Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schmidt, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 14): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Oschersleben — Halle a. d. S., 1891

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.41155#0085
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Groningen. 75

Schon hatte ein Rescript vom 28. Mai 1768 den Abbruch des Schlosses ver-
fügt: da erbot sich der Kaufmann Schmidt in Quedlinburg eine „Linnenfabrik“
hier anzulegen. Aber die Sache zerschlug sich, weil die Kaufmannschaft und die
anderen Fabrikanten ihm den Vorkauf des Garns, den er zur Bedingung gemacht
hatte, nicht gestatten wollten. 1780 Sept. 8 wurde Verauctionirung der alten
Schlossmobilien verfügt: vom Ertrage sollten zwei Zimmer neben dem grauen
Saale zur Gerichtsstube eingerichtet, vom Reste die Reparaturen besorgt werden.
Doch der Erlös reichte nicht dazu aus. JDa machte der Hauptmann Wilhelm
Christian Ludwig von Wurm in (dem damals noch Schwarzburgischen) Wolkrams-
hausen am 27. Dez. 1782 der Halberstädter Kammer den Vorschlag, ihm das
Schloss zu überlassen: er wolle darin eine „Akademie zur Erziehung junger
Frauenzimmer von Stande“ anlegen, wodurch dem verfallenen Nahrungsstande
des Städtchens aufgeholfen, das Schloss selbst vor dem Ruin bewahrt, den denrees
des Staats ein besserer Absatz verschafft, durch auswärtige Eleven fremdes Geld
ins Land gezogen, der Debit der inländischen Fabriken vermehrt, bei der Accise-
und Post-Kasse ein ansehnliches Plus bewirkt und verhindert werden würde, dass
junge Frauenzimmer von Stande ausser Landes geschickt würden.
Die Bedingungen, die er stellte, waren nicht zu übertrieben: er wollte die
bauliche Erhaltung des Schlosses, mit Ausnahme der Dächer, übernehmen, für
den Amtsgarten einen andern geben, von der Bier-Accise frei sein, Brennholz
aus dem Hakel und 4 Hirsche, 8 Rehböcke und 24 Hasen gegen Taxe haben,
das Institut offiziell empfohlen sehen, in der Wahl des Lehrerpersonals freie Hand
haben, für die Lehrer nach vierjähriger Dienstzeit ev. Landpredigerstellen haben
und von Servis, Kriegssteuer und Einquartierung befreit sein. Der Dichter
Göckingk, der damals in Gr. wohnte, sah sich schon im Geist von einem Kreise
blühender Mädchen, wie er in einer Epistel an Pfeffel singt, umtanzt und war
zum Concurator der Anstalt ausersehen: aber man fand doch höheren Orts die
Bedingungen unannehmbar. So wurde am 28. Febr. 1786 das Gesuch des Haupt-
manns abschläglich beschieden. Damit war auch das Todesurtheil für das Schloss
unterschrieben. Es wurde 1784 an den Kriegsrath von Fischer und den Ober-
Amtmann Dessau für 1600 Thlr., sage sechszehnhundert Thaler, verkauft, allerdings
mit der Bedingung, dass es erhalten bliebe. Fischer liess jedoch zunächst das
Gebäude auf dem vorderen Schlosshofe, unter welchem der grosse Weinkeller
lag, als baufällig niederreissen. Da er aber hierbei nicht seine Rechnung fand,
verkaufte er das Schloss an den Geheimrath und Kammerherrn d’ Orville von
Löwenklau, der die Dächer hersteilen und mehrere Zimmer sogar glänzend wieder
herrichten liess. Nach seinem Tode verkauften es die Erben an den Pächter des
Johannis-Klosters in Halberstadt, Amtmann Kleinschmidt, der zuerst die Schloss-
kapelle einreissen liess, um daraus ein Brauhaus zu machen, dann den westlichen
Flügel auszubauen anfing und schliesslich (1817) das ganze stolze Gebäude nieder-
legte. Ein Theil der verkauften Baumaterialien ist zum Bau der Nienhager Kirche
verwandt worden, von dem ganzen Prachtbau ist nichts mehr übrig. — Einzelnes
von trefflicher Steinmetzarbeit ist auf der Höhe der Spiegelsberge erhalten, so
namentlich das schöne Portal mit der Jabrzahl 1606 und den Wappen des Bischofs
und seiner beiden Gemahlinnen, Dorothea von Sachsen (f 1587) und Elisabeth
von Dänemark; Wappen, Säulenreste u. a. findet man hier und da in Groningen
 
Annotationen