Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Beck, Paul [Editor]; Hofele, Engelbert [Editor]; Diözese Rottenburg [Editor]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 12.1894

DOI article:
Beck, Paul A.: Schwäbische Biographieen: der Dominikaner Johannes Nider (ca. 1380 bis 1438) aus Isni
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15916#0066

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Im3AO mrmUi und bei Konrad v. Btegenberg (s- N. 2).
XVI, 648) ». a., das Bestreben, die — freilich damals noch
in den Windeln schlnnnnerdcn — Naturwissenschaften mit den
theologischen Stadien zu verknüpfen, wenn er anch damit nicht
weit und nicht über die ersteil Anfänge hinalisgekommen ist,
wie dies am besten seine im fünften, vollinhaltlich sogar in
den „Hexenhammer" übergegangenen Buche des Uormicmrius
entwickelten noch ganz krassen Anschauungen von dem Hexen-
und Zanberwcse» beweisen. — Nicht lange konnte er in Wien
das theologische Lehramt verwalten; der Nürnberger Prediger-
konvent, einer der bedeutendsten in der deutschen Ordensprovinz,
hatte ihn nämlich um das Jahr 1427 znm Prior aliSersehen
und N. folgte dem Rufe. In seiner neue» Stellung widmete
er sich aufs angelegentlichste der Seelsorge, insbesondere dem
Predigtamte, welches er als mächtiger Meister der Rede für
alle Stände und Altersklassen ansübte; mit seinen Kanzel-
reden griff er tief in das praktische Leben ein; so behandelte
er n. a. vielem daS Erziehungsthema, das christliche Familien-
leben in einer vortrefflichen, heule noch brauchbaren Weise,
deicht minder wurde er in Gewissensangelegenheiten als Seelen-
arzt und Führer viel und weithin zu Rate gezogen. Daneben
war sein Hauptaugenmerk ans die Verbreitung und Beförderung
der Reform seines Ordens gerichtet, welche nicht ohne viele
Schwierigkeiten und Kämpfe abging und überhaupt erst mit
dein Ansgange des 15. Jahrhunderts abschlos;. Auch der
Reform der ziemlich in Verfall geratenen Weltgeistlichkeit
nahm er sich an, soweit cs seine Kräfte und Berufsstellung
ihm ermöglichten. Als schönstes Neuster lcncbtete er selbst
dem Klerus durch priesterliche Tugenden und eifriges Wirken
voran. — War bis dahin sein Lebensweg im ganzen normal
verlaufen, so sollten seiner nun andere ihn mehr in die Welt
hinanSführende Aufgaben harre». Im Jahre 1431 wurde
er nämlich von Nürnberg nach Basel hauptsächlich wegen des
dahin zusannnenberufenen Konzils abbernfcn und zugleich znm
Prior und Reformator der dortigen Predigerbrüder bestellt.
Doch konzentrierte sich alsbald seine Hanptthätigkeil auf das
Konzil, zu dessen Deputiertem und überhaupt hervorragendste»
Mitgliedern er gehörte; auch fungierte er ans demselben mit
dem bekannten Johann (Stoici) v. Nagnsa, OrdenSproknrator
bei dem päpstlichen Stuhle, n. a. als einer der General-
bevollmächtigten seines Ordens. Bald nach der Eröffnung
der Synode, bei welcher er die Predigt in deutscher Sprache
hielt und die aus diese». Anlasse bewilligten Ablässe verkündigte,
wurde er von derselben zu einem der Visitatoren des Basler
Klerus bestimmt und ihm weiter der Auftrag erteilt, das
Kreuz gegen die Hussite» zu predigen. Nach der unglück-
lichen Schlacht bei Tanß gelangte indes das Konzil wie
die Neichsstände zu der Ucberzengnng, das; die Böhmen nicht
so leicht mit Waffengewalt zu bezwingen seien und wollte
einen Versuch machen, dieselben ans dem Weg der Güte zum
Gehorsam gegen die Kirche und ihren rechtmäßigen König
zurückznführen. Zn diesem Zwecke, zugleich anch um deren
Vorwurf, die Synode wolle sie gar nicht hören, gründlickst
zu widerlegen, lud dieselbe die Hnssiten am 15. Oktober 1431
freundlichst zur Absendnng von Abgeordneten nach Basel ein,
und betraute dl. als hierzu durch seine hauptsächlich während
seines Nürnberger Aufenthaltes erworbene genaue Kenntnis
der böhmischen Verhältnisse, nicht minder durch seine Er-
fahrung und sein Unterhandlnngsgeschick ganz besonders ge-
eignete Persönlichkeit unter Beigabe des Manlbrouner Cister-
cicnsers Johann v. Gelnhausen, eines ebenfalls sehr einsichts-
vollen, unterrichteten Mannes, mit der schwierigen und wichtigen
Aufgabe, einerseits darüber mit den Hnssiten selbst, anderer-

