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Der Dampf-Courier der Bergstraße: Anzeige- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land ((Januar-März)): Der Dampf-Courier der Bergstraße: Anzeige- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1839

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Nr. 18 - Nr. 26 (2. März - 30. März)
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Dame, und — wer malt meine Ueberraschnng?
— Da saß die Albaneserin. Gleich einem We-
sen einer andern Welt erschien sie mir. Der
reiche Anzug verschönerte sie noch. Ich erröthetc,
sie erröthete. Die Gräfin sprach noch einige
Worte. Ich gab verwirrte Antworten und dankte
Gott, als die Musik begann. Die Gräfin reichte
mir ihren Arm. Kornette — denn sie war cs,
wie konnte ich zweifeln — tanzte mit N... Ich
war meiner kaum mächtig. Im Vorüberwalzen
sprach N... einige Worte mit mir. Ich nahm
Gelegenheit, die Gräfin nach der Dame zu fra-
gen. Sie sah mich scharf an, und drohte dem
Erröthenden mit dem Zeigefinger. Es ist eine
Deutsche, Herr Baron, ein Fräulein von Kru-
semark, welche mit ihren Eltern den nächsten
Winter hier bleiben wird. — Ich erzählte der
Gräfin die Aehnlichkeit, die das Fräulein mit
Jemanden meiner Bekanntschaft habe, und wie ich
geglaubt, sie sei es. Der Tanz endete, ich führte
die Gräfin auf ihren Sitz und suchte N... Die
Gräfin mußte dem Fräulein die Sache mitge-
theilt haben, denn ich sah von weitem, wie sie
ihr lachend etwas erzählte. In meines treuen
N...S Brust ergoß ich meine Gefühle. Er fand
das Zusammentreffen schön, Julien, so hieß das
Fräulein, noch schöner. Er erzählte mir, wie
des Fräuleins Blick mich gesucht. Ich war aus-
ser mir. —
Die Musik begann wieder. Die Gräfin winkte
mir. „Ich höre, fing sie an, Fräulein Julie
ist Ihre Landsmännin," und mit diesen Worten
stellte sie mich der Holden vor. Ich tanzte mit
ihr. Ich war überglücklich. Ich glaubte Wohl-
wollen gegen mich zu bemerken. Ich sah sie
öfter. Unsere Herzen fanden sich, verstanden sich,
ohne daß ein Wort von Liebe über meine Lip-
pen gekommen wäre.
Da schien das Geschick neidisch über mein
Glück. — N... mußte in Angelegenheit seines
Hofs nach London. Er ließ mir keine Ruhe,
ihn zu begleiten. Am Abend vor der Abreise
ging ich zu Julien. Sie war sehr düster. Ihre
Eltern wareu's auch. Ich bemerkte mit Schrek-
ken diese Veränderung; aber zu fragen wagte
ich nicht. Werden wir uns Wiedersehen? fragte
Julie, mit einer Thräne im schönen Auge.
Es durchzitterte mich eine sonderbare Ahnung!
Julie ! rief ich, und schlang meinen Arm um das
herrliche Mädchen; Julie! wer sollte uns zu
trennen vermögen? Ich bin ein Kind gewesen,
lieber Loeben, erwiederte sie leise: reisen Sie
glücklich und kommen Sie bald Wieder! Da
drückte ich den ersten Wonneknß auf Juliens
Lippen. Sie wand sich erröthend aus meinen

99 —
Armen, und ich floh zum Hause hinaus. Ich
kam berauscht zu Hause.
(Schluß folgt.)

VLographLfche Skizzen.
Kosciuszko.
(Fortsetzung.)
So starb Kosciuszko, von den Besseren aller
Völker/Sprachen und Nationen betrauert, von
Allen, die ihn kannten, beweint. Einfach und
würdig war die Bestattung seiner Leiche; sechs
Greise trugen den Sarg zur Gruft. Die Freunde
des Verewigten, in Warschau, hielten daselbst
am 14. Nov. desselben Jahres eine ehrenvolle
Todtenfeier des Helden. Niemcewicz hielt dabei
seinem seligen Freunde eine rührende Leichenrede.
Besondere Anhänglichkeit an Kosciuszko zeigte
die freie Stadt Krakau. Der Senat bat den
Kaiser Alexander, den Beschützer der Stadt, um
die Erlanbniß, die sterbliche Hülle des großen
Mannes innerhalb den Mauern Krakaus bei-
setzen zu dürfen. Der Monarch, welcher schon
früher Beweise seiner Hochschätzung Kosciuszko's
abgelegt hatte, willfahrte nicht allein dieser Bitte,
er schickte sogar den Fürsten Jablonsky nach der
Schweiz, welcher die Leiche des Helden auf Ko-
sten des Kaisers nach Krakau bringen mußte.
So ruht nun der große Mann in der Mitte
eines freien Thcileö seines Vaterlandes, für des-
sen Wohl er gelebt, gearbeitet, gekämpft, ge-
blutet und geduldet hatte. Zwar gingen feine
Wünsche nicht ganz in Erfüllung, und — wir
wagen die Behauptung — die Polen waren cs
nicht werth; aber das Blut des Edeln war bei
Macziewicz nicht umsonst geflossen, so wie seine
Mühe und Anstrengung nicht vergebens gewesen
ist. Denn ein großer Theil der Hoffnungen,
welche die Polen früher auf Kosciuszko gesetzt,
die ihnen Napoleon spater neu angefacht, aber
nur spärlich verwirklicht hatte, wurde von Ale-
xander endlich ins Leben gerufen; er hat dem
Königreich Polen — wenn auch nur einem Theile
des ehemaligen — seinen Namen und seine Sprache
erhalten, und eine freisinnige Verfassung gegeben.
Kosciuszkos Name wird nicht allein unter sei-
nem Volke, in der ganzen gesitteten Welt wird
er von Mund zu Mund gepflanzt werden, die
Geschichte hat ihn mit Bewunderung in das Buch
des Seclcnadcls, des Ruhmes und der Unsterb-
lichkeit ausgezeichnet: denn an ihm klebt keine
Schuld, kein Vorwurf irgend einer Unrechtlich-
keit, kein Flecken verletzter Treue oder heiliger
 
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