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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Radinger, Karl von: Amras, ein Fürstensitz der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0107

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Anders wurde es, als 1666 mit Erzherzog Sigmund Franz die Tiroler Linie der Habsburger ausstarb.
L^aiser Leopold I. und seine Nachfolger hatten kein Interesse an der Aufrechterhaltung des alten Zustandes.
So wanderten schon 1666 auf Leopolds Besehl die meisten Handschriften und Vücher in die Wiener Hos-
bibliothek, 1716 mutzten dann die Münzen, unter Kaiser Iosef II. die geschnittenen Steine und die besten
Werke der Malerei, darunter Perlen wie Nafaels Madonna im Grünen und Morettos heilige Barbara
nach Wien abgegeben werden. Amras war seit den Ereignissen des spanischen Erbfolgekrieges ein zu un-
sicherer Hort der Kunstschätze geworden. Schon 1706 beim Einfalle des Kursürsten Max Emanuel hatte man
das Wertvollste nach Steiermark geflüchtet, andere Teile waren von den Bayern schon zur Abführung nach
München bereitgestellt worden. Zu Ende des Iahrhunderts besand sich die Sammlung auf einer fast un-
unterbrochenen Wanderschast, bis sie im Iahre 1806 als ein dem Erzhause Österreich gehöriges Eigen aus
dem bayrisch gewordenen Tirol endgültig nach Wien überführt und dort im unteren Belvedere aufgestellt
wurde. Eine Anzahl von kostbaren Harnischen französischer Könige war schon früher von Napoleon als
„Nationaleigentum" requiriert und nach Paris gebracht worden, anderes wurde insolge einer hastigen und
wenig sachkundigen Aus-
wahl zurückgelassen und ge-
langte nach München.

Die Baulichkeiten des
Schlosses haben in den
Franzosenkriegen und auch
noch später durch die Ein-
quartierungen und die Ver-
wendung als Militärspital
stark gelitten. Schon srüher
waren die Teiche versumpft,
die kunstvollen Garten-
anlagen zu Wiesen und Fel-
dern geworden, jetzt sielen
auch die kostbaren Täfelun-
gen des Hochschlosses dem
Unverstande und der Zer-
störungswut zum Opfer
und der spanische Saal wurde vollends zur Nuine. So blieb zwar Amras von wesentlichen Umgestaltungen
verschont, verwahrloste aber dafür von Iahr zu Iahr mehr (Abb. 60—62).

Mit den fünfziger Iahren beginnt die Periode der Restaurierungen. Erzherzog Karl Ludwig, der
Bruder Kaiser Franz Iosefs, war Statthalter von Tirol geworden und hatte sich Amras zum Sommersitze
ausersehen. Der Wiener Architekt Ludwig Förster erhielt den Auftrag, das Schloß für die Wohnungs-
bedürfnisse der Gegenwart umzubauen. Ec ist dabei keineswegs schonend vorgegangen. Am meisten hatte
das Hochschloß zu leiden. Der alte gedeckte Treppenaufgang mußte einer Nampe, der Speisesaal einer Aus-
sichtsterrasse weichen, der Bergfrit erhielt ein modernes Ahrtürmchen aufgeseht und die ganze Außenseite
wurde gelb gestrichen. Im Innern suchte der Architekt der unpraktischen Anordnung der Näumlichkeiten
dadurch abzuhelfen, dah er auf drei Seiten des Schloßhofes eine Eisengalerie ansetzte und diese durch neu
ausgebrochene Türen mit den Zimmern verband) dadurch kamen die alten Wandmalereien arg zu Schaden.
Die Schloßkapelle erhielt eine Ausstattung in neugotischem Stile, die ausgeleerten Näume wurden mit
alten Möbeln und schönen Öfen ausgestattet, der Park im englischen Geschmacke umgestaltet, nur die Ost-
seite behielt ihren Lharakter als Wildpark bei. Im Iahre 1877 begann eine neuerliche Nestaurierung,
die sich auf das ganze Schloß erstreckte. Architekt Deininger stellte das Innere des spanischen Saales im
ganzen glücklich wieder her, weniger gut ist ihm die Bemalung der Außenseiten und die Konstruktion des
Daches gelungen. Leider wurde, um die Hauptfront des Saales zur Geltung zu bringen, das Ballhaus
demoliert und auch der malerische Torbau des Schlohhofes durch eine Architektur aus Nagelfluhe erseht.
 
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