merkt — statt den sich Nähernden anzu-
reden, ein Zeichen mit der Klapper oder
Rite geben. Wenn sie die ihnen Be-
gegnenden um ein Almosen ansprachen,
sollen sie aus das Zeichen mit der „Rite"
denselben nach einer Ueberlieferung zuge-
rufen haben: „Gibsch! gebsch! so lang
du lebsch! Wenn du nimme lebsch, kannst
nimme geba, gibsch! gebsch!" Das Al-
mosen ließ man gewöhnlich zu Bodeu
fallen, welches dann die Leprosen, nach-
dem sich die Geber etwas entfernt, auf-
hoben. Während so die Kranken ab-
gesondert wurden, suchten sich die Ge-
sunden vor dem weitverbreiteten Uebel da-
durch zu bewahren, daß man, in Nach-
bildung der häufigen Waschungen der
Orientalen, überall, selbst auf dem flachen
Lande, Badestuben (Badereien) errichtete
und dieselben fleißig benützte.
Allenthalben wurden Leprosenhäuser er-
richtet. Hochgestellte Persönlichkeiten, Könige
und Fürsten, setzten ihre Ehre darein,
den armen Leprosen Wohnungen zu er-
bauen. König Ludwig IX. wies iu seiuem
Testamente die Mittel zur Herstellung vou
2000 Leprosorieu an — wie groß mag
also die Zahl der Leprosen damals ge-
wesen sein! Es bildeten sich Vereine von
Laien und Geistlichen, ja ein eigener Orden,
der St. Lazarnsorden, welche die schwere
Pflicht der Pflege der den meisten so
ekelhaft erscheinenden Aussätzigen über-
nahmen.
2. Entstehung und Geschichte des
Leprosoriums bei Wurzach.
Wann unser Siechenh.ius ans dem Berg
entstanden ist und wem dasselbe sein Ent-
stehen zu verdanken habe, dcnüber liegt kein
Aktenmaterial mehr vor. Der Ursprung
desselben verliert sich im Altertum, uud die
diesbezüglichen Akten sollen im Schweden-
krieg bei dem Brande des Schlosses Wolfegg
zu Grunde gegangen sein. Eme Bemerknng
i) Im fürstl. Wurzachschen Schlosse sind noch
derartige Klappern oder Riten vorhanden. Ver-
gleiche das Gemälde in der Leprosenkapelle. Der
Ausdruck „Rite" ist wohl nicht anders zu er-
klären, als aus Rit(t)e die Räude, Geschwür.
Ausschlag (Birlinger schwäb. Augsb. W, B.,
München bei G. Franz, S. 374/75). Ritt ig
d. h. — rändig; also soviel etwa wie: Achtung!
Die Rite (Ausschlag) oder ein Rittiger, die Rit-
tigen kommen!
seitens der Leprofenpfleze von 1720, „es
werden die gräflich trnchfessischen Häuser
dasjenige was ihre hohen Herren Vorältern
den Armen so generös nnd mitleidentlich
gestiftet, von selbsteu protegieren", und eine
nachträgliche Aufzeichnung aus dem Jahre
1822 besagen, daß das Leprosorium dahier
aus dem reinen Privatvermögen der Fa-
milie des fürstl. Hanfes Waldburg gestiftet
worden sei und sich vom 12. oder 13. Jahr-
hundert her datiere. Die ältesten, noch vor-
handenen uud anf den Leproseuberg bezüg-
lichen Akten gehören dem 16. Jahrhundert
an, und das allerälteste Schriftstück, ein
Ziusbries „über 1 Pfd.Heller Zünß" stammt
vom „Donnerstag nach Skt. Othmarstag
1505". Diese und noch weitere 22 Zins-
verschreibungen aus dem 16. Jahrhundert
meiseu deutlich darauf hin, daß diese
Stiftung schon damals alt war, wohl
schon Jahrhunderte hiuter sich hatie. Auf-
fallend ist der Umstand, daß in den acht
ältesten Zinsbriefen (1505—1530) die
Rede ist von einer Pflege „nnser lieben
frowen Capell zu Wurtzo vor der Statt
off dem Waldfeer berg gelegen", in den
übrigen aber vom Jahre 1537 an plötz-
lich diese Pflege „Pflege der armen
Zonndersiechen allhier zu Würzen vor der
Statt uff dem berg bei unser lieben
Frowen Eappellen" heißt. (Amn. Be-
merkenswert ist, daß bis 1530 Wurtzo
geschrieben ist, von 1530 an Würzen, von
1690 an Wurzach; in den Diplomen nnd
Schenkungsbriefen Kaiser Lndwigs des
Frommen vom Jahre 819 wird Wnrzach
als „Wurzuu" aufgeführt.) (Aelteste
Urkuudm über Wurzach.)
So könnte man fast versucht seiu, an-
zunehmen, daß zuerst die Kapelle uud erst
später das Siecheuhaus erbaut wurde,
während der Sage nach zuerst das Siecheu-
haus uud iufolge einer frommen Stiftnng
eines Ritters die Kapelle entstanden ist.
„Auf der Jagd," sagt die Sage, „iu dem
damals noch weit ausgedehnteren Ried ver-
irrt, war jener Ritter aus Ermüdung in den
Schnee niedergesunken und eingeschlafen.
