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Beck, Paul [Editor]; Hofele, Engelbert [Editor]; Diözese Rottenburg [Editor]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 7.1890

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Beck, Paul A.: Zum Ulmer Münsterjubiläum 1890. Die Altäre und Pfründen im Ulmer Münster, [1]: ein Beitrag zur vorreformatorischen Geschichte desselben
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https://doi.org/10.11588/diglit.20201#0054

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nähme des Sakramentes der Firmung oder von Visitationen
durch den Bischof oder Weihbischof von Konstanz, oder an-
läßlich sonstiger Anwesenheit von Bischöfen ihre Weihe (Konse-
kration) erhalten haben. Die von Frik-Haffner in seiner
Münsterbeschreibung (Ulm, 1766 bei Albr. Fried. Bartholomäi,
S. 52) nach alten Chroniken gegebene Nachricht von der An-
kunft eines Kardinals Marens als Legat Papst Sixti IV.
am St. Veitabend des I. 1474 zu Ulm, „welcher" (nach
den gen. Chroniken) „auf Johannes Baptistä in unserer
Frauen Pfarrkirchen das Amt der hl. Meß unter seiner Insul
sang, und die Kirch mit vielem Ablaß, Jndulgentien und
Reliquien begabte", braucht nicht mit einer nochmaligen
Münsterweihe, auf eine solche z. B. Dieterich in seiner „Orgel-
predigt" anspielt, in Verbindung gebracht zu werden. Bis
zum Jahr 1405 — und wahrscheinlich noch eine Generation
darüber hinaus — scheint jedenfalls die alte, seit 1220 ur-
kundlich nachgewiesene, nach anderen aber schon um das
Jahr 1092 oder gar früher bestandene, vor dem Frauenthor
gelegene Pfarrkirche zu „U. L. Frau" (nicht zu „Allen Hei-
ligen", wie hin und wieder angegeben) benützt H und erst ganz
allmählich niedergelegt worden zu sein; und ist die an sich schon
ganz unwahrscheinliche, von anderen, wie auch von Frik-Haffner
(S. 4 n. 8) nachgeschriebene Angabe, daß diese alte Pfarr-
kirche sofort Leim Beginn des Münsterbaues uiedergerisseu
worden sei, unrichtig; die nach Felix Fabri u. a. innerhalb der
Münsterbaustelle errichtete hölzerne Jnterimskirche (Frik-
Haffner a. a. O., § 5, S. 8) kann gleichwohl daneben be-
standen haben. Die alte, dem Untergange geweihte Pfarr-
kirche mochte sich, wenn sie auch an sich nicht klein war, dem
neu sich erhebenden Münster gegenüber, welches weder Kathedral-
oder bischöfliche, weder Stifts- noch Abteikirche, sondern gemeine
Pfarrkirche, alle Pfarrkirchen der Welt an Größe und Um-
fang überragte, äußerst zwerghaft und verschwindend aus-
genommen haben! Dem Riesenbau entsprach aber auch die
Einrichtung im Innern mit Heiligtümern, Altarwerken, Kunst-
gebilden aller Art, Skulpturen, Gemälden ul lresco, auf Holz
und Glas re. Zählte die alte ehrwürdige eingegangene Pfarr-
kirche, soviel wir von ihr wissen, sieben Altäre, nämlich aus
dem Jahr 1356 einen zu St. Johaunseu, 1358 einen in-
mitten bei der Saul zu St. Peter und dem hl. Kreuz, 1360
U. L. Frauen, 1362 bei der ersten Nebenthüre in Ehre der
hl. Dreifaltigkeit und St. Peters und Pauls (d. i. den
Betzen-Ruschen-Altar), im gleichen Jahr einen Altar in der
Ecke bei St. Jakobs Altar zu Ehre St. Konrads, St. Die-
polds und St. Mariä Magdalenä, im Jahr 1366 einen von
Jtel Lew (Leowen) von Giengen gestifteten, weiter den Falben-
altar, so sollte der neue inmitten der Stadt sich erhebende
Tempel nach glaubwürdiger Ueberlieferuug und der Angabe
Felix Fabris aus d. I. 1488 im ganzen nicht weniger wie
51 Altäre erhalten, wie sie mehr keine Kirche der Christenheit
aufzuweisen hatte. Ob die Ulmer mit einem solchen Riesen-
bau und einem solchen Prachttempel, insbesondere mit der
Planung der drei für eine bischöfliche Kirche erforderlichen
Türme sich, wie da und dort zu lesen, Hoffnung auf eine
Verlegung des Bischofssitzes von Konstanz gemacht, dafür
haben sich Nachweise nicht erbringen lassen. Ohne Zweifel
wurden, wie die andere Ausschmückung, Bilder, Epitaphien rc.
(so nach Frik-Haffner a. a. O. § 3, S. 4), die Skulpturen
der vier Bogeufelder au der Süd- und Nordseite des Münsters rc.,
auch die bisherigen Altäre aus der alten Pfarrkirche
in das Münster übertragen und hier aufgestellt. Als

