Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

DOI Artikel:
Mone, Fr.: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [15]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0060

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
(Gvttlieb) ». a. m. Da der hl. Gebhart am Bodcnsee so
allgemein verehrt wurde, hat man den Namen in Hartmann
abgekürzt. Er selbst nennt sich aber nicht von der Ane,
sondern Aner oder Anwer, oder Ouwäre wie der gottselige
Abt Gero Aner von Grasbeuren bei MeerSbnrg, welcher der
erste Abt war des Cistercienscrklvsterö NaitenhaSlach an der
Salza, eine Wegstunde von Bnrghausen entfernt. — Schon
diese Uebereinstimmnng des Namens, wenn wir von de»
Lcbcnsverhältnissen Gero AncrS und Hartmann Nnwers ganz
abschen, macht eine Verwandtschaft beider nicht unwahrschein-
lich. Gero (Kero) »nd Gerhart (Hartmann) sind eigentlich
derselbe Name. Da das Anhängen der Silbe — mann nur
zur Differenzierung diente, so mag — Gero und Gerhart-
mann als derselbe Name gelten.
Von dem Wappen der Aner von Grasbeuren drei Sichel»
^ im schwarzen Felde wollen wir vorerst abschen.
— Gero Aner, in welchem man einen Verwandten Hart-
mannS Auer (von der Aue) etwa den Großoheim vermutet,
trat bei der Gründung des Cistercienserklosters Salem um
1138 in dasselbe ein und wurde 1143 mit zwölf Mönchen
von dort als Abt nach NaitenhaSlach bei Burghansen in
Oberbahern an der österreichischen Grenze geschickt, wo er
1153 starb. Siehe Pater Benvennt Stengele: „Der gottselige
Gero Aner" im Würzburger Liebfranenkalender 1885. Daß
Gero Aner einer der ältesten Mystiker am Bodenscc ist, der
mit der hl. Hildegard auf dem Naupertsberg bei Bingen
korrespondierte, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Seine
Zeitgenossen, welche die mystische ascetische Richtung in der
Theologie teilten, waren Honorins AugnstodnncnsiS oder von
Basel Angst (1130—40), welcher durch seine moralisierende
Deutung und sein AuSlegen einzelner Bibelstellen bekannt ist;
ferner Wilhelm von Thicrry, gestorben 1152 und Ruprecht
von Deutz, gestorben 1135.
Daß Hartmann Auer (von der An) in seiner Jugend
eine gute Unterweisung in der Neligionslchrc und etwas
Gymuasialunterricht im Lateinischen erhalten hatte, darf man
als erwiesen betrachten. Er selbst sagt von sich: „daß er so
gelchret war, daß er an den Buche» (Buchstaben) las, waS
darin geschrieben stand." Diese Bildung hat er ohne Zweifel
in einer Klosterschule geholt.
lieber Hartmauu v. d. Au haben Schreyer (Untersuchungen
über das Leben und die Dichtungen H. v. A. Schulpforta
1874) und Schund (H. v. A. Stand, Heimat und Geschlecht,
Tübingen 1875) geschrieben. Da cö aber unsere Aufgabe
nur ist, über seiu im Mancsse-Codex gegebenes Wappen »nö
auszusprechcn, so können wir ans diese Biographien nicht
näher eingehe».
Eö liegen für drei Vermutungen Beweise vor: 1. Daß
Hartmann Auer am Bodcusee bei Salem zu Hause war, oder
2. daß er auö der Gegend von Landau an der Queich ge-
wesen sei; 3. daß er von Owen, Oberamt Kirchheim, stamme.
War am Bodensee seine Heimat und er ein Verwandter des
Gero Anwer von Grasbeuren, so hat er im Kloster Salem
bei den französischen Cistcrcicnsern seine Schulbildung erhalte».
War er aber an der Queich geboren und erzogen worden, so
kann er nur im Cistercienserkloster Eußerthal, unweit der
Burg Trifels, Gymnasialunterricht genossen haben. Haltet
man an Owen au der Lauter bei Kirchheim als dem Heimats-
orte des Dichters fest, so kann er wohl nur im Kloster Blau-
benrc», gegründet um 1085, seine Bildung erhalten habe».
Da in dieses Kloster von Hirsau die ersten Mönche gekommen

