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südlichen Bergabhang dienten zugleich zur Herstellung eines weiten Altans für Feste im Freien. Hier auf
der sogenannten „P f a l z" stand auch ein sogenanntes „Audizierhäuschen", eine offene Halle in Holz-
werk, von wo aus die Damen den Nitterspielen zusahen. Landgraf Moritz erfreute sich eines „lustigen
Humeurs", verfatzte selbst eine „Komödie von der Esther" und gab der Bürgerschaft große Feste.
Erst der Beginn des dreitzigjährigen Krieges brachte ernstere Zeiten. Ein Lichtblick in der Geschichte
der Wilhelmsburg war die Anwesenheit Sophie Leonores, der Tochter des Kurfürsten Aohann Georg I.
von Sachsen. 1634 wurde das Schlotz von Asolani und Piccolomini besetzt. Es entging aber der Zer-
störung und erhielt abermals eine geschichtliche Weihe durch die S ch w e st e r des Grotzen Kur -
f ü r st e n, die Landgräfin Hedwig Sophie, Witwe des Landgrafen Wilhelm des Gerechten von
Hessen, die ihren Wohnsitz 1677 nach Abschlutz des westfälischen Friedens in die Wilhelmsburg bei Schmal-
Kgl. Mcjzbiidanstalt, Verlin.
Abb. 9. Die Wilhelmsburg in Schmalkalden. Dcr Bankett- oder Niesensaal im Ostflügcl.
kalden verlegte und dort bis zu ihrem Tode, am 16. Auni 1683, residierte. Ausbesserungen sind in grotzer
Zahl in dieser Zeit vorgenommen. Gern verweilte hier auch Landgraf Karl von Hessen, bekannt als
Förderer von Handel und Gewerbe. Dieser stellte die auf den Wangen des Treppenlaufes befindliche
Wasserkunst im Garten, die vielfach seinen Namenszug aufweist, wieder her.
Dann aber verschwindet die Wilhelmsburg lange Zeit fast ganz aus dem Gesichtskreis. Nur Trauriges
ist noch zu berichten.
Aus der napoleonischen Zeit ist die Nachricht, datz im September 1812 die westfälische Negierung
das Znventar der Schloßkirche, außer Glocken, Orgel usw., öffentlich meistbietend versteigern wollte.
Die reformierte Gemeinde hatte jedoch ein Necht auf die Benutzrmg der Gegenstände und verhinderte
noch rechtzeitig die Ausführung. Nach der Schlacht bei Leipzig kamen 250 OOO Mann unter Kaiser Franz
von Osterreich durch Schmalkalden. Die Wilhelmsburg war in diesen Tagen ein Typhuslazarett. Die
im Schlosse Gestorbenen sollen an einer unbebauten Stelle der „Queste" (Bergabhang, auf dem die
Wilhelmsburg steht) hinter dem Schlosse begraben liegen. Zn den regierenden Kreisen zu Cassel soll sich
nach Gerland die Ansicht gebildet haben, datz in dem Schloß nur noch ein Ansteckungsherd zu erblicken sei:
südlichen Bergabhang dienten zugleich zur Herstellung eines weiten Altans für Feste im Freien. Hier auf
der sogenannten „P f a l z" stand auch ein sogenanntes „Audizierhäuschen", eine offene Halle in Holz-
werk, von wo aus die Damen den Nitterspielen zusahen. Landgraf Moritz erfreute sich eines „lustigen
Humeurs", verfatzte selbst eine „Komödie von der Esther" und gab der Bürgerschaft große Feste.
Erst der Beginn des dreitzigjährigen Krieges brachte ernstere Zeiten. Ein Lichtblick in der Geschichte
der Wilhelmsburg war die Anwesenheit Sophie Leonores, der Tochter des Kurfürsten Aohann Georg I.
von Sachsen. 1634 wurde das Schlotz von Asolani und Piccolomini besetzt. Es entging aber der Zer-
störung und erhielt abermals eine geschichtliche Weihe durch die S ch w e st e r des Grotzen Kur -
f ü r st e n, die Landgräfin Hedwig Sophie, Witwe des Landgrafen Wilhelm des Gerechten von
Hessen, die ihren Wohnsitz 1677 nach Abschlutz des westfälischen Friedens in die Wilhelmsburg bei Schmal-
Kgl. Mcjzbiidanstalt, Verlin.
Abb. 9. Die Wilhelmsburg in Schmalkalden. Dcr Bankett- oder Niesensaal im Ostflügcl.
kalden verlegte und dort bis zu ihrem Tode, am 16. Auni 1683, residierte. Ausbesserungen sind in grotzer
Zahl in dieser Zeit vorgenommen. Gern verweilte hier auch Landgraf Karl von Hessen, bekannt als
Förderer von Handel und Gewerbe. Dieser stellte die auf den Wangen des Treppenlaufes befindliche
Wasserkunst im Garten, die vielfach seinen Namenszug aufweist, wieder her.
Dann aber verschwindet die Wilhelmsburg lange Zeit fast ganz aus dem Gesichtskreis. Nur Trauriges
ist noch zu berichten.
Aus der napoleonischen Zeit ist die Nachricht, datz im September 1812 die westfälische Negierung
das Znventar der Schloßkirche, außer Glocken, Orgel usw., öffentlich meistbietend versteigern wollte.
Die reformierte Gemeinde hatte jedoch ein Necht auf die Benutzrmg der Gegenstände und verhinderte
noch rechtzeitig die Ausführung. Nach der Schlacht bei Leipzig kamen 250 OOO Mann unter Kaiser Franz
von Osterreich durch Schmalkalden. Die Wilhelmsburg war in diesen Tagen ein Typhuslazarett. Die
im Schlosse Gestorbenen sollen an einer unbebauten Stelle der „Queste" (Bergabhang, auf dem die
Wilhelmsburg steht) hinter dem Schlosse begraben liegen. Zn den regierenden Kreisen zu Cassel soll sich
nach Gerland die Ansicht gebildet haben, datz in dem Schloß nur noch ein Ansteckungsherd zu erblicken sei: