferung von Gold und gol¬
denen Schmuck- und Gebrauchsgegenständen. Aber
nicht auf Geschenke rechnet das Reich, sondern es ver-
spricht fachmännische Abschätzung und vollwertige Be-
zahlung der Goldsachen nach ihrem Wert. Daneben
werden den Einlieferern von Goldsachen eiserne Ge-
denkstücke, die im Auftrage der Reichsbank hergestellt
worden sind, zur Erinnerung an das Opfer auf dem
Altar des Vaterlandes verliehen. Diese Stücke sind
durch die Bekanntmachung vom 3. August 1916, die mit
dem Tage ihrer Verkündung in Kraft getreten ist, in
besonderen gesetzlichen Schutz genommen worden, denn
sie dürfen weder vervielfältigt noch nachgebildet werden.
Jede Nachbildung oder Anfertigung ist auch dann verboten, wenn sie nur
zum eigenen Gebrauch oder nur in einem einzigen Stück erfolgt, auch
dann, wenn nicht wie beim Original Eisen, sondern ein anderer Stoff ver-
wendet wird. Die Nachbildung wird auch nicht dadurch statthaft, daß ein
anderes Verfahren angewendet wird als das, nach welchem das Urbild her-
gestellt worden ist, oder wenn die räumlichen Abmessungen oder die Farben
andere sind als die des Urbildes, so daß auch jede Vergrößerung oder Ver-
kleinerung verboten ist. Erlaubt ist dagegen die Wiedergabe der Gedenk-
stücke durch Abbildungen, jedoch nur zum
Zweck der Belehrung und Unterhaltung; zur
Ausstattung von Waren und Verpackungen
dürfen solche Abbildungen sowie die auf den
Stücken angebrachten Sinnsprüche nicht be¬
nützt werden. Nicht gänzlich ausschließen
wollte man aber, daß ein Geschäftsmann
ein Warenzeichen wählt, das eine Darstellung
solch eines eisernen Eedenkstücks oder eine
Wiedergabe des auf einem Stück angebrach¬
ten Sinnspruchs enthält; jedoch ist zur Ein-
tragung des Warenzeichens in die Zeichen¬
rolle die Zustimmung des Reichsbankdirek-
toriums erforderlich. Auch Nachbildungen
der Gedenkstücke, die zwar absichtlich Ab¬
weichungen aufweisen, bei denen aber trotz¬
dem die Gefahr der Verwechslung vorliegt,
sind verboten, um es einer gewissen findigen
Kriegsindustrie unmöglich zu machen, den
eisernen Gedenkstücken ähnliche Erinnerungs¬
zeichen herzu stellen, die dazu dienen könnten,
eine Beteiligung an der nationalen Gold-
sammlung vorzutäuschen.
Die Gedenkstücke haben nach dem Wesen
der ganzen Einrichtung und nach dem Willen Speiche und Ellbogenbein vom
des Gesetzgebers eine besondere persönliche Hasen und von der Katze.
Note und gelten als Ausweis darüber, daß
der Besitzer sein Teil zu dem vaterländischen Sammelwerk beigetragen
hat. Sie dürfen nicht in Verkehr gebracht oder feilgehalten werden; jede
Verfügung darüber, sei es durch Kauf, Tausch oder ein sonstiges Rechts-
geschäft, ist verboten und daher nichtig; trotzdem weitergegebene Stücke
können zurückgefordert werden. Die Gedenkstücke können weder gepfändet
noch mit Arrest belegt werden. Zugelassen ist allein die unentgeltliche,
geschenkweise Verfügung zugunsten von Familienangehörigen, aber nicht
an Patenkinder, oder Verfügung von Todes wegen durch Testament oder
Erbvertrag. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften werden je nach
der Schwere der Verfehlung mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit
Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Die Strafverfügung tritt
nur auf Antrag des Reichsbankdirektoriums ein. Neben der Strafe kann
das Gericht auf Einziehung der Gegenstände, auf welche sich die strafbare
Handlung bezieht, erkennen, ohne Unterschied, ob die Sachen dem Täter
gehören oder nicht. Assessor Wagner.

Schulterblatt vom Hasen und von der
Katze.



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