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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 7.1890

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Holl, Joseph: Der Weißenhorner Kunstmaler Konrad Huber, [1]: von Altdorf-Weingarten, † 1830
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https://doi.org/10.11588/diglit.20201#0090

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zösischen Geschmacks an sich. Die Heiligen sind nicht selten
phantastische Theaterfiguren, an denen wenig wahrhaft Seelen-
volles ist. Als Staffage liebt er Lei größern Gemälden schwer-
fällige Stiegen, Galerien und Gesimse, wo die Figuren sitzen
oder herumwandeln. Manches ist so leichtsinnig hingepinselt,
daß man sich wundern muß, wie vom nämlichen Maler so
Verschiedenartiges kommen kann. So war der Mann, dessen
Gattin, Haus und, wenn man so sagen darf, Geschäft der
jugendliche Huber übernahm. In vielen Kirchen trifft man
die Gemälde beider nebeneinander; da sieht man am deut-
lichsten, welch großen Fortschritt es bedeutet, daß Huber die
Kunstrichtung seines Vorfahrers sich nicht aneignete.

Hofen, Jllerberg, Rennertshofen, Straß, Witzighausen u.
In Rennertshofen ist im Langhause der Kirche auch ^
großes Bild, welches in der Mitte Christus uud rings
ihn die 12 Apostel vorstellt. Dieses malte Benedikt H^,,
von Weingarten, ein Neffe des hiesigen; es erreicht aber ^
den Wert des Oheims. j.
Auch in weiterer Entfernung findet man oft Kirche" ^
Bildern von unserm Huber, z. B. iu Anhofen, Burgau,
Gundelsingen, Kisseudvrf. In Steicheles Archiv findet ^
viele angegeben. Sehr viele malte er nach WürtteiP^
Wenn man nur nach Ober- uud Unterkirchberg geht,
man seine Werke; letzteres hat gegen 18 Bilder von ihi»'

II. Umfang seiner Wirksamkeit.
Es ist schwer oder vielmehr unmöglich, nur annähernd
zu bezeichnen, welche größeren Gemälde der unermüdliche
Huber, der dahier in der Hauptstraße sein eigenes Haus hatte,
zu Tage förderte. Er arbeitete rasch und billig. Naglers
Lexikon sagt: „Er malte 165 Altarbilder und 40 Kirchen
zierte er mit seinem Pinsel." Unzählbar sind die einzelnen
religiösen Bilder, die sich teils in Kirchen, teils im Privatbesitz
befinden, die Kreuzwege, Porträte re. Natürlich sind diese
Werke nicht alle gleich trefflich; manchem sieht man die Flüch-
tigkeit an, auch erkennt mau den Unterschied zwischen den
Erstlingsarbeiten und den späteren Leistungen, doch tragen
sämtliche in Zeichnung, Gesichtsansdruck und Kolorit die
Individualität des Meisters so ausgeprägt, daß sie jeder sofort
erkennt, der sich einigermaßen damit vertraut gemacht hat.
Sehr viel beschäftigt war Huber im Gebiet der benach-
barten Reichsabtei Roggenburg unter den drei letzten Prälaten
Georg IV. (ft 1783), Gilbert (ft 1789) und Thaddäus Aigler
(ft nach der Aufhebung 1822). Unter den zum Kloster ge-
hörigen Pfarrkirchen ist kaum eine, die nicht mit Huberschen
Gemälden geziert ist. So ließ der Abt Georg die Wall-
fahrtskirche zu Schießen auf die Säkularfeier 1781 durch
Huber mit einem Cyklus mariauischer Deckengemälde zieren.
Wie die Sage geht, war Huber mit dieser Arbeit nach ihrer
Vollendung nicht zufrieden, und er soll sich erboten haben,
er würde dieselbe aus freien Stücken nochmals machen, wenn
ihm jemand die neuen Gerüste besorgen wollte. In das gleiche
Jahr fällt das große Deckengemälde im Roggenburger Biblio-
theksaal. Unter Hinweis auf Sprüchw. 8,12 und 15,7 ist
Gott und seine persönliche wesensgleiche Weisheit als die
Quelle aller geistlichen uud weltlichen Wissenschaft dargestellt.
Daran reiht sich die im Jahr 1785 von Abt Gilbert neu-
gebaute Kirche iu Breitenthal, dann Biberach 1787, Taferts-
hofen 1788, Jngstetten vom letzten Abt 1790 neugebaut,
Oberwiesenbach 1794, Christertshofen 1796 u. s. w. Die
herrlichen Deckengemälde aus der Legende der hl. Agatha in
Jngstetten sind so frisch, als ob sie erst vor wenigen Wochen
fertig geworden wären.
In den Kirchen von Weißenhorn sind allerdings keine
Huberschen Monumentalgemälde, aber mehrere Altarblätter,
Fasten- und Heiligenbilder, ebenso zahlreiche religiöse Abbil-
dungen und Porträte im Privatbesitz. Der Verfasser dieser
Skizze kaufte im vorigen Jahre 23 Gemälde von Huber,
darunter 6 vom ägyptischen Joseph, im Jahre 1809 gemalt,
und 15 über die Rosenkranzgeheimnisse, die zu seinen schönsten
Leistungen gehören. In der Nachbarschaft haben die Pfarr-
kirchen zu Obenhausen, Oberhausen, Senden und Wullen-
stetten große Hubersche Deckengemälde, während man Altar-
blätter oder andere Bilder in den meisten Kirchen trifft, so in
Attenhofen, Aufheim, Beureu, Bubenhauseu, Elchingen, Hegel-

