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Denkmalpflege: Auszug aus d. stenograph. Berichten d. Tages für Denkmalpflege 1900 - 1912 — 2.1913

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II. Aktuelles
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3. Die Wiederherstellung des Meißner Doms
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4. Die Erhaltung des Heidelberger Schlosses
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https://doi.org/10.11588/diglit.29655#0369
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Heidelberger Schloß.

353’

Dr. Berling! (Vorsitzender: Er war hier! Zuruf: Er ist nicht mehr da!)
Er würde es am besten bestätigen können. Wie gesagt wurde, sind die
Amateurphotographien leider nicht recht klar, und darum hat Herr Dr.
Bruck ein zweites Blatt nach dem Original retuschieren lassen, um die Sache
klarer zu stellen. Es ist also nach meiner Ansicht die Einwendung Schäfers
undiskutabel, wenn ich Ihnen versichere, und wenn Dr. Bruck Ihnen ver-
sichert, daß auf dem Bilde die drei Türme sichtbar sind.

4. Die Erhaltung des Heidelberger Schlosses
Bamberg 1905

Referent: Geh. Hofrat Professor Dr. von Oechelhaeuser-Karlsruhe :

Meine Herren! Es war im Jahre 1589. Da tobte der Aufruhr in den
Mauern Bolognas. Ein heftiger Kampf war entbrannt, die Bürgerschaft der
alten etruskischen Metropole in zwei Lager gespalten. Aber nicht: Hie
Welf, hie Weihling, lautete der Schlachtruf, sondern: Hie Gotik, hie
Renaissance, hie arte tedesca, hie arte nostra! Es handelte sich nämlich
um die Restauration und den Ausbau von St. Petronio. Der zwei Jahr-
hunderte vorher, bekanntlich in Konkurrenz mit dem Mailänder Dome be-
gonnene Bau der städtischen Hauptkirche war im Laufe des 15. Jahr-
hunderts nur im Langhause notdürftig unter Dach gebracht worden. Seit
Beginn des 16. Jahrhunderts setzte die Bürgerschaft ihren Stolz darein, das
großartige Werk, das halb Fragment, halb Ruine war, zu restaurieren und zu
vollenden. Es fragte sich nur: wie? Nach den alten Plänen gotisch oder im
Stile der neuen Kunst eines Perruzzi, Vignola, Giulio Romano oder Palladio?
Magistrat und Baubehörde hatten nämlich diese Meister mit Gutachten und
Anfertigung von Entwürfen betraut, alles schien im besten Gleise, da erhob
sich plötzlich die Opposition, und zwar innerhalb der Bürgerschaft seihst.
Die Laienkreise unter Führung eines kunstbegeisterten, tapferen Schneider-
leins, Namens Carlo Cremona, traten energisch für die Stileinheit von
St. Petronio ein. Mit Triangulatur und Quadratur, mit der Lehre von den
Proportionen auf Grundlage des gleichseitigen Dreieckes wurde gegen die
antikischen Ordnungen und die Autorität Vitruvs mit ebenso großer Be-
geisterung, wie geringer Sachkenntnis gestritten. Ganz Italien nahm Partei,
bis an die Stufen des Thrones Petri drangen die Beschwerdeführer.

Ich muß mir versagen, auf die Einzelheiten dieses interessanten Pro-
zesses, den uns Anton Springer in seinen Bildern zur neuen Kunstgeschichte
unter dem Titel »Der gotische Schneider von Bologna“ so reizend geschildert
hat, weiter einzugehen. Habe ich dies Beispiel aus dem Ende des 16. Jahr-
hunderts doch nur gewählt, um zu zeigen, daß der Streit um das Heidel-
berger Schloß, der zurzeit ganz Deutschland bewegt, nichts Neues unter
der Sonne darstellt, daß bereits in früheren Jahrhunderten derartige Kunst-
fragen unter leidenschaftlicher Teilnahme weiterer Volkskreise verhandelt
worden sind.

An sich liegen die Verhältnisse in beiden Fällen ja recht verschieden.
In Bologna handelte es sich im 16. Jahrhundert um das Wie, beim Heidel-
berger Schlosse handelt es sich heute in der Hauptsache um das Ob. Aber
auch noch in einem anderen Punkte trifft hier der Spruch des weisen Ben
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