glaubt; die ihre Opfer aus tiefer Äberzeugung spendet, unbeeiuflußt vou Er-
füllungeu und Euttäuschungen des Augenblicks; die nicht der täglichen Anfeue-
rung und Auffrischung bedarf.
Iiu Anschlutz an die politische Beurteilung und Voraussage, ohue Be-
küurmernis um jede noch so rasch erwiesene Irrung, wird die politische Forde-
rung erhoben. Da unsere Kriegsführung in den besten Händeu liegt, so ist
diese politische Forderung uicht eine Forderung des Krieges, sondern des
Friedens; da wir nicht einen Angriffskrieg zu führen gesonnen sind, so ist sie
nicht eine Forderung vou Eroberungen, sondern von Sicherungen.
Hier ist nun, soweit nicht Sonderwünsche sich das Spiel leicht machen, der
ucuen politischen Äbung ein weites Feld bereitet. Änd hier wird denn oft
genug schädlich verkannt, daß Politik nicht in gelehrter oder literarischer An-
wendung von abgezogenen Grundsätzen und Regeln, von überkommenen Be-
griffen und Verlängerungen, von Redensarten und Schlagworten besteht, son-
dern daß sie eine Fähigkeit und eine Kunst ist. Die Fähigkeit, Dinge voraus-
zusehen, die noch nicht sind, und die Kunst, sie zu meistern.
Viele glauben, daß das, was noch nicht ist, sich nicht voraussehen lasse;
dennoch handeln sie, und widersprechen so sich selbst. Andere glauben, das
Künftige lasse sich errechnen uud erklügeln. Beide haben unrecht.
Das örtlich und zeitlich Znfällige läßt sich nicht voraussehen, das Organischs
läßt sich nicht kalkulieren. Wohl aber gibt es eine menschliche Fähigkeit, das
äußerlich Werdende innerlich nachzubilden, so daß das Iufällige abfällt und
das Wesentliche bleibt, das Unwichtige sich verdunkelt und das Wirkende ent-
scheidet. Diese Fähigkeit liegt auf dem Grunde aller cchten politischen Kunst.
Sie ist nicht unfehlbar, und sie wird ganz hinfällig jedesmal dann, wenn
willkürliche Wünsche und Absichten sich in das Bild mischen. Sie ist auch nicht
beweisbar, sondern bestenfalls einleuchtend. Sie äußert sich in starker innerer
Äberzeugung und bekräftigt sich nur dadurch, daß der Träger in einer wach-
sendcn Reihe von Fällen recht behält. Dennoch kann stets, und gerade im
entscheidenden Falle, die Täuschung eintreten; dies rechtfertigt die Erörterung
und den Widerspruch, dies rechtfertigt nicht den zunehmenden Brauch politi-
scher Liebhaberei: daß die Mehrzahl, die von Monat zu Monat ihre Mei-
nung preisgibt, der Minderzahl, deren Voraussagen dauernd stimmen, jede
böse Absicht unterschiebt.
Sicherungen. Es ist vorauszuschicken, daß dieser Begriff kein strategischer,
sondern ein politischer ist.
Es gibt kein Land der Erde, das sich bclicbig lange und beliebig oft gegen
eine beliebige Äberzahl von Gegncrn halten kann. Dabei ist es ganz gleich-
gültig, welcher Art und Zahl seine militärischen Sichcrungen sind. Eine
Sichcrung kann daher nur wirken unter der Voraussetzung einigermaßen aus-
geglichener phhsischer und politischer Vcrhältnisse. Da aber die Beschaffung
einer Sicherung auf die politischen Verhältnisse rückwirkt, so kann es kommen,
daß eine vermeintliche Sicherung zum Siegel des Vcrdcrbens wird.
Ein Feldherr erklärt, daß der Bcsitz diescr oder jener Festung im nächsten
Kriege dreihunderttauscnd Mann erspart. Der Staatsmann, ohne die politische
Voraussetzung zu prüfen, beansprucht und erhält die Festung, nnd um dieser
Sicherung willen muß ein neucr Krieg geführt werdeu, der drei Milliouen
Mann kostet.
Das Beispiel mag schlecht gewählt scheinen, deun geradc befestigte Plätze
haben dcn Ruhm der Änüberwiudlichkeit in diescm Kriege eingebüßt. Um so
mehr wird dcr Grundsatz bekrästigt: denn bcständig und unvoraussehbar wan-
deln sich die kriegerischen Machtmittel. Heerstraßen, Reiterei und Schlachtschiffe
treten zurück, Menschenmassen, innere Organisation, Verkchrsmittel, Luft- und
Tiefseewaffen, Hcilmittel, Sprengstoffe und Gifte beherrschen die Kampfplätzc.