III. Charakterisierung seiner Gemälde.
Die Huberschen Bilder haben einen eigenen Reiz, lvä ^
unwillkürlich das Herz erfreut uud die Seele erquickt. ^
kommt daher, weil sie so einfach und naturwahr, so austlD,
fromm uud erbaulich sind, auch das Kolorit ist geschmasO
und lebhaft und erhält sich, wo nicht ungünstige C'iiwst
zerstörend wirken, vortrefflich. Weniger wohlwollende
haben den Meister manchmal den Weißenhorner Schönst^
genannt. ^
Gewöhnlich verschmäht er einen prunkvollen Apparat st'^
künstliche Staffage; seine Heiligen schweben ätherisch aufst
Wolken, wo ihnen Engel die Palme oder den Siegest)'
reichen. Wo es angeht, stellt er sie in die frische
hinein und malt eine anmntige Landschaft dazu, so we»^
die Flucht nach Aegypten, die Jünger nach Emaus, deistst
Sebastian darstellt. Seine Frauengestalten tragen nicht st
künstlerischen Typus der königlichen Gemahlin des Zeus jst
Polyklet, seine Männer haben gewöhnlich keine Cäsaren^
sondern zumeist siud es gute Schwaben nnd SchwäbiftD
natürlich idealisiert. Dabei ging er soweit, daß er nicht stst
Porträte verwendete. So zeigt man hier ein Gemälde,
David von Jonathan Abschied nimmt, in dem David
Porträt des Ludolf Weiler, Pfarrers von Roggenburg, ^
Jonathan das Portrait des dortigen Landrichters von
ist. Für eine befreundete Weißenhorner Familie malte e) ^
goldenen Hochzeit der Großeltern die Darstellung J^
Tempel, wo die Porträte der Gefeierten in Simeon und ^
kenntlich sein sollen. So nahm er gerne seine Gestalteil )
der Umgebung. Wo Huber andere Vorbilder, etwa vo>' t
lienischen Künstlern benützt, verfährt er frei; er eiguO^
die Motive, einige Gedanken der Komposition an uud
arbeitet sie in seiner Weise. Seine grell gemalten Säst"
in den Passionsbildern erinnern an manche Gestalten >l^
ländischer Meister.

Wo er den gleichen Stoff, wie es für Kirchen W ,
kam, wiederholt malen mußte, wiederholt er sich keiuftftst
in stereotyper Weise, sondern hat mannigfachen 2st^'st
Hnber ist dabei ebenso entfernt von jenem krassen Realist

der heutzutage Triumphe feiert, als von jener Steifheit, 'Hst
man bei neuen religiösen Gemälden manchmal iu dem
trifft, daß sie wie photographierte Statuen aussehen.
Im allgemeinen zeichnen sich Hubers Bilder mehr

ihre seelenvolle Stimmung, als durch Vollendung der W
und Zeichnung aus. Das innere Seelenleben durch H^st
und Gesichtsausdruck darzustellen, darin ist er eiustftst
Meister. Die Stimmung der Andacht, Begeisterung, st^st
Bewunderung, der Trauer, des Schmerzend, des Schaft
des Abscheues bringt sein Pinsel so lebensvoll znm ^
daß sie jedes Kind versteht. Seine Heiligen haben utästst
hysterische Sentimentalität, welche auf französischen
 
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