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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 7
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Fleischer, Oskar: Ritterliche Tonkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0170
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auch wohl manches liebe Mal in besondere Lebensgefahr, troh des freien Geleites, das sie ohne weiteres
besaßen. Das Trompetensignal respektierte man so ziemlich überall. Wer von ihnen noch keinen Feldzug
mitgemacht hatte, hieß einfach „Hoftrompeter", der im Kriege Erprobte aber durfte sich „Hof- und Feld-
trompeter" nennen. Der Oberste unter ihnen, der mit ihrem Schutzherrn und Vogt, dem Kurfürsten
von Sachsen, im Namen der übrigen die Verhandlungen führte, war der Obertrompeter, der in Dresden
seinen Sitz hatte. Gegenstände dieser Verhandlungen waren beispielsweise 1630 und 1657 die Reinigung
aller Negimenter von den „ungelernten Trompetern", wie sie der Kaiser der Zunft versprochen hatte, oder
die Kompetenzen der Musikchöre der „bürgerlichen Regimenter", die aus Frundspergs Landsknechts-
pfeifern hervorgegangen waren und nur aus Holzbläsern und Trommlern bestanden. Kurz, die Trom-
peterzunft hielt mit zäher Festigkeit an der Erhaltung mittelalterlicher ritterlicher Überlieferungen fest
und hat ein Stück alter ritterlicher Tonkunst bis in die modernsten Zeiten hinein gerettet.

Diese „verlehnten" Musiker gerierten sich sehr exklusiv und machten nur mit gleichgestellten, also nur
mit anderen ritterlichen Instrumentisten Musik. Das war auch der Grund, weshalb sie später nicht mit
in das sich im 18. Iahr- dio vrivil<>aic>rtc> adlicn>.

hundert allmählich bildende
Große Theater- undKonzert-
orchester aufgenommen wur-
den. In der Kirchenmusik
wirkten sie auch erst seit un-
gefähr 1650 mit. Sollte
dennoch eine Trompeten-
musik, z. B. im Theater zur
Begrüßung von Fürsten und
hohen Personen, verwendet
werden, so saßen Trompeter
und Pauker stolz auf einer
besonderen Galerie oder
einem Podium in eorpors
für sich; sie mischten sich
nicht unter die „Musikanten".
Sie betrachteten sich eben als

Tanze aufzuspielen beginnen.
Die Trompeter, die zur Be-
grüßung der Gäste ihre Fan-
faren geblasen haben, haben
nunmehr ihre Instrumente
an die Tribüne angehängt
und plaudern miteinander,-

Abb. 128. Kämpfende Nitter
(nach der Manessischen Liederhandschrist).

der Pauker lehnt nachlässig hinter seinen Pauken und schaut dem beginnenden Tanze zu. Wo so plebe-
jische Instrumente das Wort führen, schweigt die „adlige Musik" stolz. Das sehr anschauliche Bildchen
stammt aus dem Iahre 1500 und ist von Martin Zasinger gemalt.

Als „ritterlich und adlig" hat das romantische Trompetenblasen bis tief ins 18. Iahrhundert hinein
gegolten, und Spuren dieser Anschauung finden sich noch bis in unsere Zeiten hinein) ich brauche wohl
kaum auf den „Trompeter von Säckingen" u. ä. hinzuweisen.

Man sieht daraus, daß auch auf dem Gebiete der Musik sich im Mittelalter eine scharfe und charakte-
ristische Scheidung von Nitterlich und Nichtritterlich beziehungsweise Adelig und Bürgerlich eingestellt hat.
Sie mußte um so stärker hervortreten, je mehr der Ritterstand als eine in sich geschlossene Menschengruppe
auftrat und je mehr er die geistige Führung übernahm. Das geschah seit der Zeit der Kreuzzüge. Was
die Nitter aus dem Orient mitbrachten, war vor allem ein weiterer Gesichtskreis, ein größerer geistiger
Horizont, als er ihnen von den weltfremden Mönchen in den Klosterschulen geboten worden war.

So kam es, daß auch in bezug auf denGesang dieRitter nichtan derbloßengeistlichen Überlieferung
der Kirche und der Klöster haften bleiben mochten. Sie erhoben sich über den zuweilen recht eintönigen
und einförmigen Kirchengesang zu freieren Tongebilden.

So entstand der Minnesang, in dem wir die Blüte der damaligen Geisteskultur zu erblicken haben.
Man verkennt seine große Bedeutung in der Geisteswelt, wenn man — wie nur zu oft geschehen ist —
ihn immer bloß von der dichterischen Seite her betrachtet. Seine größere Wichtigkeit beruht in der Lotalen
 
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