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Der Baumeister der Saalburg, Herr Baurat Aakobi, sagt in seinem Saalburg-Führer von 191Z:
„sie seien die ältesten römischen Anlagen, müssen älter sein als das Erdkastell (die älteste Form des Saalburg-
Kastells, das innerhalb der jetzigen Steinumfassung gelegen hat), die gemachten Funde haben aber schon
dieselbe Keramik wie dieses mit Münzen bis Hadrian (117—1Z8), können ihm also nicht sehr weit voraus-
gegangen sein. Es ist vielleicht nicht ausgeschlossen, daß sie mit der gleichgroßen Schanze vor dem Psahl-
graben am Kloster Thron zum Schutze der Römerstratze vor Anlage des Pfahlgrabens aufgeführt wurden,
oder datz sie Zur Aufnahme der Truppe dienten, welche das Erdkastell gebaut hat. Dieses älteste eigent-
liche Kastell war ebenfalls quadratisch, aber bereits stark besestigt. Die Besatzungen dieser sog. Erdkastelle
sind noch nicht bekannt, wahrscheinlich waren es kleine Truppenkörper (vexlllatioiwL), die besonders
gebildet und zum Bau der Limes-Kastelle abkommandiert waren."
Ein archäologisches Urteil hierüber wage ich nicht abzugeben. Vom militärischen Standpunkt aus
möchte ich aber behaupten: die Schanzen haben beiden Zwecken gedient, sie sollten zunächst (ebenso wie
die weiter vorgeschobene Schanze bei Kloster Thron) den wichtigen Patz sichern, über den die uralte Stratze,
die später zur „Römerstratze" ausgebaut wurde, zwischen dem Fröhlichen Mannskopf, neben dem der
Ringwall, die Gickelsburg, lag, und dem Herzberg hindurch in das Land der Chatten führte, und dann,
als nach nicht langer Zeit der Bau eines grötzeren Erdkastells beschlossen wurde, der mit dessen Bau beauf-
tragten Truppe als Anterkunft und Verteidigungsstellung dienen.
Die eigentliche Verteidigungsstellung war die nördliche Schanze, sie beherrscht den nach Norden
abfallenden Hang neben der Stratze, zur besseren Einwirkung auf die Haupt-Angriffsrichtung war ihre
rechte vordere Ccke vorgezogen und abgestumpft, eine Matznahme, die wir bei römischen Kastellen sonst
selten finden. Die südliche Schanze kann nur in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der nördlichen gedacht
werden, da sie ihren Eingang auf der dem Feinde zugekehrten Nordseite, also geschützt durch die davor-
liegende nördliche Schanze, hat; vermutlich war sie zur Aufnahme des Trosses, des Schlachtviehs usw. be-
stimmt, vielleicht fand in ihr auch die Neiterei, welche bei Tage zum Erkundungs- und Vorpostendienst
vorgeschickt wurde, bei Nacht Aufnahme. Sie wurde dann wahrscheinlich etwas später gebaut als die
nördliche.
Die Besatzung der vorderen Schanze war mutmatzlich auf 120 Mann berechnet, was einer Manipel
zu 2 Centurionen (60 Mann) entsprechen würde. Diese Zahl lätzt sich folgendermatzen begründen:
1. Die Länge der Feuerlinie, wie man heute sagen würde, d. h. der Linie, an der die Verteidiger
aufgestellt wurden, beträgt 124 m oder Z72 römische Futz. Nach Angaben der römischen Schriftsteller
bedurfte ein Soldat zum ungehinderten Wasfengebrauche, hier also zur Handhabung seines Wurfspeers,
des Pilum, 2,5 Schritt ^ 1,85 m oder rund 2 m. Auf einen Verteidiger also 2 m gerechnet ergibt
124
^ ^ 62 Mann. Nun stand aber hinter jedem Soldaten ein zweiter, der für ihn eintrat, wenn er ge-
fechtsunfähig geworden war, mithin waren 2 x 62 — 124 Mann anstellbar, was etwa der Kopfzahl von
120 Mann eines Manipels entspricht.
2. Die Schanze hat einen vom Verteidungswall umschlossenen Lagerraum von 32x 36 m (^ 96x 108
röm. Futz). An welcher Weise dieser zur Unterbringung eines Manipels in den Zelten, zur Aufstellung
der Waffen und des Gepäcks nach den hierüber bestehenden Vorschriften ausgenutzt werden konnte, zeigt
die Eintragung in den Grundritz. Hierbei wurde hinter dem Wall ein mindestens 4,5 m (15 Fuß) breiter
Weg zum Aufstellen und Bewegen der Truppen, zum Aufstellen der Fahrzeuge u. a. freigelassen.
Die Zelte beanspruchten einen Aufstellungsraum von je 10 Futz (Z m) Länge und Breite, sowie einen
kleinen Zwischenraum zwischen den Nebenzelten, jedes Zelt konnte ein „Kontubernium" von 10 Mann
aufnehmen, für eine Centurie von 60 Mann waren also 6 Zelte nebeneinander notwendig.
