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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

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Die ehemaligen Kapuzinerklöster in Ueberlingen und Markdorf, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0052

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Schriftsteller und viermal Provinzial. Er zeigte den Nomen,
den er führte, im Werke als wahrhaft vollkommener Monn;
insbesondere war er ein seltener Verehrer Mariens. Im
Umgänge glich er einem Lamm oder Lowe», je nachdem die
Umstande cs erforderte». In Trübsale» nnd Bedrängnisse»
half er sehr vielen durch sein Gebet; mehreren prophezeite er
künftige Dinge, sich selbst, wie schon oben erwähnt, seinen
Tod, der mit seinem vollkommenen Leben im Einklänge stand.
Im Jahre 1735 starb im Ueberlinger Kapnzinerklvstcr
an einer pestartigen Krantheit Pater SylvennS, ein geborener
Ueberlinger, der Superior daselbst war; außer ihm waren
damals nur »och drei Kapuziner da. Er starb als Opfer
seines Berufes, indem er die von der ansteckende» Krankheit
Ergriffenen unerschrocken znm Tode vorbereitete, bis er selbst
davon ergriffen wurde nnd ihr erlag. Im gleichen Jahre
starb ans gleiche Weise der Kapuziner Br. Gerhard, ebenfalls
ein geborner Ueberlinger, zu Bicisach. Ein anderer Kapuziner
anö Ueberlingcn, Pater Georg, wurde wegen seines religiösen
Eifers nnd verständigen Sinnes frühzeitig znm Obern seiner
Mitbrüder bestimmt. Er zeichnete sich durch besondere Hcrzens-
milde ans, ohne sich durch Schwäche etwas z» vergeben.
Selbst ein tüchtiger Prediger, sah er besonders darauf, das;
die angehenden Jünger des Prcdigtamtes sich aller Einfachheit
der Redeweise beflissen, indem er die gar zu blumenreiche
Sprache als Mißbrauch dcö göttlichen Wortes bezeichnete.
Er war von einer besonderen Verehrung zur allcrseligsten
Jungfrau erfüllt nnd suchte auch alle seine Mitmenschen hiezu
zu begeistern, indem er beteuerte, daß kein wahrer Verehrer
Mariens eines schlimmen Todes sterbe. Sicher erfuhr vor
allein er selbst das Wahre nnd Tröstliche dieser Behauptung
bei seinem am 8. Februar 1642 zu Konstanz erfolgten Tode.
Im Jahre 1713 starb zu Freiburg i. Br., wo die sieg-
reichen Franzosen eine ansteckende Krankheit eingeschleppt
hatten, unter den Kapuzinern, welche sich zur Spendung des
geistlichen Trostes freiwillig angeboten hatten, auch der jugend-
liche Piiester Pater Marzellianus anS Ueberlingen. Am
1t. Mai 1725 starb zu Bezau in Vorarlberg Pater Kaspar
ans Ueberlingcn, ein tüchtiger Prediger, welcher sich durch
ganz besonders strenge Lebensweise auszeichncte. Was de»
Sinnen widerwärtig, dem Geschmacke unangenehm, der Armut
am »liebsten nnd der Demut am verwandtesten war, das war
ihm das Liebste. Dem Schlaf entzog er noch die wenigen
Stunde», die er dafür hätte verwenden dürfen, um sie der
Betrachtung zu weihen oder sich während dieser Zeit zu gei-
ßeln. Er halte große Gewalt über die bösen Geister, die er
durch seine von Gott bekräftigten Exorzismen an Menschen
nnd Tiere» verscheuchte. Seinen herannahenden Tod fühlend,
ohne es zu verraten, feierte er noch mit Aufwendung aller
Kräfte das heilige Meßopfer, um die hier zu empfangende
heilige Kommunion gleichsam noch als Wegzehrung zu ge-
nießen, sprach er sich selbst gegen die Anfechtungen des bösen
Feindes Mut ein und verschied unter Anrufung der Namen
Ies» nnd Mariä.
Etwas später starb ein anderer Ueberlinger Kapuziner,
U. Konstantin, welcher 30 Jahre lang gelähmt, doch niemand
zur Last war, da alle mit seinem leidenden Zustande herz-
liches Mitleid hatten. Nachdem er so von Gott wie das
Gold im Fenerofen geprüft war nnd die letzten 30 Tage vor
seinem Ende keinerlei Speise zu sich genommen hatte, ging er
zur ewigen Belohnung ein. Im Jahre 1734 herrschte zu
Breisach unter der militärischen Besatzung ein ansteckendes
Fieber, von dem auch die Patres Kapuziner, welche die

