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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Eine zu Grunde gegangene Pfarrei, Dürnau, DH. Göppingen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0030

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scheu Pfarrer versehen werde» kau», bei Begräbnisse» aber
die Gegenwart eines Geistlichen nicht eben (!) notwendig ist",
so gebe er Dürnan wieder dem Pfarrer von Mühlhausen
zurück.
Sein Konnnissivnöbericht beweise übrigens:
1) daß seit 1682 die Katholiken, „zwar nicht ohne Wider-
spruch von Seite des gräflichen Degenfeld. Hauses" das
coexercitium publicum XstiZiorüs genossen haben;
2) der Vertrag von 1770 habe den Fortbestand der ka-
tholischen Neligivnsübung und den gemeinschaftlichen Ge-
brauch der Kirche in Art. 3 feierlich stipnliert;
3) in § XII genannten Vertrages stehe: „alle dieserhalben
bei dem höchstpreislichen Kaiserlichen und Neichskammerge-
richt zn Wezlar anhängige Prozesse, welche sowohl das
Gut Dürnan und Gammelshausen selbst als das ?uirc-
tum coexercitü Xeli§iouis catbolicae betroffen haben,
gänzlich kassiert, annulliert und mortifiziert werden";
4) die Kapuziner haben vor und nach 1770 alle und jede
jura?LlocbialiL gehabt und ansgeübt — ohne Widerspruch
zn begegnen, und nach Entfernung der Kapuziner sei
durch Knrbayern dem Pfarrer Schund die Pastoration
„mit all den pfarrlichen und kirchlichen Rechte», wie
sie die Kapuziner ehemals daselbst ansgeübt haben, d. i.
der freien öffentlichen und feierlichen Neligivnsübung,
wie sie in dem Verkanfsvertrag förmlich Vorbehalten",
übertragen worden;
5) Pfarrer Schund und Vogel haben seit 1803 thatsäch-
lich pfarrliche Rechte —unwidersprochen ansgeübt; das
Limultmueum sei also sowohl in?etikorio als in ?os-
sessorio rechtskräftig und unerschütterlich gegründet. —
Soweit der Bericht Vogels (September 1810).
Man verhandelte wohl noch über die Zeit des künftige»
sonntäglichen Gottesdienstes; aber mehr geschah nicht. Vogel
gab sich im Februar folgenden Jahres (1811) Mühe, das
ehemalige Mesnerhans für einen zukünftigen Pfarrer zn
retten. Es ging nicht. Dafür kamen neue Klagen gegen den
„unruhigen Pfarrer Vogel".
Am 6. Juni 1811 berichtet der Dekanatsverweser Burk
in Göppingen über „ein neues Ansinnen" desselben nach Stutt-
gart. Vor zwei Jahren sei Vogel erstmals zur Beerdigung einer
Wöchnerin »ach Dürnan gekommen, habe dann auch deren
Kind getauft und etlichen alten Personen in der Kirche das
Abendmahl ansgeteilt. Später habe dann Vogel, anläßlich
von Casualien, auch wieder das Abendmahl ansgeteilt. Vor
dem letzten Ostern (1811) sei er nach Dürnan gekommen,
um für den Bischof von Konstanz die Katholiken zn zählen
und habe dann den evangelischen Pfarrer ersucht, obgleich
kein Casuale vorlag, ihn die an Ostern übliche Beicht- und
Abendmahlfeier in der Dürnaner Kirche halten zu lassen.
Pfarrer Stimmel habe eö gestattet, 1. weil — wenn das
Taufen gestattet sei, auch das Austeilen des Abendmahls er-
laubt sein werde; 2. weil es in dem königlichen Befehl vom
11. Januar 1811 heißt: „Einstweilen aber und bis auf weitere
Verordnung die Katholiken in Ausübung der cultuum, welche
sie auch seit 1803 und vor Erlassung des Religions-Ediktes
in der Kirche zn Dürnan unwidersprechlich hergebracht haben,
insoweit der evangelische Gottesdienst dadurch nicht gestört
wird, nicht hindern zn lassen" — es sei das Abendmahl vor-
her schon mehrcremal ausgeteilt worden — und 3. weil eö
in dem allerhöchsten Befehl vom 28. September 1810 heißt:
„Da in unser»! königlichen Reskript v. 18. ds. nur die Ein-
führung gewöhnlicher sonntäglicher katholischer Lultuum in
der Dürnaner Kirche bis ans weitere Verfügung inhibiert

