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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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M., P.: Eine zu Grunde gegangene Pfarrei, Dürnau, D.H. Göppingen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0014

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Dürnau. Der ik. Herr Dekan von „Dnusdorff" habe
gewollt, das; sie ihn als seinen Dekan nnd Vorgesetzten be-
trachten nnd habe den Kapitelsboten mit einigen Konstanzer
Dekreten nach Dnrnan geschickt; aber der Bote sei mit de»
Dekreten nnd ohne Botenlohn heimgcschickt worden. „Ich
verehre zwar den TLdm. kev. Herrn Dekan als Vorsteher
des Geislinger Kapitels, aber nicht entgegen den Konstanzer
Dekreten als Dekan von Dyrnau", sagt der ?. Superior;
von Anfang an habe man sich vi decreti in Zweifelfällen an
den Dekan von Wiesensteig gewendet und an diese langjährige
Gewohnheit seiner Vorgänger halte auch er sich; eine Aende-
rnng wurde der sonst genug belasteten Mission neue Kosten
verursache», während sie das hl. Oel und alle Dekrete gratis
anS Wicsenstcig bekämen; „wir betrachten demnach den Herrn
Dekan cum insiZm colleZiata VVicsensteiAensi als die ersten
Säulen unserer Mission"; im übrigen möge der Herr Dekan
von Donzdorf den Streit mit dem Herrn Dekan von Wiesen-
stcig ausmache»; ein in ihrem Archiv anfbewahrtes Konstanzer
Dekret ans dem Anfang der Missivnstation werde entscheidend sein.
Noch interessanter ist die Stellungnahme gegen die Luthe-
raner in Dnrnan nnd in dem Filial Gammclshansen. „Meine
Vorgänger haben des Friedens nnd der barmoma wegen ge-
duldet, daß von Katholiken Lutheraner als Paten genommen
wurden. Da aber jetzt N. Bartholomäus Hagc, c;uasi ?a-
rocbus der hiesigen lutherischen Gemeinde diese langgewohnte
Sitte durch Verbot an die Seinigen beseitigt hat, habe ich
gleicher Weise den Meinigen geboten, keinen Lutheraner als
Paten zu wähle». Nach diesen Vorbemerkungen giebt der k.
Superior allen seinen Nachfolgern die Ermahnung, das; sie auch
kein Atom von dem ihnen znstehende» Pfarrechte an die Luthe-
raner preisgeben, »uorunt e»im perbelle, »ostras, ut aiunt,
vicinales conniveutias iu moutes praescriptioms ac juris-
dictionis tractu temporis extollere«. Das haben seine Vor-
gänger erfahren, die sorglos an einem oder anderen Tage die
Kirchweihprozession nach Gammelshausen mit officium und
Predigt daselbst unterlassen haben; als sie dann diese Feier-
lichkeit wieder abhalten wollten, mußten sie weichen »ob§an-
nieutibus protestantibus«. Deswegen sollen seine Nachfolger
in üblicher Feierlichkeit die hl. Kommunion auch in akatholi-
sche Häuser bringen, die nach Gewohnheit den Tisch Herrichten
müssen (zur Versetzung von Katholiken) nnd wenn in Gam-
melshausen Sterbende zu versehen seien, solle mit der gleichen
öffentlichen Feierlichkeit z. B. Fahnen rc. verfahren nnd vom
Pfarrrechte Gebrauch gemacht werden; denn jenes Dorf gehöre
zur Hälfte dem Kurfürsten von Bayer» nnd deswegen haben
sie (die Kapuziner) dort die gleichen Rechte wie in Dyrnan;
also sollen auch die Leichen in Gannnelshansen ebenso wie in
Dyrnau gehalten werden, nämlich mit Kreuz und Fahnen nnd
Einsegnung der Leiche; sie haben nur einmal wegen schlechten
Wetters die Einsegnung nicht dortselbst, sondern an der Kirch-
hvfthüre in Dyrnau vvrgenvmmen und dann habe sofort beim
nächsten Stcrbcfall der akatholische Präfekt Jakob Philipp
Heule gegen die feierliche Leichenbegleitnng von Gannnelshansen
nach Dyrnan protestiert; das sei freilich lächerlich, denn wer
das größere Recht hat, hat auch das kleinere; wenn sie das
Recht zur öffentlichen SakramenlSspendung haben, warum sollte
ihnen die Leichenbegleitnng nickt erlaubt sein? Mögen daher
— so schließt der ?. Superior, alle sorgen, daß sie nicht die
alten Rechte minder» zu Gunsten der Andersgläubige».
Jetzt folgt das Taufregister. Zunächst stellt der ?.
Superior die Namen der durch Nachfragen eruierten Täuflinge
ans der Zeit vor dem Brande zusammen; dann beginnt das
Taufbuch mit dem Ende des Jahres 1742. Die Gemeinde