Militärseelsorgc ansübken, infiziert wurden. Unter den so in
Ausübung ihres scelsorgliche» Berufes Dahingcrafflcn befand
sich auch der Pater Samuel anö Ueberlingen.
Am 4. September 1739 starb zu Ueberlingen der Ex-
provinzial Pater Alexius aus Konstanz, welcher ehedem in der
Philosophie nnd Theologie, wegen seiner besonderen Kenntnisse
in diesen Disziplinen, seinen Mitbrüderu Vorlesungen gehalten
hatte. Ein Jahr vor seinem Tode gab er noch ein Ordens-
zeremonialc heraus. Am Karfreitage (16. April) 1745 starb
daselbst der bekannte Ordensgeschichtschreiber Pater Romuald,
ein geborener Stockacher. Er war in der Philosophie ebenso
wie in der Theologie bewandert, besonders aber in der Kirchen-
nnd Profangeschichte. Er wußte das Wort ebensogut wie die
Feder zu führen. Leider hinderte ihn ein Gichtleiden vielfach
am besseren Gebrauche seiner Körper- »nd Geisteskräfte. Nach-
dem er die Acmtcr eines Lektors nnd Guardians verwaltet
hatte, wurde er zum Chronisten der Provinz ernannt. Als
solcher schrieb er außer den Annalen seiner Provinz vom
Jahre 1718—1740 nnd der Fortsetzung der „Seraphischen
Blüten" vom Jahre 1659—1737, sowie einigen kleineren
Schriften, besonders noch die Geschichte der vordcrösterreichi-
schen Kapnzinerprvvinz, nach seinem Tode zu Kempten 1747
heransgegcbcn, wodurch er seinem Namen ein ehrenvolles
Denkmal hinterließ. Um die nämliche Zeit kommt der ge-
lehrte Pater Simon, ein geborener Ueberlinger, vor, der zu-
erst als Lektor der Philosophie und Theologie wirkte nnd so-
dann das Amt des Guardians versah. Auch schrieb er eine
Erklärung znm vierten Kapitel der Ordensregel, die zwar ge-
ring an Umfang, aber um so gehaltvoller war.
Im 18. Jahrhundert befanden sich in diesem Kloster
meistens 18 bis 20 Patres nnd 3 bis 4 Laienbrüder. Am
23. September 1750 wohnte der feierliche» Einweihung der
Wallfahrtskirche Nenbirnau auch der Ueberlinger Kapuziner
Pater Rupert, Lektor der Theologie, bei, nnd nahm an der
am Nachmittage angestellten öffentlichen Disputation über die
Fragen der Philosophie teil. Im Jahre 1755 war Guardian
Pater Chrysologus ans Freibnrg i. Br. nnd Vikar Pater
Sabinns aus Konstanz; im Jahre 1769 bekleideten diese
Würde Pater Anton ans Konstanz nnd Pater Eligius ans
Altshanscn; 1779 Pater Liborius anö Marchthal und Pater
Oswald anS Ueberlingcn; 1794 Pater Donnlns aus Stein-
Hause» nnd Pater Elias anö Kißlegg.
Zur Zeit der Aufhebung im Jahre 1803 befanden sich
daselbst zehn Patres, darunter Pater Elettns Frey, Expro-
vinzial nnd Guardian, anö Ueberlingen nnd Pater Maximilian
Denn, Vikar nnd Lektor der Philosophie, anö Wangen; zwei
Proscßklcrikcr nnd vier Laienbrüder. Das Kloster nnd die
Kirche dienten hierauf eine Zeit lang zu profanen Zwecken, bis
sie in der Folge abgebrochen nnd der freie Raum mit dem
Klostergarten zum Badgarten geschlagen wurden. Die drei
Altäre der ehemaligen Kapnzinerkirche kamen in die Pfarr-
kirche »ach Sipplingen.
Das Kloster war wie überhaupt seinesgleichen gebaut
und wohl erhalten; es enthielt 27 Zellen, ein großes Refek-
torium, zwei Gastzimmer, einen guten Keller; ans der Nord-
seilc stand die saubere Kirche mit den, Kloster in Verbindung,
südlich vor dem Kloster lag der gut gepflegte Garten neben
dem Bodensee, von wo aus man eine große Strecke übersehen
tonnte; auch eine eigene Badstnbc, wohin das Wasser von
der Badgnclle geleitet werden konnte, war vorhanden. Alles
zusammen umfaßte einen Raum von drei Janchert.
(Schluß folgt.)

StulijMt, Buchdrnckerei der Akliciie,escUschasi „Deulsches Lvirsblalt".
 
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