! werden solle, so sind die Luttus bei Casualfällen auch ferner
zu gestatten". Jetzt habe aber Pfarrer Vogel schon wieder
am Dreifaltigkeitssonntag förmlichen Gottesdienst mit Abend-
mahl halten wollen, weil sich wieder einige Personen bei ihm
gemeldet hätten. Der evangelische Ortspfarrer habe erwidert,
dies wundere ihn, da doch erst am letzten Ostermontag alle
Katholiken das Abendmahl empfangen hätten; die Abhaltung
sonntäglichen Gottesdienstes sei untersagt, bis weitere aller-
höchste Befehle kommen.
„Ob er (Vogel) nun von seinem Vorhaben abstehen
oder sich mit Gewalt eindringen oder an einem der künftigen
Sonntäge dasselbe Ansinnen erneuern werde, steht zu erwar-
te». Soviel ist gewiß, daß es dem Pfarrer Vogel einzig und
allein darum zn thun ist, seine von 4 zn 4 Wochen ver-
sprochene cutkus auch ohne höhere Anthorisation unter dem
Vorwand des Abendmahls erzwingen zu wollen. Möchten
doch E. K. M. zur Erhaltung der Rechte, der Ordnung und
auch der Ruhe für den evangelischen Pfarrer Stimmel die
allergnädigste Einleitung treffen, das; . . . der neue Pfarrer zu
Mühlhausen zur Vorsehung der Casnalfälle angewiesen und
wegen der gewöhnlichen sonntäglichen Gottesdienste der bereits
geschehene allerhöchste Ausspruch ein für allemal mit Beseiti-
gung aller Vorwände geltend erhalten werde", lieber diese Vor-
würfe, sowie über einen früheren Bericht des gem. Oberamtö Göp-
pingen vom 20. April 1811 wurde Vogel vom Königlich ka-
tholischen Geistlichen Rat zur Aenßernng anfgefordert; am
7. April 1812 moniert.
1812. 2 Monate später ging seine Rechtfertignngs-
schrift ab, sie umfaßt in sauber geschriebenem Konzept 4 Sex-
ternen. 10 ganz beschriebene und 75 Halbseiten (gebrochen).
Am 9. Juli 1812 ging ihm die Schrift wieder zurück mit dem
Auftrag, sie von den „unpassenden und respektwidrigen Aus-
drücken gegen die vorigen Negierungen, sowie auch von allen
theils die Ehre des Pfarrers Stimmel angreifenden Aus-
fällen, als sonstigen anstößigen und harten Stellen zu reinigen"
und wieder vorzulegen, „llebrigens wird dem Pfarrer Vogel
zugleich zn erkennen gegeben, daß man den übrigen Inhalt
des Berichts, die allzngroße Weitläufigkeit abgerechnet, gründ-
lich und zweckmäßig abgefaßt gefunden habe". Wir heben
einige der Beachtung werte Stellen heraus. Infolge der
4jährige» Nichtansübung des jus coexercikü von 1803—7
sei dieses Recht nicht (durch Verjährung) verloren gegangen.
Seit 1807 aber seien alle und jede Arten pfarrlicher Rechte
ansgeübt worden, und als Pfarrer Stimmel dem Pfarrer
Schund das jus coexsrcitii sofort habe streitig machen
wollen, habe das gem. Oberamt zweimal die Katholiken in
Schutz genommen. Jetzt stelle sich das Oberamt in Wider-
spruch mit seinen eigenen früheren Verfügungen.
Pfarrer Stimmel berufe sich auf das Religions-Edikt.
Aber dieses will nicht alte Rechte antasten, sondern den
Dissidenten Vergünstigungen gewähren. Stimmel habe 9 Gründe
angeführt, ans denen sich ergeben solle, daß Knrbayern das
Liurulkaneum nicht forterhalten wollte. Diese 9 Gründe
widerlegt Vogel sehr scharf: Der Pfarrer von Mühlhausen
habe keine Schlüssel für Dürnan in Händen gebraucht, auch
keinen katholischen Mesner anstellen können; gerade weil die
Paramente nach Mühlhausen überführt wurden, wollte Knr-
bayern den Gottesdienst forterhalten; im andern Falle hätte
es Gefässe und Paramente im Werte von 700 fl. (!) verkaufen
können; die Möbel der Kapuziner habe man freilich verkauft,
aber die Altäre stehen lassen, „weßwegen auch alle Versuche des
Pfarrers Stimmel, die katholischen Altäre ans der Kirche
unter allerlei nichtige» Vorwänden hinwegzuschaffe», bis ans
 
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