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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1915)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Zum Gedenken an Geibel: zum 17. Oktober 1915
DOI Artikel:
Düsel, Friedrich: Ernst Hardt und sein "König Salomon"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0080

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And noch ein bewegtes, „D a s Bad":

Wenn überm Meer das Frührot brennt
And alle Küsten rauchen,

Wie lieb ich dann ins Element
Befreit hinabzutauchen!

Tiefpurpurn schwillt um mich die Flut
And zittert, Well an Welle;

Mir däucht, ich bad in Drachenblut
Wie Siegfried einst, der Schnelle.

Mein tzerz wird fest, und wie es lauscht,

Bon junger Kraft durchdrungen,

Versteht's, was Wind und Woge rauscht,

And aller Vögel Zungen.

Wer solche Stücke genossen hat und dann zu Geibels Gedichtbänden
greift, der wird freilich enttäuscht werden. Derlei steht einsam in ihnen.
And wer mit den gebärdenreichen schönen und meist doch dünnen Reden,
die Geibels Bände füllen, die Lyrik Mörikes, tzebbels, Kellers, wer mit
Geibels schönen Wellen auf der Fläche das Aufquellen aus den Lebens-
tiefen bei den eigentlichen Lyrikern vergleicht, der kann auch nicht wün-
schen, daß Geibel jemals wieder zum Liebling der Vielen werde. Er
kann nicht einmal wünschen, daß die Iugend sich in ihn wieder „ein-
lese". Denn wer sich in der Iugend an Rethorik gewöhnt, dem ver-
drängt das Einfühlen in Rhetorik. leicht das Sich-Einfühlen und Ein-
schauen in gestaltende Phantasie, die größten Lebenswerte aber ver-
mittelt ja immer nur das Gestaltete, nicht das Gesprochene. Wir müssen
seinen vielen Bänden die weitere Ruhe wünschen, trotzdem wir seiner
mit Ehrfurcht gedenken. So webt letzten Endes um die ganze literarische
Erscheinung „Geibel" ein tzauch von der Wehmut, die durch so viele seiner
Rltersgedichte klingt. ^ A.

Ernst Hardt

und sein „König Salomon

//

^^^-ur einmal hat Ernst tzardt einen Stoff eignen persönlichen Erlebens
> Zu gestalten versucht; das war vor zwölf Iahren, als er das bürger-
^ ^liche Drama „Der Kampf ums Rosenrote" schrieb, ein Stück aus der
sich ewig wiederholenden Tragödie der Generationen, aus dem nie ver-
altenden Kampf zwischen Eltern und Kindern, rechthaberisch erstarrter
Erfahrung und unbeschwerter, auf eignem Boot zu eignen Zielen steuernder
Iugend. Frühreife Reflexion und bedenkenlose Theatralik gewinnen in
diesen Szenen bald mehr Raum, als ihrer dichterischen Wirkung heilsam
ist. Aber auch nach langer Zeit noch bleibt für die Erinnerung ein warmer
Nachglanz jugendlicher Empfindungsglut, das Rachzittern eines Mitge-
fühls, dessen bebende Stimme nicht unecht sein kann. Seitdem ist tzardt
nicht wieder unmittelbar bei sich selbst eingekehrt, sondern hat den Wander-
stab ergriffen und in der weiten Welt der Sage und Geschichte nach Stoffen
gesucht, die ihm den Kanevas für seine eigentümliche Begabung lieferten.

Von Werk zu Werk hat sich dabei deutlicher gezeigt, daß diese Begabung
 
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