Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 2.1913

DOI Heft:
II. Aktuelles
DOI Artikel:
1. Die Erhaltung des römischen Kaiserpalastes in Trier
DOI Artikel:
2. Das Straßburger Münster
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29655#0322
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
306

Straßburger Münster.

Ruine ist nicht bloß eine archäologische Tatsache, sondern eine Ruine ist
auch ein Komplex ästhetischer Werte. Zweifellos hat die Vegetation Ein-
fluß auf den Eindruck, den sie auf uns macht, auf die Ideenassoziationen,
die sie in uns wachruft. Die Vegetation ist gerade das, was die Ruine —
wenn ich so sagen soll —- ans Leben fesselt, mit dem Lehen noch verbindet.
Ich will das nicht weiter ausfiihren. Es ist ein bequemes Dogma geworden,
daß alle Vegetation an einer Ruine schädlich und ein Element der Zerstörung
sei. Ich will keineswegs das volle Gegenteil behaupten. Das läge mir fern.
Aber ich glaube nicht, daß dieses Dogma im ganzen Umfange richtig ist.
Je nach der Pflanzengattung einerseits, der Art des Mauerwerks andererseits,
wird die Wirkung verschieden sein. Im vorigen Winter hatte ich Gelegen-
heit, an einer Kommissionssitzung teilzunehmen, in der es sich um Erhaltung
der römischen Wasserleitung bei Metz handelte, welche auch mit Vegetation
bewachsen ist, und da stellte nun ein sehr erfahrener Techniker, der
Ministerialdirektor Fecht in Straßburg, fest, daß nach seinen Beobachtungen
unter Umständen Vegetation sogar zur Erhaltung beitrage. (Zustimmung.)
Ich will seine Gründe hier nicht wiederholen. Aber was ich hier angeregt
haben möchte, ist dieses, daß man sich mit diesem Dogma nicht abfinden
möge, sondern ich richte an alle, gewiß nicht wenigen anwesenden Herren,
die Gelegenheit haben, in fortlaufender Beobachtung Ruinen vor Augen zu
sehen — ich richte an sie alle die Bitte, genauer festzustellen, unter welchen
Umständen Vegetation wirklich schädlich ist. Dieses Dogma also, meine
Herren, möge einmal untersucht, und es möge künftig einmal auch auf einem
unserer Denkmalpflegetage darüber referiert werden.

2. Das Straßburger Münster
Freiburg i. B. 1901
Referent: Dombaumeister Arntz-Straßburg:

Meine Herren! Ich nehme das Wort, um Ihre Aufmerksamkeit auf
ein Baudenkmal jenseits des Rheinstroms zu lenken, auf ein Werk deutscher
Baukunst, das, dem Freiburger Münster verwandt, eine fast zweihundert-
jährige Fremdherrschaft überdauert, als ein Wahrzeichen deutschen Geistes-
lebens.

Die technische Pflege des Straßburger Münsters darf wohl in mehr als
einer Hinsicht Ihre Teilnahme in Anspruch nehmen, um so mehr, als in letzter
Zeit auch um das stolze Werk der einstigen Straßburger Bauhütte gar
sorgenvolle Schatten schweben.

Die praktische Denkmalpflege ist bekanntlich mehr oder weniger ein
geistiges Kampfgebiet. Denn es gilt da die dauernde Bewahrung der edelsten
geistigen Errungenschaften im Strome der Zeit, den wirksamen Schutz eines
unersetzlichen Erbgutes, die bewußte Verteidigung unserer geschichtlichen
Bauwerke gegen feindliche Mächte mannigfaltigster Art. Wenn die Sturm-
flut über das Land hereinbricht, wird wohl der Deichverband aufgeboten,
um zu retten, was sich retten läßt; der gewissenhafte Deichhauptmann aber
untersucht sorgfältig die Dämme, läßt sie ausbessern und in stand setzen,
um sie widerstandsfähiger zu machen gegen die Angriffe der Flut. Auch in
der technischen Pflege der Bauwerke dürfen wir uns nicht allein auf die
 
Annotationen