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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 2.1913

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I. Die Praxis der Denkmalpflege
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9. Bemalung und Konservierung mittelalterlicher Holz- und Steinskulpturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29655#0251
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Pflege mittelalterlicher Skulpturen.

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9. Bemalung und Konservierung mittelalterlicher
Holz- und Steinskulpturen

Brannscliweig 1906

Referent: Provinzialkonservator Professor Dr. Haupt-Eutin:

Meine Herren! Lassen Sie mich, die Bemerkung vorausschicken, daß
ich nicht von dem Ob, sondern nur von dem Wie reden will. Was an mir
liegt, will ich also alles tun, um zu vermeiden, daß irgend der verderbliche
Streit angesponnen werde, der die Freunde der Denkmalpflege zur Freude
nur ihrer Gegner in zwei Lager teilt. Ich würde es als eine Entgleisung
betrachten müssen, wenn ich mich verleiten ließe, auch dem etwaigen Ver-
suche, die Verhandlung auf jenes Feld hinüberzuspielen, nachzugeben. Nur
in der Beschränkung kann unsere gemeinsame Betrachtung fruchtbar werden.

Das Thema, so wie es in der Tagesordnung erscheint, heißt: Bemalung
und Konservierung mittelalterlicher Holzskulpturen.

Da für den Denkmalpfleger kaum jemals Bemalung, sondern nur Wieder-
herstellung von alter Bemalung in Frage kommt, und da mittelalterliche Holz-
skulptur so gut wie immer bemalt ist, darf ich es in dem Sinne behandeln,
als laute es: Die Pflege mittelalterlicher Holzskulpturen.

Von Ausführungen über die Bemalung an sich, wenn sie jemand
erwartet haben sollte, darf ich um so eher absehen, als darüber aus Büchern,
z. B. aus Kuhns bei Schwann zu Düsseldorf erschienenem Buche, alles Nötige
zu entnehmen ist. Auch steht ja zu erwarten, daß wir auf dieser Tagung
selbst von anderer, berufener Seite darüber unterrichtet werden.

Jene Pflege im Sinne der Denkmalfreundlichkeit üben, heißt im allge-
meinen: erstens vor gewaltsamer Zerstörung schützen, zweitens die Ursachen
des künftigen Unterganges beseitigen, also innere und äußere Angriffe auf-
heben und den Fortgang der Verderbnis auf halten, drittens aber die Spuren
und Folgen der zerstörenden Angriffe entfernen.

Das letzte ist freilich nichts anderes, als helfen und die richtigsten
Mittel und Wege dafür wissen oder finden, um den Gegenstand wieder in
dem Zustande erscheinen zu lassen, in dem er zuerst gewesen, aus der Hand
seines Urhebers hervorgegangen ist, also in dem, wo sein Aussehen die Idee
des Urhebers verkörpert.

Wegen der beiden ersten dieser Aufgaben soll und kann billigerweise
unter den Denkmalpflegern kein Meinungsunterschied bestehen; wer sie ab-
lehnt, keinen Schutz geleistet haben will gegen gewaltsame Zerstörung, und
wer auch den Fortgang der Zerstörung nicht aufhalten will, ist ein Feind
der Denkmäler selbst, er möge Gründe haben, welche er wolle, und er ist
es dann am meisten, wenn er unter der Flagge der Denkmalfreundlichkeit
mitsegelt.

In bezug auf die Wiederherstellung in den ursprünglichen, d. h. einen
ihm möglichst nahen Zustand gehen, das wissen wir, die Ansichten und Ab-
sichten theoretisch gar weit auseinander. So schnell und entschieden vielleicht
mancher eingreift, vom Geiste getrieben, wenn er in seinem Eigentum ganz
selbständig, ohne Zutun und Zuschauen anderer, handeln kann oder muß, so
scharf kritisch, ja bösartig ist er, sind wir vielleicht alle im Beurteilen dessen,
was wir nicht selbst gemacht haben. Da man alles auf der Welt, ganz
 
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