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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 5
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Krebs, Joh.: Die nach römischen Vorbildern auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers im Frühjahr 1913 erbauten Schanzen bei der Saalburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0114
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nur die Hälste der Mannschasten ihr Pilum werfen, weil die Scharten sür die Aufstellung von zwei Mann
zu schmal sind; bei der hinteren Schanze dagegen sind die Verteidiger durch keine Zinnen behindert, es kann
eine verhältnismäßig grötzere Zahl gleichzeitig schleudern, die sich allerdings dann nur mit ihrem Schilde
decken kann. Sollte die vordere Schanze ihre Aufgabe vollkommen erfüllen, so mutzten vor dem Graben
noch weitere Hindernisse angebracht werden, als Verhaue, Wolfsgruben usw., wie sie Cäsar bei seinen
Schanzen vor Alesia in ausgedehntem Matze anlegen lietz, um den anstürmenden Gegner im besten Wir-
kungsbereich der Pilen sestzuhalten. Ob solche Hindernismittel vor der Schanze noch vorhanden gewesen
sind, scheint noch nicht sestgestellt zu sein.

Ach habe bei der Beschreibung des Baues der Schanze und des Kampfes um sie meiner Einbildungs-
kraft etwas die Zügel schietzen lassen und vielleicht Vorkommnisse geschildert, die sich ganz anders abgespielt
haben mögen. Ach wollte aber den toten Crdwall und den Flechtzaun mit den Menschen beleben, die sie
erbaut, bewohnt und verteidigt haben. Hoffentlich ist mir dies einigermatzen gelungen, so datz, wenn
einer der Leser einmal nach der Saalburg kommen sollte, er die beiden neuerbauten Schanzen mit ver-
ständnisvolleren Blicken ansehen kann, als dies ohne meine Erläuterungen der Fall gewesen sein würde.

Ach komme nun zu der Crbauung der beiden Modell-Schanzen durch die Mainzer
Pioniere. — Wir kennen das Bestreben Sr. Majestät, besonders wichtige alte Bauwerke, von denen
nur noch Neste übrig geblieben sind, wieder neu erstehen zu lassen, die Saalburg selbst ist ja eins der
besten Beispiele hierfür.

Hier handelt es sich nun darum, eine Lagerverschanzung, wie sie von den Römern täglich nach be-
endetem Marsche ausgeführt wurde, entstehen zu sehen, also eine leichte Befestigung, die nur eine geringe
Widerstandsfähigkeit haben konnte. Es sollte hierbei ermittelt werden, ob und bis zu welchem Matze
der Widerstandsfähigkeit dies möglich gewesen ist und wie eine solche Römerschanze in ihren Einzelheiten
aussah.

Der Bau der Schanzen geschah daher unter Heranziehung von so viel Pionieren, als der Manipel,
der die Schanze besetzen konnte, stark war, nämlich 120 Unteroffiziere und Mannschasten mit 4 Leutnants,
1 Arzt, unter Besehl eines Hauptmanns, sie wurden in Obernhain, etwa 2 km vom Bauplatz, einquartiert.
Die Oberleitung hatte der Anspekteur der 2. Pionierinspektion als: „I^ogatus praskSotus tabrorum NoZan-
tiaoornm".

Die Arbeit ging nach den römischen Vorschristen, wie ich sie vorher geschildert habe, vor sich. Zur
Absteckung wurde eine Zroma benutzt; während dieser Arbeit wurde bereits das für die Flechtzäune er-
forderliche Holz und Strauchwerk von den Plätzen herbeigeschafft, die die Forstverwaltung angewiesen
hatte, diese waren nicht ganz in der Nähe, so datz hiersür wohl dieselbe Zeit benötigt wurde, als die Römer
brauchten, um erst die Bäume hierfür auf der Baustelle zu sällen. Die Pioniere arbeiteten von 7 Uhr srüh
bis 12 Uhr mittags und von 2 Uhr nachmittags bis 7 Uhr abends, also täglich 10 Stunden ohne Ablösung.

Der Bau der vorderen Schanze ersorderte zwei Tage, der der hinteren Schanze mit dem doppelten
Graben und den zwei Flechtzäunen vier Tage. Versuchsweise wurde auch mit Schanzzeugen, die den
römischen nachgebildet waren, gearbeitet (Äxte, Hacken, Faschinenmessern). Äxte und Hacken haben eine
von unseren Werkzeugen dieser Art abweichende Form, sie scheinen vorzugsweise zum Abhauen der Baum-
wurzeln bestimmt gewesen zu sein, wenn Bäume gefällt werden sollten, diese wurden dann wahrscheinlich
mit angeschleiften Tauen umgerissen. Nachdem die Pioniere, die im übrigen mit ihrem tragbaren Schanz-
zeug arbeiteten, sich an das erheblich schwerere römische Schanzzeug gewöhnt hatten, konnten sie sogar mit
diesem etwas mehr leisten, als mit dem ihrigen.

Aus dem Ergebnisse der Arbeiten lassen sich nun solgende Schlüsse ziehen: Esist möglich gewesen,
datz die Nömer, namentlich wenn sie einen Teil der erforderlichen Schanzpsähle bei iich hatten, also die
„Nippen" sür die Flechtzäune, und diese nur flüchtig herstellten, sich nach einem nicht zu lange dauernden
Marsche noch eine Umschlietzung ihres Lagers schaffen konnten, die gegen überraschendes Eindringen,
namentlich von Neiterei, sicherte. Vielleicht verbanden sie mit dieser slüchtigen Abschlietzung auch nur den
Zweck, „äisoiplinao oausa" den eigenen Truppen ein Herauslaufen aus dem Lager zu verwehren.
 
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