früheste Altarstiftnugen in das Münster werden genannt A
Raisersiche Altar — laut einer Inschrift an der 9^
Süden gelegenen inneren Mauerfläche des südlichen SeN',
schiffs — um das Jahr 1378, der Kräften altar, f
Baltring er- (ja nicht zu verwechseln mit Baldinger-) AlO
um d. I. 1381, der Kaiben-Altar uni d. I. 1387 n>
der Strölin-Altar zwischen 1378 und 1388; gewiß)!'
daß im folgenden 15. Jahrhundert die Zahl sämtlicher Altack
diejenigen in den Geschlechtergrnfteu ungerechnet, bis
wenigstens 51 gestiegen war. Nach Mauchs Bau»-,- ,
der Stadt Ulm und ihres Münsters rc. (Ulm 1864) ww
dieselben ums Jahr 1420—1430, also lange vor den ^
Wölbungen, von welchen die des Chores sich i. I.. 1449, ck
des Mittelschiffs i. 1.1471, die der Leiden Seitenschiffe sich
i. 1.1478 schlossen, aufgestellt; nach seiner Vorstellung wH ^
riesenhafte Kirchenraum mit einem Bretterdach zu einer Intern
kirche eingerichtet. Diese Altäre waren meist von UiiNi),
weniger von Auswärtigen gestiftet und mit Pfründen,
Einkünften versehen, deren Patron gewöhnlich das Haupt V
Stifterfamilie war; für gewisse Fälle war im Stiftungen
in der Regel die Bestimmung getroffen, daß das PatronaO
den Rat fallen solle. Außerdem gehörte zu jedem dieser Al ^
die erforderliche Ausschmückung, welche je nach Uinst^'^,
mehr' oder weniger reichlich ausfiel, so zum Kraftenaltar, „„
vergüldeter Kelch, ein vergüldt Paten, ein Mißbnch, ein 9 ,
den Mißgewaud mit rother Velduug, darauf ein GH.
Schild, ein rothsammet Mißgewaud, darauf zwei silbern ^
und Helm, ein rothseiden Mißgewaud, darauf ein > ^
Schild, eil! weiß Mißgewaud, die zu jedem Meßgewand >,
forderlichen Stolen und Handfahneu und drei Alben und ein
beschlagen Almei, darin man das schließt in der Sakristei und o I
genähte Altartücher" H. Die Altarstiftung mußte zuvor d>^,
den Diöcesanbischof von Konstanz konfirmiert werden,
auch den präsentierten Altaristen bestätigte und durch ^
Kapitelsdekan einweihen und investieren ließ. Der Bell/^,
war vielfach ein Verwandter des Stifters, die Verleihung ^
Pfründe zugleich eine Versorgung. Derselbe braucht 9)^,
noch nicht ausgeweiht zu sein; er hatte nur das Versp^^
abzulegeu, binnen einer gewissen Frist geistlich zu werden ^
alsdann seinen Altar durch sich zu besingen; hin und un^
kommt auch die Auflage vor, jeden Sonntag der Seelen^,-
Stifters und der Eltern desselben zu gedenken ruck das ^,,,
unser, das Ave Maria und Glaubensbekenntnis dentsw^
sprechen. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts war ^
Münster im Innern jedenfalls nicht nur vollständig ansge ^
sondern mit Altären, Statuen, Gemälden, überhanp ^>-
kirchlichen Kunstwerken aller Art überfüllt. Um sich eu(^
maßen einen Begriff von dem früheren Aussehen
Tempels im Innern zu katholischen und vor bilderstürineln^
Zeiten machen zu können, soweit eine solche Vorstellung ^
der längst erfolgten Vernichtung fast der gesamten ^ M
Ausstattung und bei dem Abgeheu von kunsthistorischsiOj^
schreibungeu über dieses Tempelinnere überhaupt noch
ist es unumgänglich, zunächst alle Altäre, welche dock ^
Grundstock der inneren Ausschmückung bildeten, nach
anfzuzählen und im Geiste an sich vorüberziehen zu
Dieselben waren in der Regel nach ihren Stiftern, bezw-
Familien benannt, welche hernach meist zur Reformation
getreten, jetzt aber weitaus größtenteils ausgestorben
Sie waren fast durchgängig in den Schiffen (und Seitental
des Münsters an den Seiteuwänden (Nord- und Sn

0 S. Presse!, ci. a. O. S. 14.

0 Aus Presse!, a. a. O. S. 29.
 
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