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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 1
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Wendlandt, Wilhelm: Die Wilhelmsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0023
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11

1819 erging der Befehl, alles Mobiliar aus der Wilhelmsburg zu verkaufen; und später wurde manches
Holzwerk aus dem Schlotz, mit Ausnahme dessen der Kapelle, beseitigt! Anzwischen war das Dachgewölbe
so schadhast geworden, datz es in den zwanziger Aahren des vorigen Iahrhunderts einer Ausbesserung
bedurfte. Man schnitt aus Sparsamkeitsrücksichten die abgefaulten Teile der Sparren ab und machte
dann aus dem bisherigen steilen Dach ein flacheres. Sämtliche Eck'giebel wurden abgebrochen und von den
Mittelgiebeln die Verzierungen, die, da sie aus dem bei Schmalkalden vorkommenden Buntsandstein
hergestellt waren, stark verwittert gewesen sein müssen. Bei dieser Gelegenheit sind auch die beiden
hessischen Löwen am Südeingang durch den Schlotzgarten mit den Giebelverzierungen an den Schlotz-
giebeln verschüttet worden. Ein Kreisamt
wurde durch Amwandlung der Südecke des
Schlosses in Diensträume eingerichtet. Diese
Näume bilden jeht noch die Wohnung des
königlichen Forstmeisters, die sich durch reiche
Stuck'arbeiten im echten, schönstenRenaissance-
stil auszeichnet. Auch der westliche Vorder-
flügel des Schlosses wurde durch Einführung
verschiedener neuer Wände in kleine Woh-
nungen umgewandelch die nicht zur Ver-
schönerung des Schlosses beitragen. Nahezu
unglaublich klingt der Bericht, datz die Ne-
gierung in Lassel in den sechziger Iahren be-
absichtigt habe, den grotzen Tanz- und Prunk-
saal, eine Perle deutscher Prachtbauten, zu
G e f ü n g n i s z e l l e n umzubauen!

Seit jenen Tagen ist der dargelegte Am-
schwung in der Denkmalpslege bei Regierung
und Volk eingetreten. Das Schlotz steht jetzt
zum Teil unter historischer und praktischer
Fürsorge des Vereins für Hennebergische
Geschichte und Landeskunde, der mit Anter-
stühung der Regierung und des Hochbau-
amtes zu Schmalkalden unter der tatkrästigen
Initiative des Herrn Regierungsbaumeisters
s^aufmann dem Verfall im Innern nach
Kräften vorgebeugt hat und dazu überge-
gangen ist, einige Räume für museale und
Bibliothekzwecke wieder auszubauen und ein-
zurichten, die gegen ein geringes Cntgelt jederzeit besichtigt werden können. Damit darf aber die
Geschichte der Wilhelmsburg nicht als abgeschlossen betrachtet werden, sondern alle beteiligten Kreise müssen
für ein Zusammenwirken eintreten, um eine durchgreifende, möglichst vollkommene Wiederherstellung
des Inneren und Äutzeren herbeizuführen.

Eine Betrachtung der Innen- und Autzenarchitektur und der noch vorhandenen Ausstattung soll die
Bedeutung dieses Schloßbaues innerhalb der Architektur des 16. Iahrhunderts und für die Architektur
der Zukunft darlegen.

Kgl. MctzdUvuniiait, Berim.
Abb. 1O. Die Wilhelmsburg in Schmalkiüden. Kamin im Niesensaal.

Die Architektur des Schlosses.

Die Wilhelmsburg ist der schönste und einheitlichste Nenaissancebau aus dem 16. Iahrhundert in
Deutschland. Anton Springer klagt in seinen „Bildern aus der neueren Kunstgeschichte" im Kapitel über
die Baukunst, datz man den Bauten des 16. Iahrhunderts viel Rühmliches nachsagen könne, aber doch
 
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