Hier eine sichere Beute des Todes, wurde er
uur dadurch g'rettet, daß sein treuer Hund
vie Leprosen anf dem nahen Berge zu
weckeu und soweit zu verstäudigeu wußte,
daß sie dem voraneilenden Tier mit Fackeln
folgten und endlich den Ritter fanden.
reden, ein Zeichen mit der Klapper oder
Rite geben. Wenn sie die ihnen Be-
gegnenden um ein Almosen ansprachen,
sollen sie aus das Zeichen mit der „Rite"
denselben nach einer Ueberlieferung zuge-
rufen haben: „Gibsch! gebsch! so lang
du lebsch! Wenn du nimme lebsch, kannst
nimme geba, gibsch! gebsch!" Das Al-
mosen ließ man gewöhnlich zu Bodeu
fallen, welches dann die Leprosen, nach-
dem sich die Geber etwas entfernt, auf-
hoben. Während so die Kranken ab-
gesondert wurden, suchten sich die Ge-
sunden vor dem weitverbreiteten Uebel da-
durch zu bewahren, daß man, in Nach-
bildung der häufigen Waschungen der
Orientalen, überall, selbst auf dem flachen
Lande, Badestuben (Badereien) errichtete
und dieselben fleißig benützte.
Allenthalben wurden Leprosenhäuser er-
richtet. Hochgestellte Persönlichkeiten, Könige
und Fürsten, setzten ihre Ehre darein,
den armen Leprosen Wohnungen zu er-
bauen. König Ludwig IX. wies iu seiuem
Testamente die Mittel zur Herstellung vou
2000 Leprosorieu an — wie groß mag
also die Zahl der Leprosen damals ge-
wesen sein! Es bildeten sich Vereine von
Laien und Geistlichen, ja ein eigener Orden,
der St. Lazarnsorden, welche die schwere
Pflicht der Pflege der den meisten so
ekelhaft erscheinenden Aussätzigen über-
nahmen.
2. Entstehung und Geschichte des
Leprosoriums bei Wurzach.
Wann unser Siechenh.ius ans dem Berg
entstanden ist und wem dasselbe sein Ent-
stehen zu verdanken habe, dcnüber liegt kein
Aktenmaterial mehr vor. Der Ursprung
desselben verliert sich im Altertum, uud die
diesbezüglichen Akten sollen im Schweden-
krieg bei dem Brande des Schlosses Wolfegg
zu Grunde gegangen sein. Eme Bemerknng
i) Im fürstl. Wurzachschen Schlosse sind noch
derartige Klappern oder Riten vorhanden. Ver-
gleiche das Gemälde in der Leprosenkapelle. Der
Ausdruck „Rite" ist wohl nicht anders zu er-
klären, als aus Rit(t)e die Räude, Geschwür.
Ausschlag (Birlinger schwäb. Augsb. W, B.,
München bei G. Franz, S. 374/75). Ritt ig
d. h. — rändig; also soviel etwa wie: Achtung!
Die Rite (Ausschlag) oder ein Rittiger, die Rit-
tigen kommen!
seitens der Leprofenpfleze von 1720, „es
werden die gräflich trnchfessischen Häuser
dasjenige was ihre hohen Herren Vorältern
den Armen so generös nnd mitleidentlich
gestiftet, von selbsteu protegieren", und eine
nachträgliche Aufzeichnung aus dem Jahre
1822 besagen, daß das Leprosorium dahier
aus dem reinen Privatvermögen der Fa-
milie des fürstl. Hanfes Waldburg gestiftet
worden sei und sich vom 12. oder 13. Jahr-
hundert her datiere. Die ältesten, noch vor-
handenen uud anf den Leproseuberg bezüg-
lichen Akten gehören dem 16. Jahrhundert
an, und das allerälteste Schriftstück, ein
Ziusbries „über 1 Pfd.Heller Zünß" stammt
vom „Donnerstag nach Skt. Othmarstag
1505". Diese und noch weitere 22 Zins-
verschreibungen aus dem 16. Jahrhundert
meiseu deutlich darauf hin, daß diese
Stiftung schon damals alt war, wohl
schon Jahrhunderte hiuter sich hatie. Auf-
fallend ist der Umstand, daß in den acht
ältesten Zinsbriefen (1505—1530) die
Rede ist von einer Pflege „nnser lieben
frowen Capell zu Wurtzo vor der Statt
off dem Waldfeer berg gelegen", in den
übrigen aber vom Jahre 1537 an plötz-
lich diese Pflege „Pflege der armen
Zonndersiechen allhier zu Würzen vor der
Statt uff dem berg bei unser lieben
Frowen Eappellen" heißt. (Amn. Be-
merkenswert ist, daß bis 1530 Wurtzo
geschrieben ist, von 1530 an Würzen, von
1690 an Wurzach; in den Diplomen nnd
Schenkungsbriefen Kaiser Lndwigs des
Frommen vom Jahre 819 wird Wnrzach
als „Wurzuu" aufgeführt.) (Aelteste
Urkuudm über Wurzach.)
So könnte man fast versucht seiu, an-
zunehmen, daß zuerst die Kapelle uud erst
später das Siecheuhaus erbaut wurde,
während der Sage nach zuerst das Siecheu-
haus uud iufolge einer frommen Stiftnng
eines Ritters die Kapelle entstanden ist.
„Auf der Jagd," sagt die Sage, „iu dem
damals noch weit ausgedehnteren Ried ver-
irrt, war jener Ritter aus Ermüdung in den
Schnee niedergesunken und eingeschlafen.
Hier eine sichere Beute des Todes, wurde er
uur dadurch g'rettet, daß sein treuer Hund
vie Leprosen anf dem nahen Berge zu
weckeu und soweit zu verstäudigeu wußte,
daß sie dem voraneilenden Tier mit Fackeln
folgten und endlich den Ritter fanden.