Aus diesen Berechnungen ergibt sich eine Mindesttiefe des Lagerraums von ZO m (90 Futz) und eine
Breite von ZZ m (102 Futz). Die Schanze ist 32x36 m im Znnern grotz, es bleibt also noch einreichlicher
Aberschuh an Lagerraum, den ich mir zunächst für die Anlage des Prätoriums, d. h. der Zelte für die
beiden Centurionen und des davor notwendigen Vorplatzes zur Vornahme gerichtlicher Handlungen sowie
für die Aufstellung des Fahnenheiligtums, des Sacellum, außerdem für die Wache bestimmt denke. Ein
Der Baumeister der Saalburg, Herr Baurat Aakobi, sagt in seinem Saalburg-Führer von 191Z:
„sie seien die ältesten römischen Anlagen, müssen älter sein als das Erdkastell (die älteste Form des Saalburg-
Kastells, das innerhalb der jetzigen Steinumfassung gelegen hat), die gemachten Funde haben aber schon
dieselbe Keramik wie dieses mit Münzen bis Hadrian (117—1Z8), können ihm also nicht sehr weit voraus-
gegangen sein. Es ist vielleicht nicht ausgeschlossen, daß sie mit der gleichgroßen Schanze vor dem Psahl-
graben am Kloster Thron zum Schutze der Römerstratze vor Anlage des Pfahlgrabens aufgeführt wurden,
oder datz sie Zur Aufnahme der Truppe dienten, welche das Erdkastell gebaut hat. Dieses älteste eigent-
liche Kastell war ebenfalls quadratisch, aber bereits stark besestigt. Die Besatzungen dieser sog. Erdkastelle
sind noch nicht bekannt, wahrscheinlich waren es kleine Truppenkörper (vexlllatioiwL), die besonders
gebildet und zum Bau der Limes-Kastelle abkommandiert waren."
Ein archäologisches Urteil hierüber wage ich nicht abzugeben. Vom militärischen Standpunkt aus
möchte ich aber behaupten: die Schanzen haben beiden Zwecken gedient, sie sollten zunächst (ebenso wie
die weiter vorgeschobene Schanze bei Kloster Thron) den wichtigen Patz sichern, über den die uralte Stratze,
die später zur „Römerstratze" ausgebaut wurde, zwischen dem Fröhlichen Mannskopf, neben dem der
Ringwall, die Gickelsburg, lag, und dem Herzberg hindurch in das Land der Chatten führte, und dann,
als nach nicht langer Zeit der Bau eines grötzeren Erdkastells beschlossen wurde, der mit dessen Bau beauf-
tragten Truppe als Anterkunft und Verteidigungsstellung dienen.
Die eigentliche Verteidigungsstellung war die nördliche Schanze, sie beherrscht den nach Norden
abfallenden Hang neben der Stratze, zur besseren Einwirkung auf die Haupt-Angriffsrichtung war ihre
rechte vordere Ccke vorgezogen und abgestumpft, eine Matznahme, die wir bei römischen Kastellen sonst
selten finden. Die südliche Schanze kann nur in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der nördlichen gedacht
werden, da sie ihren Eingang auf der dem Feinde zugekehrten Nordseite, also geschützt durch die davor-
liegende nördliche Schanze, hat; vermutlich war sie zur Aufnahme des Trosses, des Schlachtviehs usw. be-
stimmt, vielleicht fand in ihr auch die Neiterei, welche bei Tage zum Erkundungs- und Vorpostendienst
vorgeschickt wurde, bei Nacht Aufnahme. Sie wurde dann wahrscheinlich etwas später gebaut als die
nördliche.
Die Besatzung der vorderen Schanze war mutmatzlich auf 120 Mann berechnet, was einer Manipel
zu 2 Centurionen (60 Mann) entsprechen würde. Diese Zahl lätzt sich folgendermatzen begründen:
1. Die Länge der Feuerlinie, wie man heute sagen würde, d. h. der Linie, an der die Verteidiger
aufgestellt wurden, beträgt 124 m oder Z72 römische Futz. Nach Angaben der römischen Schriftsteller
bedurfte ein Soldat zum ungehinderten Wasfengebrauche, hier also zur Handhabung seines Wurfspeers,
des Pilum, 2,5 Schritt ^ 1,85 m oder rund 2 m. Auf einen Verteidiger also 2 m gerechnet ergibt
124
^ ^ 62 Mann. Nun stand aber hinter jedem Soldaten ein zweiter, der für ihn eintrat, wenn er ge-
fechtsunfähig geworden war, mithin waren 2 x 62 — 124 Mann anstellbar, was etwa der Kopfzahl von
120 Mann eines Manipels entspricht.
2. Die Schanze hat einen vom Verteidungswall umschlossenen Lagerraum von 32x 36 m (^ 96x 108
röm. Futz). An welcher Weise dieser zur Unterbringung eines Manipels in den Zelten, zur Aufstellung
der Waffen und des Gepäcks nach den hierüber bestehenden Vorschriften ausgenutzt werden konnte, zeigt
die Eintragung in den Grundritz. Hierbei wurde hinter dem Wall ein mindestens 4,5 m (15 Fuß) breiter
Weg zum Aufstellen und Bewegen der Truppen, zum Aufstellen der Fahrzeuge u. a. freigelassen.
Die Zelte beanspruchten einen Aufstellungsraum von je 10 Futz (Z m) Länge und Breite, sowie einen
kleinen Zwischenraum zwischen den Nebenzelten, jedes Zelt konnte ein „Kontubernium" von 10 Mann
aufnehmen, für eine Centurie von 60 Mann waren also 6 Zelte nebeneinander notwendig.
Aus diesen Berechnungen ergibt sich eine Mindesttiefe des Lagerraums von ZO m (90 Futz) und eine
Breite von ZZ m (102 Futz). Die Schanze ist 32x36 m im Znnern grotz, es bleibt also noch einreichlicher
Aberschuh an Lagerraum, den ich mir zunächst für die Anlage des Prätoriums, d. h. der Zelte für die
beiden Centurionen und des davor notwendigen Vorplatzes zur Vornahme gerichtlicher Handlungen sowie
für die Aufstellung des Fahnenheiligtums, des Sacellum, außerdem für die Wache bestimmt denke. Ein