Von der Geometrie, dcr animalischen Krast, der einfachen Mechanik ist die
technische Führung auf Physik und Ehemie, Industrie und Wirtschaft über-
gegangen. Die menschliche Beanspruchung glestet von den Muskeln auf die
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füllungeu und Euttäuschungen des Augenblicks; die nicht der täglichen Anfeue-
rung und Auffrischung bedarf.
Iiu Anschlutz an die politische Beurteilung und Voraussage, ohue Be-
küurmernis um jede noch so rasch erwiesene Irrung, wird die politische Forde-
rung erhoben. Da unsere Kriegsführung in den besten Händeu liegt, so ist
diese politische Forderung uicht eine Forderung des Krieges, sondern des
Friedens; da wir nicht einen Angriffskrieg zu führen gesonnen sind, so ist sie
nicht eine Forderung vou Eroberungen, sondern von Sicherungen.
Hier ist nun, soweit nicht Sonderwünsche sich das Spiel leicht machen, der
ucuen politischen Äbung ein weites Feld bereitet. Änd hier wird denn oft
genug schädlich verkannt, daß Politik nicht in gelehrter oder literarischer An-
wendung von abgezogenen Grundsätzen und Regeln, von überkommenen Be-
griffen und Verlängerungen, von Redensarten und Schlagworten besteht, son-
dern daß sie eine Fähigkeit und eine Kunst ist. Die Fähigkeit, Dinge voraus-
zusehen, die noch nicht sind, und die Kunst, sie zu meistern.
Viele glauben, daß das, was noch nicht ist, sich nicht voraussehen lasse;
dennoch handeln sie, und widersprechen so sich selbst. Andere glauben, das
Künftige lasse sich errechnen uud erklügeln. Beide haben unrecht.
Das örtlich und zeitlich Znfällige läßt sich nicht voraussehen, das Organischs
läßt sich nicht kalkulieren. Wohl aber gibt es eine menschliche Fähigkeit, das
äußerlich Werdende innerlich nachzubilden, so daß das Iufällige abfällt und
das Wesentliche bleibt, das Unwichtige sich verdunkelt und das Wirkende ent-
scheidet. Diese Fähigkeit liegt auf dem Grunde aller cchten politischen Kunst.
Sie ist nicht unfehlbar, und sie wird ganz hinfällig jedesmal dann, wenn
willkürliche Wünsche und Absichten sich in das Bild mischen. Sie ist auch nicht
beweisbar, sondern bestenfalls einleuchtend. Sie äußert sich in starker innerer
Äberzeugung und bekräftigt sich nur dadurch, daß der Träger in einer wach-
sendcn Reihe von Fällen recht behält. Dennoch kann stets, und gerade im
entscheidenden Falle, die Täuschung eintreten; dies rechtfertigt die Erörterung
und den Widerspruch, dies rechtfertigt nicht den zunehmenden Brauch politi-
scher Liebhaberei: daß die Mehrzahl, die von Monat zu Monat ihre Mei-
nung preisgibt, der Minderzahl, deren Voraussagen dauernd stimmen, jede
böse Absicht unterschiebt.
Sicherungen. Es ist vorauszuschicken, daß dieser Begriff kein strategischer,
sondern ein politischer ist.
Es gibt kein Land der Erde, das sich bclicbig lange und beliebig oft gegen
eine beliebige Äberzahl von Gegncrn halten kann. Dabei ist es ganz gleich-
gültig, welcher Art und Zahl seine militärischen Sichcrungen sind. Eine
Sichcrung kann daher nur wirken unter der Voraussetzung einigermaßen aus-
geglichener phhsischer und politischer Vcrhältnisse. Da aber die Beschaffung
einer Sicherung auf die politischen Verhältnisse rückwirkt, so kann es kommen,
daß eine vermeintliche Sicherung zum Siegel des Vcrdcrbens wird.
Ein Feldherr erklärt, daß der Bcsitz diescr oder jener Festung im nächsten
Kriege dreihunderttauscnd Mann erspart. Der Staatsmann, ohne die politische
Voraussetzung zu prüfen, beansprucht und erhält die Festung, nnd um dieser
Sicherung willen muß ein neucr Krieg geführt werdeu, der drei Milliouen
Mann kostet.
Das Beispiel mag schlecht gewählt scheinen, deun geradc befestigte Plätze
haben dcn Ruhm der Änüberwiudlichkeit in diescm Kriege eingebüßt. Um so
mehr wird dcr Grundsatz bekrästigt: denn bcständig und unvoraussehbar wan-
deln sich die kriegerischen Machtmittel. Heerstraßen, Reiterei und Schlachtschiffe
treten zurück, Menschenmassen, innere Organisation, Verkchrsmittel, Luft- und
Tiefseewaffen, Hcilmittel, Sprengstoffe und Gifte beherrschen die Kampfplätzc.
Von der Geometrie, dcr animalischen Krast, der einfachen Mechanik ist die
technische Führung auf Physik und Ehemie, Industrie und Wirtschaft über-
gegangen. Die menschliche Beanspruchung glestet von den Muskeln auf die
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