war, wie es sich anS der Art ihrer Entstehung begreifen läßt,
klein; es sind 2—3, höchstens 7 Täuflinge im Jahr; auch
wurden an Kindern, die answärts protestantisch getauft waren,
die Zeremonien nachgeholt. 1764 wurde unter großem Volks-
zulauf ein Jude getauft, wobei der kurfürstliche Rat Johann
Karl von Sicherer nnd die Kanfmannsfrau Maria Christina
Guggner ans Wiesensteig Patenstelle vertraten. Neben katho-
lische» Paten sind auch Akatholiken eingetragen, einmal sogar
sind beide Paten lutherisch, „die Kindbetterin hat sie bestellt
mit dem Vorwand, die catholische hettens abgeschlagen". Am
17. Januar 1799 gebar Anna Marie Bühlerin, va§abu»dae
kilia soluta, Zwillinge, die vom Kinn bis zu den Hüften zn-
sammengewachsen waren, aber sofort nach der Geburt und
Nottaufe starben. Dieses Monstrum bekam mit Erlaubnis
des Grafen der Or. Hartmann in Göppingen: »»oster tamen
?raetectus (vuIZo Amtsvogt) »os prius cum v. Ooctore
visitavit, ac noskrum conseusum rec^uisierunt«. Von 1803
ab tauft der akatholische Pfarrer nnd nur zweimal (1803
und 1807) snppliert der Pfarrer von Mühlhausen die Zere-
monien.
Ein Blatt im Tanfregister zählt im Jahr 1763 19 in
Wiesensteig vom hochw. Susfraganbischof gefirmte Pfarr-
angehörige, darunter stehen nochmals 19 andere samt ihren
Paten.
Noch viel interessanter aber ist das Eheregister.
Dürnan war Jahre lang der Hafen, wo liebcglühende va§a-
buudi nnd va§abu»dae landeten, um mit einander ihr Glück
zu gründen. Gleich das Jahr 1743 zeigt uns 13 Ehe»;
1744 sind es 11 und 1745 zusammen 12, wo ?. MarinS
»ob, raticmes sat proA»a»tes couseientiaec^ue meae »otas«
oder »ob motiva baud levia« den Bund einsegnet. Aber
es sollte noch besser kommen. »bicclesia ma§»a ab iutroitu
Tmatb usc^ue ab torreirtem blZz/ptl« schreibt ?. Gedeon
nnd kopnlirt mit dem ?. Cäcilius im Jahre 1746 42 Ehen,
Leute anö aller Herren Länder, ans Elsaß, Schweiz, Bayern,
Ungar», Mähren, Brabant; cs geschieht »ad 1e§itima»dam
prolem, »6 amborum conscientiam coirsolaudam«, um
einem »utro^ue pede orbato« eine „Gehilfin" zu schaffen,
einem »per medium an»um decumbe»ti omni buma»o
auxilio destituto« Krankenpflege zu bieten, oder auch weil
»pericula i» mora« ist. Die Hochzeit wird vorgenonnnen
auf Gruud vorgelegter Papiere oder eines abgelegten Eides,
wornach der Ehe nichts im Wege stehe.
In den nächsten zwei Jahren sind nur 10 resp. 11 Ehen
geschlossen worden. Am 17. Februar 1748 schreibt der ?.
Pelagius: »I» valido matrimomo per assistentiam ?a-
storis acatbolici i» Salacb facto et ad impedieirdos actus
Zraviter ps»cami»osos valorem addidi et matrimomalite
beiredixi )osepbum Lie§ obristleldo uriuudi et T^nnam
Larbaram«, er fügt also einem matrimoirium vatidum den
valor bei durch die Benediktion; während ?. Zachäns im fol-
genden Jahr ein Ehepaar kopnlirt »praevie puidem a?seudo-
bastore acatbolico i» Uscbbacb copulatos, ob »ulli-
tatem »ratrinronü«. 1749 waren es wieder 25 Ehen; von
da an nimmt die Zahl stetig ab. 1750 sind es 9, darunter
die Ehe eines Philipp Röder aus Mainz, wohnhaft in Ober-
weper bei Rastatt »ubi per b^emenr saltem ludima§i-
sterium a§it«. Im gleichen Jahr werden zwei von der edlen
Zunft der de§1ubitores (Schinder) kopnlirt, bei einem der-
selben verlor aber der ?. den Namen der Braut (»nome»
sponsae luit deperditum«). 1753 nimmt ?. Cyriacns den
Consens entgegen und erteilt die Benediktion bei einem Ehe-
paar »prius sam coram parocbo kbutberauo i» I^irnbeiur
 
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