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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1915)
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Unsre Bilder und Noten
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An unsre Leser
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0314

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stungsfähige Chöre werden gern nach dem zeitgemäßen und doch gehalt»
vollen Stück greifen und ihre Freude daran haben. L. S.

Äber „Hayms „Attacke" wolle man den Rundschaubeitrag „Kriegs-
lieder 2" in diesem Heft nachlesen.

An unsre Leser

)nee, wieder Schnee draußen, aber er weiß noch nicht
recht, geht er oder bleibt er. Da und dort ein Leiter»
wagen waldher mit grünen Gästen, denen man beim
Absteigen hilft. In den Schaufenstern ein Aufmun«
tern und auf den Gesichtern jenes Mancherlei von
Geschäftigkeit, Vergnügtheit und tzeimlichkeit, das den
Gedanken „wenn du wüßtest, was ich dir beschere^
unbewußt vor sich hinlächelt. So pflegte man die
Zeit damals anzusehn, damals im Frieden, wenn
man vor Weihnachten sich besann. Das Unerfreuliche
gab's neben dem (Lrfreulichen auch. Aber die Ge»
samtstimmung war, wenn wir Schreiber und Leser zueinander sprachen:
daß wir uns nach getaner Vor-Weihnachtsarbeit von tzerzen friedlich
zusammensetzten zum Plaudern für das Viertelstündchen, bis es klingelt:
der Baum brennt. Der Lichterbaum stand in der Mitte unsres Weihnachts-
gefühls. Die ferne Grenze aber dieser holden Welt, die war der Wald.
Der Wald mit dem gefiederten und gepelzten Leben darin, der seine Fichten
und Tannen zu uns schickte, und in dessen Geheimnis-Reich tief, tief innen
Frau Berthas Zug aufs Christkind traf. Der deutsche Wald stand auf allen
Seiten irgendwo dahinten im Gemüt, er, das Symbol der tzeimat, mit
den Feldern um ihn und den tzerdstätten zwischen den Feldern, mit dem
Windrauschen in seinen Wipfeln und mit dem Märchen, das ihn durch«
flüstert.

tzeuer ist alles anders. tzeuer dehnt sich auch um das deutsche Weih-
uachtsgefühl noch ein weiterer Ring. Die Front. Die Front ist es-
die auch den Wald der Wirklichkeit, des Träumens und der Sehnsucht,
sie ist es, welche die tzeimat und das Deutschtum mit bergendem Um-
armen schützt. So ist keine Zeit zur Idylle jetzt. Das Lpos dröhnt über
die Crde, die Tragödie lebt sich auch in Körpern dar, die Lyrik glutet
aus Feuerscheinen an sieben tzorizonten und singt aus den weiten Gräber-
städten im Boden herauf. Alles das ist noch ungeordnet, ungestaltet, ist
wie im Chaos da, aber es ist da als Kraft. Unsre armen Worte er-
fassen es noch nicht, unsere Begriffe zerpochen sich daran wie Schwalben-
köpfe am Leuchtturm, unsere Gefühle würden vielleicht verbrannt und
erschlagen, wenn mehr als ein Winziges dieses Starkstroms in sie ein-
dränge. Vielleicht braucht das Filigran-Rervending Mensch eine Sicherung
noch viel mehr als ein Gewebe elektrischer Drähte Sicherungen braucht.
Aber so viel an Kraft von der da draußen ein jeder verarbeiten kann, ohne
daß er schmilzt, soviel soll er auch von ihr verarbeiten. Wird so aus uns
ein festeres, ein härteres Geschlecht, so ist das recht. Aber ein minder
adliges Geschlecht darf es nicht sein, denn nie und nie darf der Weg der
deutschen Menschheit abwärts gehn. Was wir von den Iahrtausenden
haben, das halten wir, wenn wir fühlen: es hat uns gehoben. Wenn

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