sind, so könnte durch diese dem Hartmann Ouwcr die erste
Knude des brelonischen Sagenkreises zugekonunen sein.
Man hat bisher für die Feststellung der Heimat und
die Zeit seines poetischen Schaffens die Stelle bei Hartmann
als "entscheidend oder vorzugsweise maßgebend betrachtet, in
welcher er vom Tode seines hohen Gönners um 1210—1220
spricht. In dem letzteren glaubte man, den 1218 verstorbe-
nen Herzog Berthold V. von Zäringen erkennen zu dürfen.
Aber eS kann jene Andeutung mit mehr Recht auch auf den
Bischof von Konstanz und Abt der Reichenau Diethelm von
Krcnkingen, gestorben in Salem als Mönch 1206, bezogen
werden. Endlich ist eö nicht unmöglich, daß auf de» Grafen
Friedrich I. von Leüünge», gestorben 1220, dessen Güter un-
weit von Landau waren, jene Anspielung des Dichters auf
den Tod seines Gönners bezogen wird.
Die Heimat dcö Hartmann v. Au am Bodensee hat man
scherzweise auch aus dem Grunde in Zweifel gezogen, weil
er singt:
„Wines einen Becher voll,
das gibt, sy Ench gesellt,
nieh Tagende nnd Frvnunlgkelt,
denn vierzig nnde vier
von Wäger vder Bier!"
Man hat nämlich in der Weise argumenliert: So kann
keilt Dichter des LinzgaueS singen, denn dort (in Sipplingen)
wächst ja der sauerste Wein der Welt (ucetum Luvaricum
»ach Jacob Balde). Daraus schloß man, Hartmann müsse
in der linkS-rheinischen Pfalz zu Hause gewesen sein!
Die wichtigste Quelle für ein sicheres Nesnltnt in der
Untersuchung über Hartman» ist unzweifelhaft sein Wappen.
Der Manesse-Codex giebt unserem Dichter als Hclmzier einen
silbernen oder grauen Sittich - (Papagei)-Hals mit goldener
Waffe (Schnabel) und roter Zunge, nnd als Wappensignr
in dem blauen Schilde drei weiße Sittich - Halse.
1.
Seine Nennfahnc ist ebenfalls blau mit drei 1. weißen Sil-
1
tich-Hälsen. — Die Tinktur blau-weiß stimmt mit den ala-
mannischen Landesfarbcn zwar überein, aber weiße Papageien
kommen in der Heraldik nicht vor. Man kannte damals nur
den grünen Papagei (Usiktncus TVIexnuclri). Auch auf dem
Schilde haben diese Köpfe de» goldenen Schnabel, die rote
Zunge und zurückgelegte Federnhaube. UebrigenS haben die
Papagei keine rote Zunge, sondern eine dicke, fleischige,
schwarze. Auch hierin liegt ein Widerspruch bei der Zcich
nung vor. Es ist mithin auö triftigen Gründen jenes Wappen
mit Recht als verdächtig vder mißverstanden erklärt worden.
Zumal die schweizerische Adelsfamilie „von der Aue" einen
quergeteillen rot-blauen Schild zeigt, in rot den goldenen
Löwen. Man wendet sich deshalb an die sogenannte Wein-
gartner Liederhandschrift, welche nicht viel jünger als der
Manesse - Codex ist. — Hier gestaltet sich aber die Streit
frage ganz anders und noch komplizierter. Hartman» Anwer
hat auf dem Helme einen grauen Falken- vder Adler- vder
Sittich-HalS (Psittacus eritlrucms) mit einem Halsbande,
(waS beim Adler niemals vorkommt!), ans dem "schwarzen
Schilde drei weiße Falken- oder Adlerhälse, welche sich auch ans
der schwarzen Pferdedecke wiederholen. Es ist aber auffallend,
daß die Haltung dieser Falken- oder Ndlerköpfe nicht die ge-
wöhnliche in der Heraldik übliche — nach rechts gekehrte —
ist, sondern daß sie fast senkrecht nach oben gerichtet sind.
Es ist dies ganz dieselbe Haltung wie die zwei vder drei
 
Annotationen