seits wegen derselben mit den an Böhmen grenzenden Fürsten
Unterhandlungen zu pflege», welch' letztere schon an ihrer
Sache verzweifeln wollten und sich mit dem Gedanken an
Separatfriedensabschlüsse trugen. Beide Legaten machten sich
ans den Weg, bevor noch die Kunde von der Auflösung des
Konzils durch Papst Engen IV. nach Basel gedrungen war,
begaben sich über München ec., überall ihre Sache empfehlend
»nd für dieselbe thätig, zunächst nach Nürnberg, von wo ans
N. am 5. Januar 1432 ein interessantes, noch erhaltenes
Sendschreiben an die Böhmen durch Vermittlung der Stadt
Eger ergehen ließ. Bald darauf erhielt dl. die Nachricht von
der inzwischen erfolgten Konzilsanfhebnng, welche ihn und
seinen Gefährten in eine peinliche Lage brachte. Lange wollten
sie nicht recht daran glauben und wandten sich um Auskunft
nach Basel, indem sie zugleich ihre Bereitwilligkeit erklärten,
den Auftrag i» die Hände der Synode znrückzngebcn. Da
aber letztere ans der Sendung bestand und nach einigem Ver-
laufe für die Delegaten einen eigenen offiziellen Berichterstatter
in der Person des Johann v. Nagnsa anfstellte, so glaubten
sie, zugleich in Anbetracht ihrer eigentümlichen Lage, die ein-
mal begonnene Mission wciterführen zu sollen, zumal ans
Grund zweier Dekrete des Konstanzer Konzils damals viel-
fach noch die Ansicht vorherrschte, eine Versammlung kirch-
licher Personen könne trotz der Auflösung durch den Papst
noch rechtlich als ein allgemeines, die ganze Kirche repräsen-
tierendes Konzil betrachtet werden und sie immer noch einen
Erfolg der vielfachen ans die Rückgängigmachung der Nuf-
lösnngsbnllc gerichteten Beinühnngen in Aussicht »ahmen. Die
heftigen Dissidien, die nun zwischen der Kurie und der Synode
entstanden, brachten eine nicht geringe Verwirrung unter Geist-
lich und Weltlich hervor lind in die kaum begonnenen Unter-
handlungen mit den Hnssiten einigen Stillstand; letztere, unter
sich lange nicht einig und dann immer voll Mißtrauen, pflegten
dieselben solange wie möglich hinanSznziehen. Endlich kamen
nach langwierige», schier endlosen Hin- und Herverhandlnngen
am 18. Mai 1432 wenigstens die ans eine Beschickung der
Synode durch die Böhmen abzielendcn Vereinbarungen zu
Eger zu stände, welche in erster Linie von N., seitens der
Hussit'» von Procop unterzeichnet wurden. Mit dem Er-
scheinen derselben in Basel stand eS indes noch geraume Zeit
an. Ob dt. dann bei den 50lägigen Disputationen der Synode
über dw bekannten „vier Artikel" persönlich in die Debatte
eingegriffen hat, läßt sich, wenn es anch wahrscheinlich, ans
den KonzilSakten nicht erhebe». .Er wird von Zeit der Egerer
Verhandlungen an weniger inehr genannt und taucht in der
schwebenden Frage erst wieder im Jahre 1434 ans dem Reichstage
zu Regensbnrg als einer der 12 Konzilslegalen auf; vielleicht
wird die fortschreitende historische Forschung noch nähere Auf-
schlüsse über diesen mit anderen noch nicht ganz anfgehellten
Zeitabschnitt im Leben Niderö sowie über das Wirken des-
selben überhaupt bringen. Jedenfalls gebührt dt. das große !
Verdienst, durch seine umsichtigen, unaufhörlichen Bemühungen,
wahre Gcdnldproben, die Böhmen nach Basel gebracht und
damit sehr viel, wenn nicht das meiste, znm endlichen Erfolge,
zu der Union der Böhmen mit der Kircke, wie sie am 5.Juli 1436
durch Vollziehung der „Prager Compactaten" zu stände kam,
beigetragen und so von Deutschland eine Fortsetzung der
furchtbaren Leiden und Bedrängnisse durch die Hnssiten ab-
gewendet zu haben. Noch vor der Besiegelung des Ver-
söhnungswerkes halte sich dt. vom Konzil förmlich losgesagt,
als dasselbe nämlich unter Hervorhebung seiner Snperivrität
trotz der versöhnlichen entgegenkommenden Haltung des Papstes
in ausgesprochen schismatische Bahnen einlenkte; und ließ dem"
 
Annotationen